Fürstenfeldbruck:Ansehnlicher Fußball

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Kampf um den Ball: Während Mali (li.) und Sierra Leone bei der Fußball-WM der Fürstenfeldbrucker Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber das Spiel um Platz drei bestritten, standen sich im Finale Nigeria und der Senegal gegenüber. (Foto: Günther Reger)

Bei der sogenannten Weltmeisterschaft der Erstaufnahmeeinrichtung am Fliegerhorst gehen die Flüchtlinge aus Nigeria im Endspiel gegen den Senegal als Sieger hervor

Von Karl-Wilhelm Götte, Fürstenfeldbruck

Senegals Trainer Alassane ist fest davon überzeugt, dass seine Mannschaft noch den 1:1-Ausgleich gegen Nigeria schaffen wird. "On va égaliser", sagt er kurz vor der Pause auf Französisch und sieht dabei entschlossen aus. Das Versprechen Alassanes ließ sehr lange auf sich warten, aber es wurde eingelöst. In der Nachspielzeit schaffte Senegal das 1:1. Ein Elfmeterschießen musste entscheiden, wer die sogenannte erste Weltmeisterschaft der Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) im Fliegerhorst gewinnt. Dabei leistete sich Senegal zwei Fehlschüsse, so dass Nigeria schließlich mit 5:3 gewann und den Siegerpokal erhielt.

Alassanes Team verbrachte die Halbzeitpause auf dem Rasen des Stadions des TSV Fürstenfeldbruck-West. Drumherum standen Zuschauer und Fans aus Senegal und redeten den Spielern pausenlos Mut zu. Gegner Nigeria ging in der Pause in die Umkleidekabine, um die Worte ihres Trainers zu lauschen. Coach Pius war ein kleiner, listig wirkender Mann mit Hut und Sonnenbrille. Er hatte sein Team offenbar gut eingestellt. Jerry, ein schmächtiger Mittelstürmer mit schlanken Waden eines Dauerläufers, hatte mit einem platzierten Schuss das 1:0 erzielt. Nach einer Stunde vergab Jerry dann das mögliche 2:0, als er freistehend über das Tor köpfte. Dann machte Senegal allerdings Druck, konnte aber lange Zeit kein Tor erzielen. Es war ein durchaus ansehnliches Spiel mit guten Fußballern aus beiden Ländern.

Nigeria spielte in gelb-grünen Trikots der Landesfarben, Senegal lief mit den blauen Shirts des TSV West auf, die der Verein zur Verfügung gestellt hatte. Mitten drin wirkte Makan als Schiedsrichter. "Das ist mein erstes Spiel als Schiedsrichter", sagte Makan in der Halbzeitpause und lächelte. Die Spieler wären sehr emotional, aber das sei kein Problem für ihn. Der groß gewachsene Mann aus Mali wurde als Autorität von beiden Teams anerkannt. Genauso wie die beiden "Profi"-Linienrichter Peter Rascher und Korbinian Risse von der Schiedsrichtergruppe Ammersee/Fürstenfeldbruck. Die kümmerten sich vor allem um Ausbälle und um das Abseits. "Sie akzeptieren jede Entscheidung", meinte Risse zufrieden.

Von draußen wurden beide Mannschaften lautstark angefeuert. Afrikanische Menschen, etwa hundert aus der EAE, dominierten die Szenerie auf dem Sportplatzgelände. Viele standen auch an den Mannschaftsbänken und redeten temperamentvoll auf die Akteure ein. "Das sind alles nette Menschen, anständige Burschen, die immer grüßen", kommentierte TSV West-Präsident Günter Eichinger, der zu den sieben europäischen Besuchern an diesem Nachmittag gehörte, das Geschehen. Zuvor hatte sich das Spiel um dritten Platz zwischen Mali und Sierra Leone um eine halbe Stunde verzögert, weil Sierra Leone moniert hatte, dass bei Mali offenbar zwei Spieler dabei waren, die nicht aus dem Camp vom Fliegerhorst stammten. Nach einer "deutlichen Ansprache" von Turnierleiter Dirk Hasenjäger, wie er sagte, ging es dann los. Sierra Leone gewann schließlich mit 5:4.

Das Endspiel war hart umkämpft, doch auch gekonnte Ballpassagen waren zu sehen. Schiedsrichter Makan zückte nach einem Foul schon mal die gelbe Karte und einmal Rot gegen Nigeria zehn Minuten vor Schluss. Nach dem 1:1 für Senegal in der 94. Minute kam es dann im Elfmeterschießen zum Showdown. Hier hatte Nigeria mehr Glück. Die Stadträte Andreas Ströhle, Markus Droth und der Integrationsbeauftragte Willi Dräxler überreichten Pokale an alle Mannschaften. Auch Bürgermeister Erich Raff hatte vorbeigeschaut. "Das ist eine tolle Idee, da stehe ich voll dahinter", sagte Handballer Raff. Die Stadt hatte die Verpflegung für die vier Mannschaften bezahlt. Bei den Siegern aus Nigeria flossen nach dem gewonnen Elfmeterschießen auch Freudentränen. Spontan sangen Spieler und Zuschauer ihre Nationalhymne. Danach ging es für Spieler und Fans zurück ins Flüchtlingscamp. Dazu musste der bereits dorthin abfahrende Bus noch einmal anhalten. "Der wurde friedlich gestoppt", sagte Organisator Hasenjäger, der zuvor allen Beteiligten am Gelingen der Veranstaltung gedankt hatte.

© SZ vom 09.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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