Erfolg im Beruf:Anleitung zur Selbstoptimierung

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Redner und Publikum begeistern sich auf dem Kongress "Young Rockets" in Fürstenfeld aneinander. Ihr Mantra sind die Regeln für ein erfolgreiches Berufsleben. Den Kontrapunkt setzen Timo Hildebrand und Serkan Eren, die Hilfsprojekte organisieren

Von Valentina Finger, Fürstenfeldbruck

Mit 49 Jahren haben Constanze und Carolin bereits einige Karriereschritte hinter sich: Constanze als Angestellte in der Textilbranche, Carolin mit ihrer eigenen Zahnarztpraxis. Dennoch soll sich im Werdegang der beiden noch einiges tun. Während sich Constanze persönlich weiterentwickeln möchte, plant Carolin, neben ihrem Hauptberuf ins Marketing-Geschäft einzusteigen. Um inspirierende Impulse für ihre jeweiligen Vorhaben zu bekommen, sind beide Frauen von Zwickau nach Fürstenfeldbruck gereist. Dort fand am Wochenende der Erfolgskongress "Young Rockets" statt. In Vorträgen und Podiumsdiskussionen von und mit Rednern aus unterschiedlichen Bereichen des Unternehmertums bekamen die Besucher einen Tag lang Erfolgsgeschichten sowie Strategien für den eigenen beruflichen und privaten Erfolg aufgezeigt.

Constanze und Carolin gehören eher zur Randzielgruppe. Im Kern richtet sich die Veranstaltung an Menschen zwischen etwa 20 und 35 Jahren, die ins Berufsleben einsteigen oder sich steigern wollen. Als Aushängeschilder für gelungene Selbständigkeit in jungen Jahren fungieren die beiden Gründer von "Young Rockets" selbst: der Unternehmensberater Lauri Kult und der Fitness-Franchisenehmer Benjamin Dasch. Sie haben das Konzept erstmals im vergangenen Jahr in München realisiert. Ein "großartiger Event für großartige Menschen" sei das Ziel gewesen, betont Kult in seinem Vortrag. Generell scheint alles an diesem Tag großartig zu sein: Die Redner werfen mit Superlativen um sich, werden vom Publikum mit enthusiastischem Beifall bestärkt, und zwischen den Vorträgen springen die sogenannten Einheizer, zwei junge Männer mit großartiger Laune, auf der Bühne umher und animieren sämtliche Besucher im Saal, es ihnen gleich zu tun.

Die Vortragenden sprechen viel von Zielorientiertheit, Emotionskontrolle und Work-Life-Balance. Nichts soll dem Zufall überlassen bleiben, auch nicht die Stimmung bei "Young Rockets". Die Veranstaltung fühlt sich an wie eine Kombination aus Verbindungsparty und Motivationstraining. Dabei hat die Begeisterung für die Menschen auf der Bühne etwas von einem Guru-Kult. Das alles erscheint etwas befremdlich, wenn man sich nicht von dem Geist des Kongresses mitreißen lässt. Aber es funktioniert. Etwa 350 junge Leute, vom Sakko- bis zum Baseballcap-Träger, füllen den Stadtsaal des Veranstaltungsforums. In der Luft hängt nicht nur der Traum vom Chefsessel in einem Großkonzern, sondern auch die Mentalität der lockeren Start-up-Kultur. Mit so einem möchte Tobi durchstarten. Er und seine Geschäftspartner sind im Sommer mit ihrem aufblasbaren Dachgepäckträger in den Vertrieb gegangen. Doch der Anfang ist schwer. "Es motiviert, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen, und zu hören, wie sie solche Hürden gemeistert haben", sagt der 31-Jährige vom Chiemsee.

Neben dem Input durch die Redner ist diese Art des Networkings ein Mehrwert der Veranstaltung. Die Höhenflug-Kultur im Herzen des Kongress-Spektakels passt sicher nicht zu jedem. Doch dass junge Menschen in ihrem Leben erfolgreich sein wollen, ist an sich eine gute Sache. Ebenso wenig ist es verkehrt, sich dafür an Vorbildern zu orientieren. Und wenn es einem nun mal hilft, immer wieder gesagt zu bekommen, dass man seine Ziele mit der richtigen Einstellung erreichen kann, dann hat sich das Ticket für "Young Rockets" gewissermaßen gelohnt.

Das Programm ist bewusst kontrovers gestaltet worden. Und so endet es auch. Mit dem stärksten Kontrast. Zunächst gibt es den Vortrag des Youtube-Unternehmers Karl Ess, der auf Egoismus, "aggressiven Kapitalismus" und Masse vor Qualität setzt. Im Anschluss an den Auftritt von Ess lädt Lauri Kult den ehemaligen Torwart der Fußball-Nationalmannschaft, Timo Hildebrand, und Serkan Eren zum Gespräch, für dessen Hilfsorganisation sich Hildebrand engagiert. "Das hier mag der falsche Rahmen sein, um das zu sagen", sagt Eren lachend, der den Lehrerberuf aufgegeben hat, um benachteiligten Menschen zu helfen, "aber für mich gibt es Wichtigeres als die Genugtuung auf dem Bankkonto." Erens Geschichte wirkt fehl am Platz nach den stundenlangen Wegweisern zur Selbstoptimierung. Und doch ist sie der perfekte Abschluss. Denn auch Eren leitet ein erfolgreiches Unternehmen. Nur geht es bei diesem nicht um das eigene Wohl, sondern um das anderer Menschen.

© SZ vom 27.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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