Fürstenfeldbruck:Abgesang auf ein Wäldchen

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Freier Blick auf die Lärmschutzwand: Ein paar Bäume hat der Grundbesitzer zwischen der Bahnlinie und den Häusern an der Lärchenstraße noch stehen gelassen. Von einer Waldbewirtschaftung, wie ihm dies offenstehen würde, kann angesichts der Schlammwüste keine Rede sein. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Das Forstamt spricht von einem landkreisweit einmaligen Fall und einer wohl illegalen Rodung, mancher Stadtrat sogar von Unverfrorenheit: Ein Grundeigentümer hat an der Bahnlinie massenweise Bäume gefällt

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Es war einmal - so fangen Märchen an, die in der Regel gut ausgehen. In der Buchenau ist ein Happyend nicht in Sicht. Es wäre wohl frühestens in 30 oder 40 Jahren zu erwarten. Denn so lange dauert es, bis aus einem Setzling ein ordentlicher Baum wird. So wie es aussieht, könnte die Geschichte aber auch zur Tragödie werden.

Schön ist das nicht, was ein Bauunternehmer aus Cham da aufführt. Er hat aus dem Wäldchen zwischen der Bahnlinie und der Lärchenstraße eine Wüste gemacht. Hunderte Bäume wurden gefällt, Senken aufgefüllt. Der Boden ist aufgerissen und von tiefen Fahrspuren der Bagger und Lastwagen durchzogen. Immer wieder haben die Anwohner davor gewarnt, dass hier jemand den großen Reibach machen wolle, den Grund vor vier Jahren günstig von der Bahn gekauft habe, um ihn gegen alle Widerstände als Baugrund zu "versilbern". Kleinere Parzellen waren den Anliegern sogar angeboten worden, im Westen in wenigen Fällen offenbar erfolgreich. Und das, obwohl es gar keine vernünftige Zufahrt von der Lärchenstraße aus gibt, der 8000 Quadratmeter große Streifen im Flächennutzungsplan der Kreisstadt als Grünfläche ausgewiesen ist und das Forstamt das Areal als erhaltenswerten Wald einstuft. Nun platzt Forstamt und Stadt offenbar der Kragen. Sie haben lange auf Freiwilligkeit gesetzt und immer wieder darauf gehofft, der Grundbesitzer werde schon noch seiner Pflicht zur Aufforstung nachkommen. Vergebens. Was mit einigen Bäumen begann, die angeblich wegen der Sturmschäden rausgenommen werden mussten, mündete in einen Kahlschlag auf Raten. Aktuell stehen noch ein paar vereinzelte Bäume in der Gegend herum. "Im Oktober ist eine Grenze überschritten worden", sagt Gero Brehm vom Forstamt. Und der Brucker Bauausschuss sinniert am Mittwoch bereits über Maßnahmen, mit denen man den Grundbesitzer in die Schranken weisen kann.

Ein schönes und gepflegtes Wäldchen war das hier ja nie. Irgendwann sind in der einstigen Kiesgrube der Bahn die Bäume halt einfach gewachsen, vor allem Kiefern. Jahr um Jahr haben sich in der kleinen Wildnis mehr Insekten und Tiere angesiedelt. Keine große Sache. Aber für die Anwohner, die sich zur Bürgerinitiative "Alt-Buchenau aktiv" zusammengeschlossen haben, ist es nichts weniger als eine grüne Lunge gewesen und zudem ein natürlicher Schutz, der die kleinen Häuser der Siedlung vom Lärm durchrauschender S-Bahnen und Züge abschirmt. Mancher geht auch ein bisschen weit mit der Empörung, reklamiert Unantastbarkeit sowie Gewohnheitsrecht. Aber verstehen kann man die Wut durchaus. Da wird einem das Grün vor dem Wohnzimmerfenster demontiert. Und als Trostpflaster gibt es einen freien Blick auf die Lärmschutzwand.

Was aber kann man tun? Der Bauausschuss will darüber aus taktischen Gründen möglichst nicht öffentlich beraten. Öffentlich dringt allerdings Empörung auf breiter Front durch und der Wille, an dieser Stelle unter allen Umständen Neubauprojekte zu verhindern. Da benehme sich jemand buchstäblich "wie die Axt im Wald", schimpft Oberbürgermeister Erich Raff (CSU), von einer "Rodung ohne Genehmigung" spricht Stadt- und Landschaftsplanerin Kathrin Zifreund. "Unsäglich" findet Zweiter Bürgermeister Christian Götz (BBV) die Sache - und "eine Unverfrorenheit". Er bezeichnet es als großen Fehler, dass die Stadt der Bahn damals nicht selbst das Waldgrundstück abgekauft hat. Alexa Zierl (ÖDP) mahnt eine Baumschutzverordnung an, um solches Abholzen zumindest künftig zu erschweren.

Forstamtschef Günter Biermayer signalisiert der Stadt, dass man mit vereinten Kräften schon etwas bewirken könne. Sein Kollege Brehm beruft sich aufs Waldgesetz. Das erlaube zwar Bewirtschaftung, aber keine Rodung. Gefällte Bäume müssen in absehbarer Zeit ersetzt werden. Die Zeit des Hoffens auf Einsicht ist jedenfalls vorbei. Brehm kündigt den Erlass einer Anordnung an. Wird dennoch nicht wieder aufgeforstet, so ist das eine Ordnungswidrigkeit. Dann setzt es Bußgeld. Und es wird schlimmstenfalls ein Fall für die Gerichte. Landkreisweit sei diese "wohl illegale Rodung" ein trauriger Einzelfall, sagt Brehm.

© SZ vom 17.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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