Fürstenfeldbruck:Abhöraffäre

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32-jährige nimmt im Erbschaftsstreit heimlich Gespräch auf und landet vor Gericht

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Es ist nicht strafbar, eine Unterhaltung in einer Gastwirtschaft aufzunehmen. Auch dann nicht, wenn die anderen Beteiligten nichts davon wissen und es in dem Gespräch um so Privates wie eine Erbschaft geht. Das hat jüngst ein Richter am Amtsgericht entschieden und deshalb eine 32 Jahre alte Frau vom Vorwurf der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes freigesprochen. Allein die Wahl des Aufenthaltsortes - ein Restaurant - lasse Zweifel an der Vertraulichkeit des Gespräches aufkommen, begründete er sein Urteil.

Den Vorwurf aus dem Strafbefehl, ein Gespräch in einer Pizzeria im Februar 2016 mit ihrem Smartphone in Teilen aufgezeichnet zu haben, räumt die 32-Jährige von vornherein ein. Eine andere Strategie wäre auch nicht ratsam, da sie gemeinsam mit ihrem Mann und ihrem Rechtsanwalt seit einem Jahr einen Zivilrechtsstreit gegen den Rest von dessen Familie führt; eines der wichtigsten Beweismittel ist laut dem Juristen besagte Aufzeichnung. Anlass für den Zwist ist die eingangs erwähnte Erbschaft. Sie stammt vom Großvater des Mannes der Angeklagten. Dieser erfuhr um die Jahreswende 2015/16, dass er Alleinerbe ist. Und seither gibt es offenbar Streit um das Erbe.

Schon bevor es um den Nachlass des Großvaters ging, gab es nach Angaben der Angeklagten Streit zwischen den Familien, ihrer und der ihres Mannes. Deshalb wollten die Eltern ihres Mannes nicht zur Hochzeit kommen. Und deshalb hatten die künftigen Eheleute - die Frau und ihr jetziger Mann heirateten im April 2016 - im Februar um ein Gespräch mit der Familie des Mannes in der Pizzeria gebeten. Vor diesem Hintergrund habe sie im entscheidenden Moment, als die Sprache auf die Erbschaft kam und die Familie ihres Mannes wieder Druck auf ihn ausgeübt habe, etwas von dem Erbe abzugeben, die Aufnahmetaste gedrückt, begründet die 32-jährige ihr Handeln. Und sie sieht sich bestätigt. Ihre Schwiegermutter habe damals mehrmals erwähnt, "dass sie auf ihren Pflichtteil besteht".

So eindeutig will der Vorsitzende Richter Martin Ramsauer die Aussage nicht interpretieren. Sie habe gesagt: "Ich freue mich, wenn ich den Pflichtteil kriege." Genau dieser Pflichtteil ist offenbar Auslöser für die gesamte Auseinandersetzung um die Erbschaft. Denn wie die Schwiegermutter der Angeklagten auf Nachfrage bestätigt, hatte sie schon vor Jahren auf ihren Pflichtteil am Erbe verzichtet. Im Gegenzug, fügt sie hinzu, habe ihr Vater ihr damals seine Wohnung überschrieben. Sie bestätigt, wegen der Erbschaft Druck auf ihren Sohn ausgeübt zu haben - allerdings nur, damit er ihrer Schwester etwas abgebe, wie sie betont. Ihr Mann indes erinnert sich, "dass meine Frau gesagt hat, dass sie sich freuen würde, wenn sie auch was kriegt". "Ich habe gesagt, du wirst schon was kriegen", untermauert er die Aussage seiner Schwiegertochter. Er habe das nur einfach so dahingesagt, ohne Hintergedanken oder fundiertes Wissen, betont er im Gerichtssaal.

Die Staatsanwältin interessiert in erster Linie, "ob das Gespräch so vertraulich war". Und kommt in ihrer Einschätzung zu einer positiven Antwort, da die Nachbartische nur teils besetzt waren. Sie beantragt 1200 Euro Geldstrafe für die nicht vorbestrafte Angeklagte, ihr Verteidiger einen Freispruch, da die Aufnahme angesichts des Erbschaftsstreits gerechtfertigt gewesen sei. "Aus Sicht des Gerichts ist nicht nachgewiesen, dass es um die Vertraulichkeit des Wortes ging", begründet der Brucker Amtsrichter mit Verweis auf die Ortswahl eine Gaststätte schließlich den Freispruch.

© SZ vom 30.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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