Fürstenfeldbruck:Auf dünnem Eis

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Jetzt wird es rechtlich kompliziert: Die Stadt Fürstenfeldbruck pocht aufs Vorkaufsrecht für das Stadtwerkeareal an der Amper. Ein Bauträger hat jedoch ein deutlich höheres Gebot abgegeben

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Müssen die Stadtwerke der Kreisstadt ihr Grundstück an der Amper zu einem deutlich unter dem wirklichen Wert liegenden Preis verkaufen? Die Frage steht im Raum, nachdem der Stadtrat beschlossen hat, sein Vorkaufsrecht geltend zu machen, ein privater Investor aber deutlich mehr bietet, als die Stadt zu zahlen bereit ist.

Am Dienstag wurde im Gremium so entschieden - nicht öffentlich. Das teilte Oberbürgermeister Erich Raff (CSU) auf Nachfrage mit. Zu Details äußerte er sich nicht. Nach SZ-Informationen will die Stadt für das Grundstück auf der Lände, das die Stadtwerke 2019 nach ihrem Umzug in den Brucker Westen frei machen werden, etwa 1,1 Millionen Euro bezahlen. Als Basis soll ein Wertgutachten von 2009 dienen, das zwar Wertminderungen durch Denkmalschutz sowie Maßnahmen zum Hochwasserschutz berücksichtigt, nicht aber die deutlichen Wertsteigerungen von Immobilien in den letzten neun Jahren.

Die Stadtwerke haben als rechtlich selbständige Tochtergesellschaft der Stadt großes Interesse, einen möglichst hohen Erlös zu erzielen. Neben der Stadt gibt es mehrere Interessenten. Einer davon, die Immobilienfirma Euroboden aus Grünwald, hat offenbar ein Gebot von gut zwei Millionen Euro abgegeben. Euroboden ist auf die Sanierung denkmalgeschützter Projekte spezialisiert und nennt als Referenzen beispielsweise die Sanierung des Hochbunkers an der Ungererstraße in Schwabing sowie Häuser an der Reichenbachstraße im Gärtnerplatzviertel oder an der Trogerstraße in Bogenhausen. In der Firma von Stefan Höglmaier sieht mancher einen "Luxussanierer". So gibt es in Forstenried Widerstand gegen die Bebauung eines Grundstücks im Ortskern, direkt neben dem Derzbachhof. Auch Münchens ältesten Bauernhof will Grundbesitzer Euroboden "maßvoll umbauen".

So stellt sich Euroboden das "Taubenhaus" in der Planung vor. (Foto: Euroboden)

Michael Dinkel, Manager bei Euroboden, versucht Bedenken zu zerstreuen, der Firma gehe es lediglich um Profitmaximierung und eine möglichst dichte Bebauung des Noch-Stadtwerkegrundstücks. Mit einem Expose will er belegen, dass man sich bereits intensiv Gedanken gemacht hat über eine attraktive Gestaltung unter Beibehalt der historischen Bausubstanz. Die vor knapp einem Monat abgeschickten schriftlichen Kauf- sowie Gesprächsangebote an den Oberbürgermeister sowie die Fraktionsvorsitzenden seien nicht beantwortet worden, wundert sich Dinkel. "Für uns erscheint es deshalb so, als ob weder die Stadtwerke Fürstenfeldbruck, die politischen Parteien noch der Oberbürgermeister ein Interesse daran haben, mit uns zu sprechen oder sich unsere Vorschläge überhaupt anzuhören." Gleichwohl sei man weiterhin am Erwerb des etwa 5900 Quadratmeter großen Grundstücks im Brucker Stadtzentrum interessiert. Dinkel: "Aufgrund unserer jahrzehntelangen Bauerfahrung ist uns die Schwere, Dauer und Komplexität der Aufgabe durchaus bewusst". Euroboden arbeitet eng mit dem Architekten Peter Haimerl zusammen, der vor einigen Tagen mit dem Bayerischen Architekturpreis ausgezeichnet worden ist. Man verfüge auch über ausreichende finanziellen Ressourcen, um das Projekt zu realisieren, sagt Dinkel mit Blick auf die angespannte Haushaltslage in Bruck. Gemeinsam mit Stadt und Bürgern sei man bereit, auf der Lände "Großes zu schaffen". Vorstellbar sei auf dem Gelände an der Amper durchaus auch eine Mischung aus Wohnnutzung sowie kleinen innovativen Betrieben, wie sich dies der Stadtrat unter dem Schlagwort "Kreativwirtschaft" vorstellt. Dass die Stadt für ein offenbar deutlich niedrigeres Angebot den Zuschlag bekommen soll, könne man nicht nachvollziehen, so Dinkel.

Raff lässt durchblicken, dass er das Angebot von Euroboden kennt und die ganze Sache noch der rechtlichen Prüfung bedürfe. Möglicherweise müsse in der Tat ein neues Wertgutachten für das Stadtwerkegelände erstellt werden. Alternativ sei es denkbar, dass die Stadt das Grundstück zunächst zwar selbst kauft, um freie Hand bei der Planung zu haben, anschließend aber Investoren in die Entwicklung einbinde. Raff: "Die Tür ist noch nicht zu."

Auch übergeordnete Behörden mahnen zu Vorsicht. Sollten die Stadtwerke das Grundstück unter Wert an die Stadt verkaufen und deutlich höhere Gebote ohne profunde Begründung ignorieren, dann wäre der Ausgang einer möglichen juristischen Auseinandersetzung kaum vorhersehbar, warnt Robert Drexl, Leiter der Kommunalaufsicht am Landratsamt.

In jedem Fall soll es einen städtebaulichen Wettbewerb geben, in dem Bruck die Spielregeln vorgibt und damit festlegt, was wo gebaut wird. Auch die Stadt werde aus eigener Kraft die nötigen Mittel für einen Kauf aufbringen, glaubt Raff. So fließt ihr ein Teil des Stadtwerkegewinns zu (Stichwort), zudem könnte ein Nachtragshaushalt aufgestellt werden. Oder die Fälligkeit der Kaufsumme könnte aufs kommende Jahr verlegt werden.

© SZ vom 27.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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