Fürstenfeldbruck:Ausgraben und zusammensetzen

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Abteilungsleiter Fritz Aneder erklärt den Teilnehmern Johannes und Rebekka wie man alte Scherben wieder zusammenfügt. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Bei einem Workshop des Historischen Vereins werden Kinder zu Nachwuchsarchäologen

Von Zoe Englmaier, Fürstenfeldbruck

Die zehnjährige Rebekka sieht sich nachdenklich die braunen Scherben in ihrer Hand an. Auf dem Tisch vor ihr liegen echte römische Tonstücke, die vor fast 2000 Jahre noch täglich als Gefäße benutzt wurden. "Das könnte doch zusammen gehören", äußert sie laut und klebt mehrere Stücke mit Tesafilm aneinander - ja sie passen. Ein Lächeln breitet sich auf ihrem Gesicht aus.

Rebekka nimmt zusammen mit 15 weiteren Kindern zwischen acht und zwölf Jahren am Archäologie-Workshop des Historischen Vereins teil. Der kostenlose Kurs findet zwei Mal im Jahr jeweils in den Herbst- und Osterferien statt. Geleitet wird er von Doris Hefner, Archäologin und Museumspädagogin und Fritz Aneder, dem Kurator in der Museumsabteilung "Kelten, Römer und Bajuwaren" in Fürstenfeldbruck. Zudem bezeichnet er sich als "Hobby-Archäologe" und hat auch schon Ausgrabungen geführt.

"Woher wissen wir wo wir suchen müssen?", fragt Hefner in die Runde. Sie erklärt, dass zum Beispiel dunkle Flecken in der Erde ein Zeichen von Verwesung sind. "Das könnte dann ein Holzpfeiler gewesen sein, der nach einiger Zeit zu schimmeln begonnen hat." Außerdem können Ortsnamen mit der Endung "-ing" einen Hinweis auf die Zeit der Bajuwaren geben, zum Beispiel Emmering. Die Kinder lernen verschiedene Vorgehensweisen kennen, welche von Archäologen häufig genutzt werden. So seien etwa Luftfotografien extrem hilfreich. Dabei zeigt sie eine Luftaufnahme von einem Getreidefeld, welches ein viereckiges Bewuchsmerkmal zeigt. "Seht ihr die geraden Linien? Dort muss eine Mauer gestanden haben, das kann unmöglich natürlich sein." Die Kinder nicken zustimmend. Das Getreide, das über dem unterirdischen wächst, ist kürzer, als die restlichen Halme auf dem Feld. Das liege daran, dass die Wurzeln nicht so tief ins Erdinnere wachsen können und deshalb der nötige Nährboden fehlt, erläutert Hefner.

"Fast jede Woche haben wir hier einen Kindergeburtstag unter dem Motto Steinzeit oder Römerzeit", erklärt Aneder. "Im ersten Jahr gab es nur einen Kurs, doch mittlerweile sind es zwei." Das Interesse sei also vorhanden, man müsse es nur stärken, da es "während der Pubertät verschwindet und erst im Alter wieder kommt", erklärt der Hobby-Archäologe. Die Lösung sieht er in der Öffentlichkeitsarbeit, die verbessert werden müsse. So haben die Kinder die Möglichkeit sich innerhalb des Kurses über die Tätigkeiten des Vereins zu informieren.

Der zehnjährige Paul möchte vielleicht mal Archäologe werden. "Ich finde die Ausgrabungen am besten." Damit meint er eine provisorische Plastikwanne, in der die Kinder realitätsnah nach Schätzen graben dürfen. Zwischen Sand und Erde verstecken sich dort verschiedene Repliken, wie Knochen und Tonscherben. Zusammen mit Hefner vermessen die Kinder die Wanne und markieren mit Schnüren gleichgroße Felder, sodass jedes Kind ein eigenes für seine Ausgrabung bekommt. "Archäologen graben nicht einfach drauf los. Wir entfernen vorsichtig Schicht für Schicht, damit wir ja nichts übersehen", erklärt Hefner, während die Kinder mit Schaufel und Pinsel ihre erste Ausgrabung beginnen.

Auf einem Tisch im hinteren Teil der Werkstatt stehen Behälter mit Scherben. In einem sind echte Funde, in dem anderen zerbrochene Tonvasen. "Mir gefällt es sehr gut, aus wirklich alten Scherben Gefäße zu basteln", erzählt Johannes, zwölf, aus Olching, während er die Tonstücke dreht und wendet, in der Hoffnung zwei passende zu finden. Er kannte das Thema nur theoretisch aus dem Unterricht und freut sich, neue praktische Erfahrungen zu sammeln. "Ich möchte aber kein Archäologe werden. Bei mir passen keine Scherben zusammen und deshalb macht es mir auch nicht so großen Spaß." Auch die siebenjährige Anika findet den Beruf zu anstrengend. "Da muss man so viele Sachen beachten." Trotzdem hat ihr die Ausgrabung gefallen und damit auch der Tag.

© SZ vom 06.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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