Fürstenfeldbruck:Auf Weltmeisterkurs

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Schreinergeselle Markus Figl aus dem Landkreis reist Mitte Oktober mit der Deutschen Nationalmannschaft nach Abu Dhabi. Bei den Worldskills treten die besten Handwerker aus 77 Ländern und Regionen gegeneinander an

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Übung macht den Meister. Ein platter Spruch. Markus Figl hat schon so viel geübt, dass die Meisterprüfung sein geringstes Problem sein dürfte. Die wirklich große Herausforderungen für den Fürstenfeldbrucker Schreinergesellen wird Mitte Oktober der Kampf gegen die Uhr. Und nur wer regelmäßig trainiert, kann da bestehen und sich möglicherweise sogar an der Weltspitze behaupten. Der 22-Jährige tritt als Mitglied der 42 Mitglieder umfassenden Deutschen Nationalmannschaft nicht über 400 Meter Hürden oder 5000 Meter an - vom 14. bis zum 19. Oktober bekommt er es bei den "Worldskills" in Abu Dhabi vielmehr mit den besten Schreinergesellen aus 35 Ländern zu tun. Die Herausforderung: Ein Möbelstück in 22 Stunden anfertigen. Nichts darf dann klemmen, alle Fugen und Verbindungen müssen passen - bei einer Toleranz von unterm Strich lediglich 0,9 Millimetern.

Seit 1971 wird die Berufsweltmeisterschaft in verschiedenen Ländern ausgetragen. In Deutschland fand sie zuletzt 2013 in Leipzig statt. In den Vereinigten Arabischen Emiraten messen sich die maximal 22 Jahre alten Teilnehmer in 37 Einzel- und Teamwettbewerben sowie einem Demonstrationsskill. Mehr als 1200 junge Fachkräfte aus 77 Ländern und Regionen sind dabei, darunter auch Friseure, Damenschneider, Fliesenleger, Maurer, Stuckateure, Floristen, Landschaftsgärtner oder Köche. Neben Möbelschreiner Markus Figl ist mit Fabian Ackermann auch ein deutscher Bauschreiner vertreten.

In Figls Zimmer in der elterlichen Wohnung stehen ein raffinierter Schreibtisch und zwei mit Furnierarbeiten veredelte Schränke aus Eschenholz. Alles selbst aus Holz angefertigt, nach vorgegebenen Skizzen. Bei der WM wird eines dieser drei Möbelstücke von allen Teilnehmern noch einmal aus Eichenholz anzufertigen sein - die Pläne dafür werden aber noch in einigen Details modifiziert. Für solche Gesellenstücke braucht man in der Regel um die 80 Stunden. In Abu Dhabi aber müssen 22 Stunden genügen. Dann zeigt sich, welcher Geselle routiniert ist im Umgang mit Kreissäge, Hobel, Tischfräse oder Langbandschleifmaschine - und wer Augenmaß, eine ruhige Hand sowie eine gute Strategie hat. Die 35 Möbelschreiner werden, ebenso wie in den anderen Disziplinen, unter den Augen des Publikums arbeiten. "Alle können uns dabei auf die Finger schauen", sagt Figl. Bei Messen hat er freilich damit schon Erfahrungen gesammelt. Für Nervosität gibt es eigentlich auch deshalb keinen Grund, weil sich der 22-Jährige seit zwei Jahren auf den großen Auftritt vorbereitet. Angeleitet wird er nicht nur von den Fachleuten der auf den Innenausbau spezialisierten Brucker Schreinerei Lignum Arts, sondern auch von einem Trainer, den der Innungsbundesverband ihm zur Seite gestellt hat. Der betreute ihn allein in diesem Jahr bereits fünf Wochen in Augsburg und begleitete ihn jüngst zur Trainingswoche nach Österreich, wo so etwas wie ein Freundschafts-Vorbereitungsturnier der deutschsprachigen WM-Teilnehmerländer stattfand.

Markus Ligl ist der erste Teilnehmer aus dem Landkreis an so einer Weltmeisterschaft der nicht-akademischen Berufe. Sein Weg nach Abu Dhabi ist durchaus beeindruckend. Der Prüfungsbeste der Innung Dachau/Fürstenfeldbruck setzte sich auch auf Bezirks- und Landesebene durch. In der bundesweiten Wertung landete er im November 2015 mit hauchdünnem Rückstand auf Platz drei. Weil die Erst- und Zweitplatzierten im Oktober 2017 die Altersgrenze bereits überschritten haben, bedeutete dies die Qualifikation für die internationalen Wettkämpfe. Figls Werkstattmeister Denis Dostmann traut ihm einiges zu und nimmt deshalb die auswärtigen Termine hin: "Markus ist ein sehr guter Geselle. Wenn so jemand diese Chance bekommt, sollte man ihm keine Steine in den Weg legen." Dass der heute 22-Jährige sehr talentiert ist, das erkannte Dostmann schon vor vielen Jahren, als Markus Figl ein Praktikum absolvierte. Bringt jemand Engagement und Fähigkeit mit, dann merke man das schon nach einem Tag, so Dostmann, der mit nach Abu Dhabi fliegen wird. Gesellen der 2001 gegründeten Möbelschreinerei, die Massivholz vor allem zu maßgeschneiderten Möbeln und Küchen verarbeitet, sind schon das eine oder andere Mal mit dem bayerischen Staatspreis ausgezeichnet worden - aber Meriten auf internationalem Niveau konnte sich noch niemand verdienen. Für Markus Figl war bereits in der Grundschule klar, dass er einmal Schreiner werden will. "Der Umgang mit Holz hat mich schon immer fasziniert." Ihm kommt durchaus entgegen, dass seine Schreinerei den computergesteuerten CNC-Bereich ausgelagert hat und am Brucker Standort vor allem großer Wert gelegt wird auf passgenaue Handarbeit.

Raffinierter Schreibtisch: Durchaus meisterhafte Stücke gelingen dem Fürstenfeldbrucker Schreinergesellen Markus Figl. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Was nun wäre, wenn er Ende Oktober mit dem WM-Titel nach Bruck zurückkehren würde? Würde er dann, wie einige Sieger früherer Jahre, Aufträge in fernen Ländern annehmen? Eher nicht. Auch als Weltmeister würde er wohl die Schulbank drücken: Von Februar an will Markus Figl die Meisterschule in Garmisch Partenkirchen besuchen. Bei den Schreinern ist es also irgendwie doch wie bei den Sprintern und Langstreckenläufern von Weltformat. Viele wechseln über kurz oder lang die Seite und werden Trainer.

© SZ vom 05.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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