Fürstenfeldbruck:Angespitzter Ton weich unterfüttert

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Überzeugende Pfingstmatinee mit Yulia Merten (Domra) und Christoph Hauser (Marienorgel) in der Fürstenfelder Klosterkirche

Von Klaus Mohr, Fürstenfeldbruck

Auf den ersten Blick ist es verwunderlich, dass sowohl Musikfreunden als auch professionellen Musikern das Instrument Domra selbst vom Begriff her kaum geläufig ist. Das dürfte wohl damit zu erklären sein, dass die Domra in der russischen Musik zu Hause ist, aber im Gegensatz zu ihrer Schwester, der Balalaika, bei uns nicht so öffentlichkeitswirksam in Erscheinung tritt. Von der Bauweise her ist die Balalaika dreieckig, während die Domra einen halbkugelförmigen Korpus besitzt. Auch wenn einem Name und Bauform der Domra nicht bekannt sind, kann man bei ihr schnell einen der Balalaika verwandten Klang entdecken. So erging es den vielen neugierigen Zuhörern der Pfingstmatinee in der Klosterkirche Fürstenfeld, bei der die in Fürstenfeldbruck lebende russische Musikerin Yulia Merten an der Domra gemeinsam mit Christoph Hauser an der Marienorgel zu hören war. Die Musiker ließen bei den Bearbeitungen für diese Duobesetzung kein geeignetes Highlight aus.

Zwei Stücke aus dem Barock lebten von Bewegung und Vitalität, so dass die kurzen Notenwerte sehr gut mit dem Zupfinstrument Domra umgesetzt werden konnten. Vielleicht hat der eine oder andere Zuhörer im Vorfeld gezweifelt, ob der Klang dieses zarten Instruments in der großen Kirche ohne Verstärkung bestehen könnte, doch Yulia Merten bewies eindrücklich, wie gut tragend der Ton ihrer Domra ist. Dieser lässt sich charakterisieren durch seine Kürze, seinen Obertonreichreichtum und dadurch, dass er wie angespitzt klingt. Zunächst war "Les petits moulins à vent" zu hören, das entgegen der Angabe im Programm nicht von Jean-Philippe Rameau, sondern von seinem älteren Kollegen François Couperin aus dessen "Troisième livre de pièces de clavecin" stammt. Yulia Merten musizierte mit großer Präzision, so dass ganz filigrane Tongirlanden entstanden. Mit seiner Begleitung unterfütterte Hauser diesen Klang wie mit einem Wattebett und polsterte ihn so für eine veritable Linie in der Melodieführung. Ähnliches galt für die "Badinerie" aus Bachs zweiter Orchestersuite, die gegenüber dem Original für Flöte mit der Domra eine neue und interessante Hörweise ermöglichte.

Den beiden folgenden Stücken, der berühmten "Vokalise" von Sergej Rachmaninow sowie der "Meditation" von Jules Massenet lag ein gemächlich fließendes Tempo mit lang gezogenen Melodielinien zugrunde. Den sich daraus ergebenden Konflikt zwischen den rasch verklingenden Domra-Tönen und den unendlichen Kantilenen meisterte Yulia Merten dabei mit Bravour: Durch permanentes Tremolo in höchster Perfektion entstanden quasi Tonschnüre, in die die Künstlerin dynamische Entwicklungen hinein verwob, aus denen sich stets veritable Spannungsbögen ergaben. Der Organist Hauser stützte mit seinen Akkorden den Gesamtklang gerade so stark ab, dass eine sichere Fundierung entstand.

Die Duo-Werke wurden ergänzt durch Orgelwerke aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Anlässlich dessen 100. Todestages vor ein paar Tagen erklangen zwei Werke von Max Reger. Was als "Passacaglia und Fuge" in d-Moll WoO im Programm angekündigt wurde, war in Wirklichkeit allerdings "Introduction und Passacaglia". Die vermeintliche Passacaglia mit den klangvollen Akkorden in chromatischer Verknüpfung war dennoch eine ideale Vorbereitung für die tatsächlich folgende Passacaglia. Deren charakteristisches Bassthema geriet in seiner solistischen Vorstellung allerdings mehr wummernd als hörbar und gewann erst in der Harmonisierung und den Variationen an beständiger Gestalt. Auf die Fuge wartete man folglich vergebens. Die Zugabe, das "Ave Maria" von Bach-Gounod, nahm nach großem Applaus den Gestus der klangvollen Melodien wieder auf.

© SZ vom 18.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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