Fürstenfeldbruck:Barer Unsinn

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Die Debatte um die Abschaffung von Geldscheinen und Münzen halten Vertreter der Fürstenfeldbrucker Wirtschaft für verfrüht, auch wenn sie die Erfahrung haben, dass immer mehr Menschen nur noch mit Karte zahlen

Von Julia Kiemer, Fürstenfeldbruck

Auch im Landkreis ist eine Debatte um die mögliche Abschaffung des Bargelds ausgebrochen. Benötigen wir Scheine und Münzen wirklich noch? Oder sind sie längst ein Anachronismus, wie der Wirtschaftsweise Peter Bofinger unlängst sagte? In Dänemark beispielsweise müssen Tankstellen, Restaurants und sogar kleine Läden von nächstem Jahr an kein Bargeld mehr annehmen. Im Landkreis ist die Meinung der Einzelhändler, Wirte und Bänker gespalten.

Dirk Hoogen, Pressesprecher der Sparkasse Fürstenfeldbruck, hält die Diskussionen für sehr spekulativ. Realistisch betrachtet, gebe es in den nächsten Jahren keine Abschaffung des Bargelds im Euro-Raum, so Hoogen. Im Vergleich zu anderen Ländern sei den Deutschen das Bargeld immer noch enorm wichtig. Bei der Volksbank Raiffeisenbank Fürstenfeldbruck ist man ähnlicher Meinung. Er könne sich nicht vorstellen, dass eine Abschaffung des Bargelds derzeit denkbar sei, so Vorstandsvorsitzender Walter Müller. Die Bevölkerung sei noch nicht gewillt, die Freiheit und Unabhängigkeit, die Bargeld mit sich bringe, aufzugeben. Weder im Gastronomiebereich, noch im Einzelhandel fordert man die Abschaffung des Bargelds. Harald Faul, Kreisvorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbandes, spricht sich deutlich gegen eine bargeldlose Zukunft aus. IHK-Gremiumsvorsitzender des Bereichs Dachau-Fürstenfeldbruck, Michael Steinbauer, bestätigt, dass aus Sicht der Wirtschaft keine Abschaffung nötig sei und Bargeld weiterhin als beliebtes Zahlungsmittel der Verbraucher fungiere.

Dieser Meinung ist auch Eveline Gollnow, Inhaberin des "Schokoreichs" in Fürstenfeldbruck. Wenn es kein Bargeld mehr gäbe, könnten etwa die Kinder, die nach der Schule schnell Schokolade kauften, nicht mehr kommen. Man könne ihnen ja schlecht eine EC-Karte mitgeben, so Gollnow. Helmut Gröbl, dem das "Lederfranzl" in Fürstenfeldbruck gehört, hätte jedoch kein Problem damit, wenn das Bargeld wegfallen würde. Trotzdem hält auch er eine baldige Abschaffung für unrealistisch.

Für die Banken würde eine Abschaffung des Bargelds enorme Vorteile bringen, meint Walter Müller. Bis zu einer Million Euro könne man sparen, wenn die Beschaffung von Bargeld oder die Instandhaltung der Geldausgabeautomaten wegfielen. Als klaren Nachteil nennt er die Zufriedenheit der Kunden. Viele möchten weiterhin mit Bargeld bezahlen, da würde eine Abschaffung trotz betriebswirtschaftlicher Vorteile zu Unzufriedenheit bei den Kunden führen. Dirk Hoogen hält die ganze Sache für zu hypothetisch, um mögliche Vor- und Nachteile auszuloten.

Eveline Gollnow und Helmut Gröbl rechnen für ihre Geschäfte mit keinen großen Veränderungen, sollte man bald nur noch bargeldlos bezahlen. Einzig der Gang zu Bank, um das erwirtschaftete Geld einzuzahlen und Wechselgeld zu organisieren, würde wegfallen, erklären Gröbl sowie Gollnow. Dies sieht auch Michael Steinbauer als Vorteil für die Unternehmen. Ansonsten sei es positiv, dass das Geld bei EC-Kartenzahlung gleich auf dem Konto sei, fügt Gollnow hinzu. Die anfallenden Gebühren bei Kartenzahlung seien kein Nachteil, da diese nur anteilig am Preis seien, so Gröbl.

Harald Faul dagegen sieht für die Gastronomiebranche viele Nachteile in einer Abschaffung. Es sei viel mehr Aufwand, vor allem zeitlich, einen Espresso für zwei Euro mit Karte zu bezahlen als bar. Zudem habe man bei Kreditkartenzahlung das Geld nicht sofort auf dem Konto und warte länger darauf. Seiner Meinung nach seien nur die Banken die Gewinner, für die Bevölkerung würde es zwangsläufig durch die Gebühren bei Kartenzahlung teurer werden.

Grundsätzlich könne man schon eine Tendenz zum bargeldlosen Zahlen in den vergangen Jahren feststellen, so Sparkassen-Pressesprecher Hoogen. Auch Walter Müller hat dies bei seinen Kunden in der Volksbank feststellen können. Beim "Lederfranzl" würde nur noch ein Drittel der Kunden bar zahlen, so Gröbl. Dies seien oft ältere Menschen, jüngere würden meist schon kleine Beträge mit Karte bezahlen. Grundsätzlich werde bei Beträgen über 40 Euro sehr häufig mit EC- oder Kreditkarte bezahlt. Im "Schokoreich" dagegen werde meist bar bezahlt, nur zehn Prozent seien Kartenzahlungen, so Eveline Gollnow.

Auch im Maisacher Bräustüberl würden die Gäste sehr häufig bar zahlen, so Wirt Faul. Mehr als die Hälfte privater Zahlvorgänge fänden in bar statt, bestätigt auch Michael Steinbauer. Insgesamt sei die Existenz des Bargeldes wichtig für den Umgang mit Geld, der Wert könne besser geschätzt werden, so Dirk Hoogen. Deshalb sei das Bargeld vermutlich noch so beliebt.

Dieser Meinung ist auch Eveline Gollnow. "Man sieht den Wert des Geldes einfach besser, wenn man es in der Hand hält." Es würde sich doch einiges verändern für den Einzelhandel, Banken und Gastronomie, wenn es kein Bargeld mehr gäbe. Aber solange es keine konkrete Planungen zur Abschaffung gibt, befasst sich noch niemand wirklich intensiv mit diesem Szenario.

© SZ vom 08.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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