Fürstenfeldbruck:Alleebäumen droht Fällung

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Das Straßenbauamt will die Verbindung zwischen Maisach und Überacker sanieren. Zur Verbesserung der Sicherheit sollen Leitplanken angebracht werden. Dafür müssen voraussichtlich bis zu 20 der 160 Linden abgeholzt werden

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Sie verleiht der Straße zwischen Maisach und Überacker eine ganz besondere, im Landkreis einzigartige Atmosphäre. Doch nun ist sie in ihrer jetzigen Form bedroht - wegen Sicherheitsmaßnahmen. Die Rede ist von der etwa hundert Jahre alten, mit Linden gesäumten Allee. Denn aus Sicherheitsgründen soll die Staatsstraße 2054 nun eine Leitplanke erhalten. Dafür müssen laut Straßenbauamt zehn bis zwanzig der insgesamt 160 alten Bäume gefällt werden. Die Gemeinde hofft allerdings, dass möglichst viele Bäume erhalten werden können. Das zuständige staatliche Straßenbauamt beteuert, dass man sorgfältig abwägen werde zwischen Sicherheit, Naturschutz und den Richtlinien.

Aufmerksamen Anwohnern, darunter auch dem Archivar und Gemeinderat Stefan Pfannes, fiel auf einmal auf, dass die Bäume zwischen Maisach und Überacker fast alle mit einem weißen Punkt markiert sind. Pfannes erkundigte sich deshalb im Gemeinderat. Die Antwort alarmierte nicht nur ihn. Wenn das Straßenbauamt von Juni an die Brücke über die Maisach in Überacker saniert, plant es im Zuge dieser Maßnahme auch gleich die Fahrbahn der Allee zu erneuern. Das sei durchaus sinnvoll, da die 1978 gebaute Straße sowieso bald einer Erneuerung bedürfte und sie dann ohnehin schon gesperrt sei, erläutert Alex Eder vom Straßenbauamt München-Freising. Doch mit der Erneuerung sind auch andere Vorschriften zu beachten. Und damit beginnt das Problem. "Überall dort, wo wir grundhaft erneuern, müssen wir die Straße auf den neuesten Stand bringen." Das schrieben die sogenannten RPS so vor. Diese "Richtlinien für passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeug-Rückhaltesysteme" haben das Ziel, die Zahl schwerer oder tödlicher Unfälle zu reduzieren, etwa durch Leitplanken vor Bäume.

Eder zufolge wurden alle Bäume markiert, da sie nun vermessen werden sollen. Denn entscheidend ist der Abstand zwischen Baumstamm und Straße. Um eine herkömmliche Leitplanke auf der fraglichen Allee errichten zu können, braucht es einen Meter Platz zwischen Baum und Straßenkante. Laut dem Planer aus dem Straßenbauamt sind etwa zehn bis 20 der 160 Linden weniger als einen Meter von der Straße entfernt. Für die gäbe es dann aber noch die Möglichkeit, spezielle Leitplanken zu verwenden, die auch mit weniger Abstand auskommen. "Wir versuchen, so viele Bäume wie möglich zu erhalten", versichert Eder. Denn würde man alleine die aktuellen Bestimmungen zur Verkehrssicherheit beachten, müssten alle Bäume gefällt werden. "Wenn ich die Maßstäbe eines Neubaus ansetze, sind alle Bäume zu nah dran", verdeutlicht der Planer. Doch das wolle man auf keinen Fall, schließlich sei die Allee "besonders ortsbildprägend und einzigartig im Landkreis".

Daneben ist auch noch der Naturschutz zu beachten. Der beginnt damit, dass zwischen März und September keine Bäume gefällt werden dürfen. Das weiteren, so Eder, dürfe kein Baum gefällt werden, der beispielsweise eine Fledermaus beherbergt oder für andere schützenswerte Arten einen Lebensraum darstellt. Ob das der Fall ist, wird in den nächsten Monaten ein vom Straßenbauamt beauftragter Biologe untersuchen. Die Prüfung erfolgt in enger Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt. Diese reagierte Eder zufolge auf eine erste Anfrage seiner Behörde hinsichtlich einer Beseitigung einiger Alleebäume mit einem kategorischen Nein. Da man aber deutlich gemacht habe, dass man eine sensible Abwägung zwischen Verkehrssicherheit und Naturschutz treffen wolle, kooperiere man inzwischen sehr gut miteinander. Auch zur Gemeinde, sprich Bürgermeister Hans Seidl, hat Eder nach eigener Einschätzung einen guten Kontakt. Er habe dem Rathauschef das sensible Vorgehen des Straßenbauamts verdeutlicht, und dass wirklich möglichst wenige Bäume gefällt werden sollen. "Ich rechne mit großem Verständnis von der Gemeinde", sagt Eder. Der Bürgermeister indes versichert, dass er darum kämpfen werde, möglichst viele Bäume zu erhalten. Auch wenn die Gefällten freilich durch junge Bäume ersetzt werden müssen.

"Bäume fällen sollte das letzte Mittel der Wahl sein", findet auch die Umweltreferentin Christine Wunderl. Ihre Partei, die Grünen, spricht sich in einer Pressemitteilung für den Erhalt der Bäume aus. Wie auch etliche Beiträge in der Facebook-Gruppe "Du kommst aus Maisach/Gernlinden, wenn..." verweist diese als Argument gegen Leitplanken auf die B 2 zwischen Hoflacher Berg und Puchheim. "Seit links und rechts Leitplanken montiert sind und keine Chance mehr besteht auszuweichen, mehren sich tödliche Frontalzusammenstöße", heißt es in der Mitteilung.

Bislang gilt die Straße zwischen Maisach und Überacker nicht als Unfallschwerpunkt, auch wenn es immer wieder Unfälle gibt, auch tödliche. Laut Martin Bosch von der Verkehrspolizeiinspektion Fürstenfeldbruck gab es auf der Strecke zwischen 2012 und 2016 elf Unfälle (ohne Wildunfälle), von 2007 bis 2011 verloren dort zwei Menschen ihr Leben. Die tödlichen Unfälle kommen auch immer wieder auf Facebook zur Sprache. Eine große Mehrheit spricht sich aber für den Erhalt der Bäume aus.

© SZ vom 21.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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