Bis auf gelegentliche spitze Bemerkungen von Landrat Thomas Karmasin (CSU) sind emotionale Momente im routiniert arbeitenden Kreistag eher selten geworden. Eine Ausnahme ist kürzlich der Abschied von Kreisrat Joachim Lutz (CSU) gewesen, was im nüchtern sachlichen Amtsdeutsch unter dem Tagesordnungspunkt "Niederlegung des Kreistagsmandats" erfolgte. Mit Lutz verließ nicht nur ein Kommunalpolitiker den Kreistag, sondern eine Persönlichkeit, die über Jahrzehnte den sozialen Bereich der Landkreispolitik mitgestaltete, ohne jemals davon viel Aufhebens zu machen.
In seiner letzten Sitzung gelang es dem Germeringer auf anrührende Weise zu vermitteln, wie wichtig ihm sein Ehrenamt war und was es ihm persönlich bedeutete. Dazu kam, dass der Mediziner, den die Kreisräte noch vor einigen Monaten als stattlichen, kräftigen Mann erlebt hatten, zum Abschied im Rollstuhl vorfuhr und seinem Handicap zum Trotz kämpferisch und willensstark auftrat. Eben so, wie man ihn vor seiner schweren Erkrankung kannte.
Statt mit dem Schicksal zu hadern, trat Lutz bescheiden, ja demütig, und vor allem dankbar auf. Dankbar für die Gelegenheit, sich nach 33 Jahren im Kreistag persönlich verabschieden zu dürfen. Dankbar dafür, dass er die Belange des Landkreises in so vielen Sozialeinrichtungen vertreten durfte. Dankbar für die Kollegialität und den freundschaftlichen Umgang. Und froh über die vielen Jahre gemeinsamer Arbeit, die ihn nachhaltig geprägt hätten, wie er gerührt und mit den Tränen kämpfend bekannte. Unter diesen Erfahrungen erwähnte der scheidende Politiker ausdrücklich den "toleranten Umgang mit Positionen, für die ihm im Ansatz das Verständnis" gefehlt habe. Unterm Strich bleibe das Positive. Wegen seines Berufs als Arzt lag dem CSU-Kreistagsmitglied aus Germering vor allem die Mitarbeit im Verwaltungsrat der Kreisklinik sehr am Herzen. "Das Negative verblasst zum Glück", betonte Lutz unter großem Applaus der Kreisräte.
Landrat Thomas Karmasin ging auf die "Riesensorgen" ein, die die Nachricht von der schweren Erkrankung des Germeringers bei ihm ausgelöst habe. Lutz habe seine politische Arbeit ganz in den Dienst sozialer Belange gestellt und hier immer sehr ausgleichend gewirkt, sagte Karmasin. Es wurde daran erinnert, dass der Referent für Soziales, ambulante Dienste und Gesundheit in vielen Gremien vertreten war, unter anderem in der Verbandsversammlung des Zweckverbands für Rettungsdienst- und Feuerwehralarmierung, im Ausschuss für Gesundheits- und Sozialfragen, im Sozialhilfeausschuss sowie im Jugendhilfeausschuss.
Joachim Lutz ist Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande und einer Reihe kommunaler Auszeichnungen. Zum Abschied aus dem Kreistag händigte ihm Karmasin im Beisein des BRK-Kreisvorsitzenden und SPD-Kreisrats Andres Magg sowie des BRK-Kreisgeschäftsführers Rainer Bertram das Ehrenzeichen für 40 Jahre Dienstzeit beim Bayerischen Roten Kreuz aus.