Etat:Großer Konsens

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Die Kreistagsfraktionen loben das gute Klima ihrer Zusammenarbeit. Eine komplette Zustimmung zum Haushalt verhindert allein die AfD

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Die Grünen bemühen ein Sprichwort. "Steter Tropfen höhlt den Stein", sagt Martin Runge: "Unser jahrelanges Insistieren, Mahnen, Fordern, Werben findet endlich Gehör." So zufrieden sind sie, dass sie zum zweiten Mal im Folge dem Kreishaushalt zustimmen, was aus Sicht der Grünen nicht selbstverständlich ist und bisher eher die Ausnahme als die Regel. Ein einstimmiges Ergebnis, während des 25-jährigen Wirkens von Landrat Thomas Karmasin (CSU) erst dreimal Wirklichkeit geworden, verhindert diesmal allein die AfD. Ihre beiden Kreisräte halten den roten Zettel hoch und votieren dagegen.

Der Landkreis will im nächsten Jahr 25 Millionen Euro investieren, wie Johann Thurner (FW) zusammenfasst. 13 Millionen Euro davon sollen über neue Kredite finanziert werden, aber "aus Krediten werden Schulden", warnt der Kreisfinanzreferent, als er seine schriftlich ausgereichte Rede kurz mündlich zusammenfasst. Finanziell einsteigen wird der Landkreis 2022 in die Generalsanierung des Gymnasiums Olching (kostet insgesamt 39 Millionen Euro) sowie die Erweiterung der Realschule Fürstenfeldbruck (insgesamt 35 Millionen Euro) und des Gymnasiums Gröbenzell (insgesamt sieben Millionen). Weitere knapp drei Millionen muss er für den Neubau der beiden Turnhallen am Schulzentrum in Puchheim noch bezahlen. An-, Um- und Neubauten der weiterführenden Schulen sind seit Jahren die Hauptinvestitionen des Landkreises, vom kommenden Jahr an kommt auch die Vergrößerung der KFZ-Zulassungsstelle für insgesamt sechs Millionen Euro hinzu. Thurner mahnt deshalb auch strenge Maßstäbe an. Man solle sich stets genau fragen, ob eine Investition überhaupt oder in der geplanten Größe nötig sei.

Emanuel Staffler, Vorsitzender der CSU-Fraktion, spricht dennoch von einem "Zukunftshaushalt". Er begnügt sich damit, seine Rede als DIN-A-4-Seite auszureichen. Man habe nicht aktionistisch den "dickstmöglichen Rotstift" angesetzt, sondern "wir setzen weiter Akzente", heißt es darin. Die "kommunale Schicksalsgemeinschaft", bestehend aus Landkreis, Städten und Gemeinden, habe sich nicht auseinanderdividieren lassen, lobt er die auf Konsens angelegten Haushaltsverhandlungen. Auch Martin Runge äußert sich anerkennend über das Zusammenwirken der Fraktionen und erwähnt dabei ausdrücklich den CSU-Fraktionschef.

Runge freut sich besonders darüber, dass die kreisangehörigen Städte und Gemeinden finanziell entlastet werden im nächsten Jahr, weil der Landkreis knapp drei Millionen seines Finanzbedarfs aus seinen Ergebnisrücklagen zu decken bereit ist. Das trägt dazu bei, die Kreisumlage in Grenzen zu halten, also jenen etwa hälftigen Anteil am Kreishaushalt, den die Kommunen beisteuern müssen. Auf eine Kreisumlage in Höhe von 47,51 Prozentpunkten hat man sich geeinigt, damit müssen Städte und Gemeinden insgesamt sieben Millionen weniger an den Kreis abführen als ursprünglich vorgesehen. 138 Millionen Euro sind es dennoch. Runge verdeutlicht das in seinen schriftlichen Ausführungen am Beispiel der Gemeinde Gröbenzell, deren Zweiter Bürgermeister er ist: Statt 13,1 Millionen muss Gröbenzell nunmehr 12,5 Millionen an den Kreis weiterreichen.

Petra Weber, die den Bericht des kurzfristig verhinderten SPD-Sprechers Christoph Maier in Auszügen vorträgt, betont ebenfalls, dass der Haushalt 2022 "den Kommunen Luft zum Atmen lässt" und wünscht sich, "dass wir Fortschritt wagen" - ganz so wie neuerdings das Motto der Sozialdemokraten lautet. Auch Landrat Thomas Karmasin (CSU) unterstreicht, dass sich der Landkreis "ordentlich Mühe gegeben hat, den Kommunen Spielraum zu lassen". Er hoffe aber, dass sich diese ihrerseits daran erinnern, "wenn der Kreis sie einmal besonders braucht".

Grüne und auch Jakob Drexler als Sprecher der UBV-Fraktion äußern sich zufrieden damit, dass "das jahrelange hartnäckige Durchforsten des Personalstands nun Früchte trägt", wie Drexler es formuliert. Die Grünen reklamieren es als Erfolg ihrer Bemühungen, dass künftig regelmäßig alle nichtbesetzten Planstellen des Landkreises, die innerhalb von zwei Jahren nicht abgerufen oder besetzt werden konnten, auf ihre Notwendigkeit hin überprüft werden, wie es Runge in der schriftlichen Version seiner Rede zusammenfasst. Mehr als 40 Millionen Euro lässt sich der Landkreis jährlich sein Personal kosten.

Sandra Meissner, Chefin der FW-Fraktion, betont, dass der Kreishaushalt die Ziele der Freien Wähler wiedergebe. Als Beispiele nennt sie jene zwölf Millionen Euro, die in die Schulen investiert werden, das gemeinsame neue digitale Kompetenzzentrum und die Gründung einer Energieagentur. Carmen Greiff (ÖDP) trägt erstmals eine Haushaltsrede vor. Sie hat ihn als Brief an Landrat Karmasin abfasst. Absender: das Klima. Jörn Weichold, einziger Kreisrat der Linken, sagt lediglich, sich den Vorrednern anschließen zu wollen, der inzwischen parteilose vormalige AfD-Kreisrat Christian Müller, der ebenfalls Rederecht gehabt hätte, ist nicht da und Ulrich Bode (FDP) betont einmal mehr, dass sich die Wirtschaftskraft im Landkreis künftig deutlich stärker entwickeln müsse. Darauf weist auch Kreisfinanzreferent Thurner hin: Nur 32 Prozent bringe die Gewerbesteuer im Landkreis bei, 55 Prozent kämen aus der Einkommensteuerbeteiligung. "Der Landkreis und seine Kommunen haben ein strukturelles Problem", schlussfolgert Thurner daraus.

Einzig die beiden verbliebenen AfD-Kreisräte lehnen das Ergebnis der Beratungen aus den vergangenen Wochen ab. "Irgendwann sollte man mal anfangen mit den Einsparungen", fordert ihr Sprecher Rolf Ertel in der schriftlichen Fassung seiner Haushaltsrede.

© SZ vom 18.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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