Fürstenfeldbruck:13 650 Euro für ein Menschenleben

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Amtsgericht verhängt Geldstrafe gegen 28-jährigen Verursacher eines tödlichen Autounfalls

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

13 650 Euro sind eine Menge Geld. Einerseits. Auf der anderen Seite ist der Betrag recht gering, wenn man ihn als Strafe dafür bezahlen muss, dass man versehentlich einen anderen Menschen totgefahren hat. Zu diesem Schluss kam am Dienstag ein 28 Jahre alter Brucker, der wegen eines von ihm verursachten tödlichen Unfalls auf der Bundesstraße 471 wegen fahrlässiger Tötung auf der Anklagebank des Brucker Amtsgerichts saß. Dass es überhaupt zu einem Verfahren gekommen war, lag daran, dass der 28-Jährige einem entsprechenden Strafbefehl über 210 Tagessätze zu je 65 Euro widersprochen hatte. Am Dienstag zog er seinen Einspruch dann nach einer Beratung mit seinem Anwalt gleich zu Prozessbeginn zurück. Ansonsten hätte ihm womöglich eine schwerere Strafe gedroht, wie der Vorsitzende Richter andeutete.

Der Unfall ereignete sich am 30. November vergangenen Jahres, einem Sonntag. Gegen 14 Uhr kam der Angeklagte auf der B 471 mit seinem Auto zwischen den Ausfahrten Fürstenfeldbruck - Mitte und Neulindach auf die Gegenfahrbahn. Das erste entgegenkommende Fahrzeug konnte noch ganz weit nach rechts ausweichen, touchierte den Wagen des Bruckers aber. Der drehte sich und kollidierte frontal mit dem zweiten Auto auf der Gegenspur. Der 69-jährige Fahrer starb kurz darauf, seine vier Jahre jüngere Frau kam schwer verletzt für mehrere Wochen ins Krankenhaus. Da außer ihr noch drei weitere Verkehrsteilnehmer verletzt wurden, lautete die auf den Strafbefehl basierende Anklage auf fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung in vier Fällen. Die Bundesstraße war damals in beide Richtungen mehrere Stunden gesperrt.

Nachdem der Staatsanwalt die Anklage verlesen hatte, ergriff der Verteidiger für den Angeklagten das Wort. "Es gab eigentlich keinen Grund für den Unfall", erklärte er. Weiteres könne sein Mandant zur Aufklärung des Unfallhergangs nicht beitragen, da er sich an nichts mehr erinnern könne. Der Vorsitzende Richter Martin Ramsauer verwies auf die Aussage von Zeugen, denen zufolge es Hinweise darauf gebe, dass der 28-Jährige damals in Sekundenschlaf gefallen ist. Diese erwähnte die Polizei bereits in ihrem Bericht wenige Tage nach dem Unfall. Demnach hatten einige Personen beobachtet, dass das Auto des Bruckers über eine Strecke von 100 Meter allmählich auf die Gegenfahrbahn geraten war. Nach Interpretation der Polizei ist das ein Indiz für Übermüdung, Sekundenschlaf oder Medikamenteneinfluss.

Dieser Hinweis des Richters war juristisch nicht ganz unbedeutend. Denn ergäbe die Verhandlung, dass der Angeklagte nicht allein aus einer kurzen Unkonzentriertheit heraus die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren hat, etwa weil ihn etwas abgelenkt hat, sondern weil er übermüdet war oder kurz eingenickt ist, müsste das Verhalten des Bruckers nicht "nur" als fahrlässige Tötung geahndet werden, sondern zusätzlich, also in Tateinheit, auch als fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung. Der Gesetzgeber unterscheidet nämlich zwischen einfachem menschlichen Versagen und einer bewusst in Kauf genommenen Gefahr. Denn auch wenn es Sekundenschlaf heißt, ist derjenige in aller Regel bereits davor nicht richtig ausgeschlafen und merkt das auch. Wenn sich ein Mensch in diesem Zustand dennoch ans Steuer setzt, nimmt er also zumindest fahrlässig in Kauf, den Straßenverkehr zu gefährden. Für den Angeklagten würde diese rechtliche Einschätzung konkret bedeuten, dass sowohl die Geldstrafe als auch der Entzug der Fahrerlaubnis höher ausfallen.

Was genau der Rechtsanwalt dem 28-Jährigen während der Beratung sagte, ist nicht bekannt. Doch vermutlich erläuterte er auch die rechtlichen Auswirkungen, die es haben könnte, wenn das Verfahren zu Ende gebracht würde. Jedenfalls gab er danach im Sitzungssaal bekannt, dass sein Mandant seinen Einspruch zurücknehmen werde. Die neun geladenen Zeugen und die Sachverständigen wurden daraufhin vom Richter verabschiedet. Da der Strafbefehl somit rechtskräftig wurde, zog er die Fahrerlaubnis des Bruckers für drei Monate ein.

© SZ vom 30.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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