Förderung von Nachwuchsmusikern:Sensible Rhinozerosse

Lesezeit: 2 min

An den Musikschulen im Landkreis beginnt die Karriere, egal ob die Nachwuchskünstler Profi werden wollen oder nicht. Dort müssen sie auch auf die harte Realität des Berufs vorbereit werden

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Die Geige gehört bis heute zu den beliebtesten klassischen Musikinstrumenten, entsprechend groß ist die Konkurrenz. (Foto: Catherina Hess)

Tausende junger Menschen im Landkreis lernen Jahr für Jahr ein Instrument, alleine die Kreismusikschule hat mehr als 2600 Schüler. Viele von ihnen sehen die Musik freilich nur als Hobby, doch einige stellen sich irgendwann die Frage, wie weit es mit der Musik für sie gehen kann. So sind 450 Schüler der Kreismusikschule Mitglieder in einem der renommierten Ensembles wie dem Puchheimer Jugendkammerorchester, dem Ensemble Roggenstein oder den Bluestrings. Etwa 60 Nachwuchsmusiker sind für den Regionalwettbewerb von Jugend musiziert 2016 angemeldet. Diese enormen Zahlen machen schnell deutlich, dass für viele der jungen Musiker eine Profikarriere unerreichbar ist. Aber wer sollte es überhaupt versuchen? Mit dieser Frage müssen sich Schüler, Eltern und Lehrer gleichermaßen beschäftigen.

Für Angelika Lutz-Fischer, die Leiterin der Kreismusikschule geht es vor allem darum, allen Schülern den passenden Unterricht zu geben und ein ideales Umfeld zu bieten. Im Laufe ihrer Ausbildung würden die Schüler meist selbst merken, ob ein Studium für sie in Frage komme, sagt Lutz-Fischer. "Durch die jahrelange Vorbereitung lernen die Schüler die Härte des Berufs kennen und wissen, worauf sie sich einlassen. Mit unseren Lehrern stehen ihnen dabei erfahrene Kräfte zur Seite." Ähnlich beurteilt Thomas Braun die Situation. Er ist Leiter des Vereins Dreiklang, der in der Region München mehrerer private Musikschulen betreibt, alleine im Landkreis hat er 600 Schüler. "Ich glaube, die Kinder spüren selbst schnell, wo sie sich einordnen müssen. Sie nehmen an Wettbewerben teil und sehen, wo sie im Vergleich zu anderen stehen", sagt Braun, "so blind, dass man sich völlig falsch einschätzt, ist eigentlich fast niemand". Und Lutz-Fischer ergänzt, dass Schüler, etwa durch das Internet, heute viel besser über die Realität und Härte der Branche informiert sind, als es noch zu ihrer Studienzeit in den Siebzigern gewesen sei.

Essay zur Talentförderung
:Nicht jeder Begabte kann es schaffen

Nur wenige hoch talentierte junge Musiker werden in Zukunft angemessene Beschäftigungen finden

Von Klaus Mohr

Wer zu den wenigen Hochbegabten gehört, bekommt an der Kreismusikschule eine besondere Förderung. Statt sich den Unterricht mit anderen Schülern teilen zu müssen, gibt es für sie ganze Unterrichtsstunden, sie haben außerdem die Möglichkeit Theorieunterricht zu besuchen - kostenlos. Eine Förderklasse gibt es an der Kreismusikschule momentan nicht, dafür sind die Subventionen zu gering. Anders bei Dreiklang. Dort gibt es eine solche Klasse mit 40 bis 50 Schülern. Wer dort aufgenommen wird, das bestimmt eine externe Jury. Auch hier bekommen die Schüler zusätzlichen Unterricht, Theorieschulungen, Ausflüge. Zwei bis vier Schüler schaffen es jährlich von der Kreismusikschule in ein musikalisches Studium, bei Dreiklang sind es zwei bis drei.

Einig sind sich Lutz-Fischer und Braun darin, dass man genau schauen muss, wen man zu einem musikalischen Studium motiviert. "Wenn jemand zu mir kommt und sagt, er will Orchestermusiker werden, dann bin ich sehr skeptisch. Aber wenn es um ein Studium zum Musiklehrer geht, finde ich das meistens sehr gut", sagt Braun. Und Lutz-Fischer betont, dass es nicht nur um musikalisches Talent geht: "Die Aufnahmeschwelle ist zurecht hart. Es überleben nur die Besten, denn auch die körperliche und psychische Belastung ist enorm. Man braucht die Sensibilität eines Künstlers und muss gleichzeitig ein Rhinozeros sein."

Frank Wunderer, der junge Jazz-Streicher ausbildet, ist optimistischer als seine Kollegen, allerdings nur bezogen auf seine Sparte. "Da ist die Konkurrenz nicht so groß und ein Studium erfolgsversprechender." Allerdings macht er seinen Schülern klar, dass sie breit aufgestellt sein müssen. die Arbeit als Musiker in einer Band müssen sie genauso beherrschen wie etwas anderes, etwa Musiktherapie, Theatermusik, Unterricht. "Wenn sie das beherzigen und die Musik lieben, warum sollte ich sie dann nicht motivieren? Und was sollen sie sonst machen? Der 30. Versicherungsvertreter oder Finanzbeamte werden?"

© SZ vom 19.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: