Flüchtlinge:Der nächste Alleingang

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Hofft doch noch auf einen Verhandlungserfolg: Erich Raff. (Foto: Reger)

Brucks Zweiter Bürgermeister Erich Raff bittet Parteifreunde der CSU in Landtag und Landratsamt um Unterstützung bei den Verhandlungen um die Asyl-Erstaufnahme. Seine Stellvertreterin informiert er nicht über den Brief

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Ein Brief an die CSU-Parteifreunde soll den Umschwung bringen: Brucks Zweiter Bürgermeister Erich Raff hofft auf deren Unterstützung, um die Regierung von Oberbayern sowie eine Stadtratsmehrheit doch noch für eine einvernehmliche Lösung rund um die Asyl-Erstaufnahmestelle am Fliegerhorst zu gewinnen. In dem persönlich an die beiden CSU-Landtagsabgeordneten Reinhold Bocklet, Alexander Dorow sowie an Landrat Thomas Karmasin adressierten Schreiben bittet Raff SZ-Informationen zufolge darum, die Angelegenheit "intern zu besprechen und zu klären."

Am Montag wollte sich keiner der beiden Landtagsabgeordneten zu dem am 14. September verfassten und am Montag verschickten Schreiben äußern, einzig Thomas Karmasin nahm Stellung und zeigte sich dabei vorsichtig optimistisch. Im Brucker Rathaus löste das Schreiben eher Unverständnis aus. Karin Geißler (Grüne), die den amtierenden, seit Donnerstag im Urlaub weilenden Zweiten Bürgermeister Erich Raff (CSU) vertritt, erfuhr von dem Brief erst durch die SZ. Ende Juni hatte es zwischen Geißler und Raff bereits in einer ähnlichen Sache Zoff gegeben. Damals hatte Raff direkt bei Verkehrsminister Alexander Dobrindt um eine Stellungnahme zu der von SPD und BBV favorisierten formalen Herabstufung der Bundesstraße 2 gebeten, ohne dies mit dem Stadtrat oder seiner Stellvertreterin abzusprechen. Weil er auch noch den CSU-Fraktionsvorsitzenden Andreas Lohde bevorzugt informiert hatte, warfen ihm andere Fraktionen Klüngelei vor. Ähnliche Vorwürfe erntete er für seine Verhandlungsführung rund um die von der Regierung geplante Umwandlung der Erstaufnahmestelle am Fliegerhorst in eine Kurzaufnahme. In der ersten Verhandlungsrunde im Juli waren lediglich CSU-Politiker anwesend, darunter auch Karmasin, Bocklet und Dorow. Dass sich Raff nun wieder exklusiv an seine Parteifreunde wendet und beispielsweise den SPD-Landtagsabgeordneten Herbert Kränzlein übergeht, löst bei Geißler Verärgerung aus - zumal Raff für eine Entscheidung auch Stadträte anderer Fraktionen jenseits der CSU für eine Mehrheit gewinnen müsse. Dabei glaubt die Dritte Bürgermeisterin ebenso wie Thomas Karmasin, dass Regierung und Stadt sich bereits sehr nahegekommen sind und eine Lösung in greifbarer Nähe liegen könnte.

In seinem Brief berichtet Raff über den "für mich frustrierenden Ausgang" der namentlichen Abstimmung. Anhand der beigefügten Liste verdeutlicht er, dass abgesehen von Rolf Eissele alle CSU-Stadträte dem Kompromissvorschlag der Regierung zugestimmt hätten. Würden drei Punkte von der Regierung berücksichtigt, so Raff sinngemäß, dann sei eine Zustimmung im Stadtrat wohl noch möglich: So soll eine genaue Betriebsbeschreibung geliefert werden. Daraus soll verbindlich hervorgehen, dass in der Kurzaufnahme Flüchtlinge etwa eine Woche und in Ausnahmefällen nicht mehr als drei Monate untergebracht werden. Zudem soll die Regierung zusagen, die Einrichtung spätestens nach zehn Jahren ganz zu schließen und auch keine vergleichbare Asyl-Unterkunft an anderer Stelle auf dem heutigen Militärareal einzurichten. Und so lange die Kurzaufnahme besteht, soll das Landratsamt auf weitere "Zuweisungen" von Asylbewerbern verzichten.

Den etwas unklar formulierten letzten Punkt hält Karmasin für erfüllbar. Sofern Raff damit meine, Bruck dürfe über die Belegung der bereits vorhandenen Unterkünfte jenseits des Fliegerhorsts nicht mit zusätzlichen Flüchtlingen belastet werden, so sei er bereit, dies zuzusichern, so Karmasin, der am Montag bereits mit Reinhold Bocklet telefoniert hatte.

SZ-Informationen zufolge hat sich eine Mehrheit der Brucker Fraktionsvorsitzenden vor knapp zwei Wochen bereits dazu durchgerungen, eine zehnjährige Betriebsgenehmigung für eine auf tausend Betten limitierte Kurzaufnahme hinzunehmen - bevor der Stadtrat vergangenen Dienstag dagegen votierte und auf maximal fünf Jahre pochte. Die Ablehnung erfolgte vor allem deshalb, weil sich die Stadträte von der Regierung nicht am Nasenring durch die Arena führen und erpressen lassen wollen, liegt doch die Drohung auf dem Tisch, andernfalls die bestehende Asyl-Erstaufnahmestelle mit 1600 Personen auszulasten - und dies unbefristet.

Karmasin will durch weitere Gespräche erreichen, dass der Freistaat Flächen, die ihm vom Bund noch vor dem endgültigen Abzug der Bundeswehr angeboten werden, exklusiv an die Stadt abgibt. Würden Freistaat oder Regierung zudem zusichern, eine Verlängerung der Betriebsgenehmigung bis maximal 2026 von einer schlüssigen Begründung abhängig zu machen, dann glaubt auch Geißler noch an einen Kompromiss. Offen ist, ob die Bezirksregierung noch verhandeln will. Der Freistaat Bayern sei "den Forderungen der Großen Kreisstadt entgegen gekommen, wo immer er Möglichkeiten sah", so Regierungssprecherin Carina Karg am Montag. Und weiter: "Es liegt nach wie vor bei der Stadt Fürstenfeldbruck, auf dieses Angebot einzugehen."

© SZ vom 20.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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