Fürstenfeldbruck:Abschied in stürmischer Zeit

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Volksbank-Vorstandschef Walter Müller ist im Ruhestand

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Die Entscheidung, als erste deutsche Bank von Neukunden in bestimmten Fällen vom ersten Euro an Negativzinsen zu erheben, bescherte der Volksbank Fürstenfeldbruck kürzlich bundesweites Echo. In der Diskussion um Negativzinsen ging unter, dass sich Volksbankchef Walter Müller, 65, vor zwei Monaten nach 24 Jahren in den Ruhestand verabschiedete und nun Robert Fedinger und Rudolf Sydow als gleichberechtigte Vorstände die Bank leiten. Der Übergang war seit Längerem vorbereitet, eigentlich wollte Müller schon 2018 ausscheiden. Nun fiel sein Abschied in stürmische Zeiten. Das erinnert daran, dass der Schwabe im Oktober 1995 als Sanierer, also in einer auf andere Weise stürmischen Zeit, als Chef zur damaligen Raiffeisenbank Germering-Olching wechselte.

Damals befand sich die Germeringer Bank, die 1987 mit der Raiffeisenbank Olching fusioniert und den Zusammenschluss noch nicht verkraftet hatte, in einer Krise. Seit der Weltfinanzkrise 2008 ist es Allgemeinwissen, dass Bankenkrisen und faule Kredite zusammengehören. In Germering kamen noch zwei weitere Aspekte hinzu: ein angeschlagener, vielleicht überforderter alter Vorstand und Forderungen in Höhe von anfangs etwa 150 Millionen Mark, weil die Bank vor der Ära Müller ein großes Rad drehte, spekulativen Geschäften mit gefälschten Schuldscheinen aufsaß und dafür in der Verantwortung stand.

Diese Ausgangslage mit Sanierungsverpflichtungen, niedrigen Erträgen und einer dünnen Eigenkapitaldecke war extrem schwierig. Trotzdem schaffte es Müller zusammen mit dem Vorstandskollegen Rainer Kerth und den Mitarbeitern, mit einem rigiden Sparkurs das ehemals kriselnde Geldinstitut selbst in der Niedrigzinsphase zu einem der besten im Ranking bayerischer Genossenschaftsbanken zu machen. Ein Indiz dafür, wie hoch die Produktivität der Volksbank ist, zeigt ein Vergleich mit der Sparkasse Fürstenfeldbruck. Die Volksbank erzielte 2018 mit 220 Mitarbeitern und einer Bilanzsumme von 1,6 Milliarden Euro einen etwas höheren Gewinn als die Sparkasse mit einer Bilanzsumme von 3,3 Milliarden Euro und mehr als 700 Mitarbeitern.

Vor solchen Erfolgen waren einige Hürden zu nehmen. Die größte waren Forderungen aus dem hochtoxischen Schuldscheingeschäft. Als die Germeringer Bank 2004 zu einer Zahlung von Schadenersatz verurteilt wurde, übernahm die Sicherungseinrichtung der Genossenschaftsbanken entsprechend einer Vereinbarung aus dem Jahr 1999 den Schaden. Ohne diese Zusage hätte es die Fusion mit der Volksbank Fürstenfeldbruck im Jahr 2001 sicher nicht gegeben. Auch in der größeren Bank senkte Müller wieder Kosten, verbesserte die Erlöse und löste einige hausgemachte Probleme.

Seinen Beruf verbindet Müller nicht mit Macht. Er verweist auf die große Verantwortung eines Bankchefs für Zehntausende Kunden, von denen jeder gleich wichtig sei. Der Last dieser Verantwortung versuchte er "demütig", wie er sagt, gerecht zu werden. Hierarchische Strukturen habe er stets abgelehnt. Um das zu erläutern, vergleicht er eine Bank mit einem Uhrwerk. Eine Uhr laufe nur, wenn alle Rädchen funktionierten, auch das kleinste.

© SZ vom 28.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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