Frühjahr:Pyramidenkrone oder Öschbergschnitt

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Gartenfachberater Horst Stegmann erklärt, warum man Obstbäume jetzt in Form bringen sollte

Von Ingrid Hügenell, Fürstenfeldbruck

Seit hundert Jahren werden Gärtner in Bayern fachkundig beraten - von den Kreisfachberatungen für Gartenkultur und Landespflege. Anlässlich des Jubiläums, und weil das Thema zur Jahreszeit passt, hat Fachberater Horst Stegmann sich über die Philosophie des Obstgärtners und den Winterschnitt an Obstbäumen Gedanken gemacht.

Die Formen, die Bäume haben können, nachdem der Gärtner sie geschnitten hat, tragen fantasievolle Namen: "Dreiastkrone" etwa, "Pyramidenkrone" oder "Öschbergschnitt". "Obstgärtner können stundenlang über den richtigen Schnitt der Obstbäume streiten", weiß Stegmann. Dabei könne das Fachvokabular für Laien genauso verstörend sein wie die Leidenschaft, mit der die manchmal ins Philosophische gehenden Ansichten vertreten werden. Vielleicht, mutmaßt Stegmann, liege das daran, dass sich die Gärtner durch ihr Arbeiten mit der Natur deren Wesen verbundener fühlten als andere Menschen. "Aber auch die Experten für den Obstbaumschnitt werden nie eine allgemein gültige Antwort finden", erklärt der Experte.Dazu seien die Natur und auch jeder einzelne Baum zu variabel.

So reagiere jede Apfelsorte unterschiedlich auf Schnittmaßnahmen. Unbestritten ist Stegmann zufolge aber, dass Obstbäume, von denen Gesundheit, ein regelmäßiger Ertrag, reiche Ernte und Langlebigkeit erwartet werden, regelmäßig geschnitten werden müssen. "Das ist neben der richtigen Sorten- und Standortwahl der wichtigste Faktor."

Dabei sollte im Hausgarten und in der freien Landschaft nach der "naturgemäßen Methode" vorgegangen werden. So würden natürliche Wuchsgesetze beachtet, der Baum bleibe in seiner Gestalt weitgehend erhalten. Unbestritten ist laut Stegmann auch, dass jetzt die beste Zeit für den Winterschnitt ist. Früher habe man oft zu früh mit den Schnittarbeiten begonnen. Das habe rein praktische Gründe gehabt: Man hatte im Januar viel Zeit, während im März schon andere Gartentätigkeiten und Planungen laufen müssen.

Die richtige Stelle finden wollen Hobbygärtner, um einen Ast an einem Obstbaum so zu schneiden, dass er sich möglichst gut entwickeln kann. Wie das geht, lernen sie in Kursen. (Foto: Patrick Pleul/dpa)

Nun wisse man aus wissenschaftlichen Untersuchungen, dass die Wundheilung besser vonstatten gehe, wenn der Schnittzeitpunkt näher an die Vegetationszeit rückt. Optimal verlaufe die Heilung der Schnittwunden in der Regel im April. Dann allerdings seien die Knospen schon recht weit entwickelt. "Also ist der Zeitraum von Mitte Februar bis Ende März ein guter Kompromiss", erklärt Stegmann. Das gelte uneingeschränkt für Kernobst (Apfel, Birne, Quitte), wohingegen bei Steinobst (Kirsche, Zwetschge) ein späterer Schnitt bis in die Blüte hinein oder auch im Sommer von Vorteil sei.

Generell empfiehlt Stegmann für alle Baumobstarten, den Winterschnitt durch einen Sommerschnitt ab Anfang August zu ergänzen. Zudem gibt es auch den "Sommerriss", bei dem noch krautige, nicht verholzte schwache Triebe zwischen Daumen und Zeigefinger am Ansatz geknickt und abgerissen werden. Vorteil: Die sogenannten "schlafenden Augen" trieben nicht aus und damit sei die Gefahr eines unerwünschten Nachtriebs an dieser Stelle vermindert. Die unschön ausgefranste Wunde heilten im Sommer schnell aus.

Kreisfachberater Horst Stegmann gibt Tipps zum Obstbaumschnitt (Foto: Privat/OH)

"Es ist ausgesprochen mutig, seinem Obstbaum ohne entsprechende Vorbildung und Erfahrung mit Schere und Säge zu Leibe zu rücken", sagt Stegmann. Die Natur verzeihe vieles, aber doch nicht alles. Deswegen rät er dringend dazu, einen Obstbaumschnittkurs in Theorie und Praxis zu besuchen. Entsprechende Kurse werden unter anderem von Volkshochschulen und Gartenbauvereinen angeboten.

© SZ vom 26.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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