Für die Löwen:Ein einziges Endspiel

Lesezeit: 2 min

Haben genug Gesprächsstoff: Fans und Präsidiumsmitglieder des stets gebeutelten Fußballklubs 1860 München im Olchinger "Daxerhof". (Foto: Günther Reger)

Präsidiumsmitglieder des TSV 1860 stellen sich in Olching den leidgeprüften Fans

Von Karl-Wilhelm Götte, Olching

Das Leiden hat ein Ende, jedenfalls an diesem Abend. Der TSV 1860 München hatte am Nachmittag im Zweitliga-Kellerduell gegen Fortuna Düsseldorf mit 3:2 gewonnen und die 20 Personen beim Fantreffen der "Löwen" mit Präsidiumsmitgliedern im Olchinger "Daxerhof" sind bester Laune. Jedenfalls kurzfristig. "Auf die Löwen" rufen alle im Chor und prosten sich zu. Doch kurz darauf kommen die Anwesenden auf die Probleme im Verein und auf die Zukunft des Münchner Traditionsklubs zu sprechen, die immer noch ungewiss ist. Selbst die beiden beteiligten Vizepräsidenten können da nicht weiter helfen. Auch sie müssen auf das Wirken von Investor Hasan Ismaik vertrauen, der seit 2011 Geld zuschießt.

Initiator des Löwen-Fantreffens war der immer sonnengebräunte "Obststandl-Didi", der am Münchner U-Bahnausgang Universität Obst und Gemüse verkauft. Auch gegen den Nickname "Sechziger-Didi" hätte Dieter Schweiger, wie er heißt, überhaupt nichts. Der 57-Jährige ist seit vielen Jahrzehnten ein leidenschaftlicher Sechziger. "Wir steigen nicht ab. Wie kommen wir dazu?", sagt er so nachdrücklich, dass man sich nicht zu widersprechen traut. Schweiger stand im Kontakt mit Peter Helfer, dem Wirt vom "Daxerhof", der auch Vizepräsident beim TSV 1860 ist. "Der heutige Sieg war der erste Schritt zum Klassenerhalt", verkündete Helfer am großen Fantisch. Eine Prognose für das nächste Auswärtsspiel hatte er auch gleich parat: "Dort werden wir nicht verlieren." Dafür gab es spontanen Beifall.

Helfer nahm erst einmal die Bestellungen für Bier und Haxn auf, als Löwen-Fan Christian Schmidt doch ernste Zweifel äußerte, ob die Mannschaft den Klassenerhalt schaffen könnte. "Die Mannschaft ist ein Wildgehege", sagt er, "die ist untrainierbar und keine Einheit." Die anderen Besucher wollen an einem Siegerabend davon nichts wissen. Interessanter war für sie, ob die Ankündigung von Investor Ismaik ein neues Stadion mit benachbarten Löwenzoo zu bauen, eine reale Grundlage hat. Der 39-jährige jordanische Geschäftsmann hatte vor fünf Jahren für 18 Millionen Euro 60 Prozent der Anteile der Kapitalgesellschaft des Vereins gekauft und den Club vor der Pleite gerettet. "Das ist ein Witz von Ismaik", meinte Fan Rudi sofort. "Für die Kinder wäre der Zoo ganz nett", erwiderte eine Frau am Tisch.

"Ich könnte mir vorstellen, dass er es macht", hielt "Obststandl-Didi" dagegen. "Das Geld hat er." Aber Ismaik ist für die Löwenfans und Funktionsträger nicht kalkulierbar. "Wir wissen ja nichts von ihm", sagt Didi. Auch Helfer und sein anwesender Präsidiumskollege Hans Sitzberger werden vom Investor zumeist übergangen. Seine Idee eines Stadions für 50 000 Zuschauer mit einem Löwenzoo hatte er nicht ihnen, sondern einer Fanversammlung unterbreitet. "30 000 Zuschauer reichen in der 2. Bundesliga", plädierte Sitzberger für eine kleinere Arena. Auch Helfer ist überzeugt: "Bei 30 000 wäre auch der Run auf die Karten größer." Einig war man sich am Tisch, dass man aus der Allianz-Arena des FC Bayern München sobald wie möglich raus müsse. "Bayern gehört da alles", so Schweiger. Die haben uns alles abgekauft. "Uns fehlen da die Einnahmen", erläuterte Sitzberger noch einmal das Dilemma des Arena-Mieters 1860 München. "Wir bekommen nichts für Zuschauer in den Logen, keine Gelder aus den Einnahmen der Parkhäuser und auch nichts vom Verkauf der Würstchen und Getränke."

Etwa drei Millionen Euro müssen die Löwen pro Jahr berappen. Genaueres wollten Helfer und Sitzberger, erst seit November im Amt, den Fans nicht mitteilen. Sie trauern dem Verkauf der Anteile für nur elf Millionen Euro im Jahre 2008 nach. "Die wären heute viel mehr wert", so Helfer. Auch das vereinbarte Rückkaufsrecht wurde von den ständig klammen Löwen für 1,5 Millionen Euro "verscherbelt", was alle am Tisch immer noch aufregt. Doch das sei Schnee von gestern. Jetzt gibt es nur noch "Herzklappenspiele", wie sie Schmidt nannte und Helfer ergänzte: "Jedes der kommenden elf Spiele ist ein Endspiel." Na dann, prost!

© SZ vom 29.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: