Fürstenfeldbruck:Auf der Suche nach den Luftnummern

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Das Landratsamt möchte jedes Jahr weiteres Personal haben, kann aber viele Stellen gar nicht besetzen. Die Kreisräte wollen sich nun zumindest einen Überblick verschaffen - das ist aber nicht so leicht

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tun eigentlich Dienst im Landratsamt? Und wie viel Geld muss der Steuerzahler für ihre Entlohnung bereit stellen? Alljährlich ploppen diese Fragen bei den Haushaltsberatungen des Kreistags auf. Fürs erste aber blieben sie diesmal in der eigens dafür einberufenen Sitzung des Personalausschusses im Detail unbeantwortet. Das Thema wurde ohne Beschluss um vier Wochen vertagt.

Im Vorjahr hatten die Kreisräte die explodierenden Personalkosten gedeckelt. Etwas mehr als 41 Millionen Euro wurden dafür eingeplant - ein neuer Höchstwert. Binnen zehn Jahren hatte sich der Personaletat des Landkreises verdoppelt. Zwischen 2015 und 2019 wurden gut 250 neue Planstellen geschaffen, für 2022 beantragt das Landratsamt nun neuerlich fast 30 neue Planstellen. Die Kosten, die im kommenden Jahr allein für das Personal im Landratsamt Fürstenfeldbruck aufgebracht werden müssen, würden sich auf 45,3 Millionen Euro erhöhen.

"Wir müssen den Stellenplan einer kritischen Überlegung unterziehen", kündigte Landrat Thomas Karmasin (CSU) an - im Juli vorigen Jahres war das. Damals hieß es, auch infolge der kurz zuvor einsetzenden Corona-Krise, dass von den zahlreichen Planstellen, die neu besetzt werden sollten, viele auf den Prüfstand müssten. Doch wie viele sind das? Grünen-Kreisrat Hans Sautmann konnte jetzt viele der Zahlen, die die Personalabteilung den Kreisräten vorab vorgelegt hatte, nicht nachvollziehen. Im Personalausschuss berichtete er davon, manche Posten von Hand nachgezählt und dabei andere Zahlen herausbekommen zu haben. Zusammen mit dem Abfallwirtschaftsbetrieb verfügt das Landratsamt über etwa tausend Beschäftigte und Beamte. Die Grünen monierten, dass die Besetzungsquote im Laufe der Jahre immer geringer geworden und nicht besetzte Stellen aus den Vorjahren auch nur ausnahmsweise überprüft worden seien.

"In der Regel wurden sie fortgeschrieben und um neu beantragte Stellen noch vermehrt", heißt es in dem Antrag der Grünen über die gängige Praxis in der Kreisbehörde. Eine "sparsame, zielgerichtete und leistungsorientierte Steuerung der Personalkapazitäten der Verwaltung" sei so nicht möglich. Die meisten neuen Stellen, nämlich 32, wurden den Grünen zufolge im Jahr 2018 besetzt. Das entspricht fünf Prozent des damaligen Stellenplans. Er wolle nicht von "Luftnummern" sprechen, ergänzte vorsichtig Sautmanns Fraktionskollege Christian Stangl, aber man müsse untersuchen, ob diese unbesetzten Stellen immer noch notwendig seien, und sie dann entweder streichen oder wenigstens plausibel darlegen, warum man weiter daran festhalten wolle.

Kreisräte wie Martin Schäfer (UBV), die auch Bürgermeister sind, in diesem Fall in Gröbenzell, haben stets besonderes Interesse daran, dass die Personalkosten im Landratsamt nicht ausufern. Sie befürchten, über die sogenannte Kreisumlage erneut mehr Geld an den Landkreis abführen zu müssen, das ihnen dann für Ausgaben in ihren eigenen Gemeinden fehlt. "Wir Kommunen brauchen die Kohle", betonte Schäfer deshalb zum wiederholten Mal: "Wir wollen nicht für etwas bezahlen, was wir nicht besetzten können."

CSU-Kreisrat und Maisachs Bürgermeister Hans Seidl (CSU) betonte indes die Wichtigkeit von ausreichend Personal im Landratsamt, denn wenn dort die Bearbeitungsgeschwindigkeit zum Problem würde, würden das auch die Rathäuser und Bürger zu spüren bekommen.

Landrat Karmasin schaltete sich in die Diskussion ein, indem er den Personalhaushalt der von ihm geleiteten Behörde mit einem Parkplatz verglich. Man würde wohl auch nicht einen Stellplatz sofort auflösen, auf dem im Moment kein Auto abgestellt sei. Sautmann griff das Bild auf und forderte, dass sich die Entwicklung der freien Parkplätze, also der unbesetzten Stellen, in ihrer Tendenz nicht fortsetzen dürfe. 2015 seien neun Prozent, 2020 schon 15 Prozent der Stellen unbesetzt geblieben. "Wie viel überschüssige Parkplätze haben wir im Moment?", fragte Sautmann weiter: "Das geht aus keinen Unterlagen hervor." Karmasin entgegnete, dass es "nicht Wille der Verwaltung ist, Nebelkerzen zu werfen", räumte aber ein, dass "der Stellenplan in der Tat schwer zu lesen ist".

Sämtliche Verwaltungen tun sich seit geraumer Zeit schwer, Personal zu akquirieren. Besonders betroffen sind unter anderem die Bereiche IT und Bauverwaltung. Auch die Stadt Fürstenfeldbruck "sucht verzweifelt Architekten und Bauingenieure", berichtete Christian Stangl, der dort Zweiter Bürgermeister ist.

Die Grünen-Fraktion wollte nun gerne festschreiben, dass der Stellenplan künftig die Ist-Besetzung zum 30. Juni im Jahr darauf um maximal siebeneinhalb Prozent überschreiten darf und Stellen, die nicht besetzt wurden, automatisch entfallen sollen. Die Kreisverwaltung empfahl in ihrer Stellungnahme, diesem Ansinnen nicht zuzustimmen. Aber auch die Idee, Personalstand und -kosten zusammen mit dem Jahresabschlussbericht vorzulegen, würde sich aus Sicht der Verwaltung schwierig gestalten, weil dieser Abschlussbericht nicht zeitnah vorgelegt werden könne. Das war kürzlich auch im Kreistagsgremium Thema gewesen. Bislang ist lediglich der Haushaltsabschluss des Jahres 2018 abgesegnet, für 2019 sei man "schon sehr weit", sagte Kreiskämmerin Margret Scholl. Auch bei den Jahresabschlüssen sei man "Jahre hinterher", mahnte indes Martin Schäfer und forderte den Landrat auf: "Das müssen Sie in Griff kriegen!"

© SZ vom 04.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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