Fürstenfeldbruck:Auf der Suche nach Bauland

Lesezeit: 3 min

Sechzehn Städte und Gemeinden streben ein gemeinsames Konzept für den Wohnungsbau an

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Der Landkreis verfügt über Baulandreserven für rund 11 500 Wohnungen oder weitere 23 000 Menschen. Das hat der Geschäftsführer des Regionalen Planungsverbands Christian Breu aufgrund der ihm bekannten langfristigen Bauleitplanung der 23 Kommunen errechnet. So weit die Theorie. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Das erläuterten Kommunalpolitiker und Vertreter der Bauämter bei einer Busfahrt durch sechzehn Kommunen im Landkreis. Sowohl im städtischen Bereich im Osten als auch in kleinen Kommunen im Westen. Das ernüchternde Ergebnis fasste Landrat Thomas Karmasin (CSU) folgendermaßen zusammen: "Das Potenzial für den Wohnungsbau ist gering".

Landschaftsschutz, Verkehr, Folgelasten: Es gibt zahlreiche Hindernisse

Der Landrat sagte weiter, er wisse nicht, wo beispielsweise die 1020 Wohnungen entstehen sollen, die für die Flüchtlinge gebraucht werden, die nur in diesem Jahr in den Landkreis kommen und voraussichtlich hier bleiben. Vielleicht müssen alte Denkmuster der Politiker und eingefahrene Planungsgrundsätze aufgebrochen werden, um lösen zu können, was als unlösbar erscheint. Schließlich ging es bei der Überlandfahrt auch darum, Grundlagen für ein interkommunales Konzept zur Weiterentwicklung des Landkreises zu sammeln. Zumindest ist das ein Ziel der Struktur- und Potenzialanalyse, für die die Landkreisfahrt so etwas wie den Auftakt bildete. An dem Projekt sollen in den kommenden Monaten, Bürger, Kommunalpolitiker und ein Planungsbüro mitarbeiten.

Die Ausgangssituation ist nicht ermutigend. Wo es, wie in kleineren Gemeinden, genug freie Flächen für Bauland gäbe, wollen entweder die Landwirte keinen Grund verkaufen, oder die Gemeinde deckelt den Bevölkerungszuwachs gleich auf ein Prozent im Jahr, wie es in Maisach der Fall ist. Oder es ist bereits fast alles bebaut wie in Gröbenzell. Dort wohnen auf einem Quadratkilometer rund 3000 Menschen. Anderswo verhindern der Landschaftsschutz oder Einheimische, denen das Wachstum zu schnell geht, die Entwicklung. Und wo noch gebaut wird, wird meist verdichtet. Das heißt, auf Grundstücken, auf denen früher ein Haus im Grünen stand, kommt noch ein weiteres hinzu. Das ist für die Bauverwaltungen und die Bauherrn mit viel Aufwand verbunden, bringt angesichts der großen Nachfrage aber nur relativ wenig Zuwachs und zudem noch einen Verlust an Lebensqualität.

Martin Kornacher, Stadtbaurat von Fürstenfeldbruck, erläuterte das am Beispiel des Ortsrands von Puch. Dort gibt es viele Bauwünsche, aber es würden, wie Kornacher einwendet, Wohnungen in einem Bereich geschaffen, wo Infrastruktur fehlt und das Wachstum mit großen Folgekosten verbunden ist. Etwa 30 Parzellen in Puch würden laut Kornacher die Kreisstadt mit einem Unterhaltsaufwand von rund 10 000 Euro im Jahr belasten. Die Stadt Olching, die in den vergangenen Jahren mit dem Schwaigfeld um einen ganzen Stadtteil erweitert wurde, leidet finanziell an den Folgen. Sie muss zurzeit jährlich mindestens eine weitere Kindertagesstätte errichten. Deshalb zieht es die Kreisstadt laut Kornacher vor, bis 2020 vor allem besser erschlossene Flächen im Stadtgebiet zu erschließen.

Ein einziger Kommunalpolitiker, der Puchheimer Stadtrat Reinhold Koch, berichtete von Überlegungen für ein weiteres Hochhaus. Ansonsten wies er darauf hin, dass es bei 1400 Einwohner pro Quadratkilometer außer einer Nachverdichtung bebauter Bereiche kaum noch Entwicklungsmöglichkeiten in Puchheim gebe. Wie in anderen Großgemeinden auch, steht in Puchheim die Gestaltung des Zentrums im Mittelpunkt der städtebaulichen Überlegungen.

Wo und in welcher Form die Ausweisung von Bauland überhaupt noch möglich und sinnvoll ist und wo und mit welchen Kriterien weitere Wohnungen und Gewerbebetriebe angesiedelt werden können, das soll die Strukturanalyse erst noch ergeben. Das Neue an diesem Vorhaben ist der Perspektivenwechsel: Es geht um ein gemeinsam abgestimmtes Entwicklungskonzept für den ganzen Landkreis, also um ein neues Miteinander durch Zusammenarbeit. Bisher diskutierten die politisch Verantwortlichen einer Kommune und deren Bewohner Entscheidungen wie die Ausweisung von Bau- und Gewerbegrund, die meist auch die Nachbargemeinden betreffen, vor allem aus dem eigenen Blickwinkel.

Auch die Auswirkungen auf Natur und Landschaftsbild will man berücksichtigen

Nun, auch das ist neu, sollen ganzheitlich die Wechselwirkungen auf die Natur, das Landschaftsbild, die Lebensqualität im Landkreis berücksichtigt werden. Aber nicht mehr wie bisher nur bezogen auf Einzelvorhaben, sondern für den Landkreis in seiner Gesamtheit. Berücksichtigt werden sollen also auch Verkehrsströme oder der Verlust von Freiflächen und Naturräumen, es soll aber auch mehr Rücksicht auf die Nachbarkommunen genommen werden. Entstehen soll ein Handlungsleitfaden für Siedlung, Landschaft und Mobilität. Besonders berücksichtigt werden sollen die Bereiche die den Landkreis prägen und schützenswert sind. Das gilt für Naturräume und herausragende Baudenkmäler in gleicher Weise.

Ein öffentlicher Workshop findet am Dienstag, 24. November, von 19 bis 21.30 Uhr in der Aula des Graf-Rasso-Gymnasiums statt.

© SZ vom 21.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: