Entscheidung im Gemeinderat:Maisach will BMW nicht im FFH-Gebiet

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Das BMW-Testgelände von der Umgehungsstraße aus Richtung Fliegerhorst. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Gemeinderat lehnt auf Antrag von Bürgermeister Hans Seidl die mögliche Erweiterung des Fahrsicherheitszentrums ab. Der Autobauer zeigt sich von der Entscheidung überrascht

Von Erich C. Setzwein, Maisach

Wenn es nach dem Willen des Maisacher Gemeinderates geht, wird BMW sein Fahrsicherheitszentrum auf dem Fliegerhorst nicht erweitern können. Das Gremium folgte in seiner Sitzung am Donnerstagabend einstimmig einem Antrag von Bürgermeister Hans Seidl (CSU), der aus ökologischen, wirtschaftlichen und städtebaulichen Überlegungen die Erweiterung der Teststrecke ins Fauna-Flora-Habitat-Gebiet ablehnt. Seidls Schritt überraschte den Betreiber des Fahrsicherheitszentrzum, die BMW Group Driving Academy: "Dieser Schritt erfolgte ohne vorherige Diskussion mit der BMW Group" heißt es in einer Stellungnahme vom Donnerstag.

"Es ist für mich eine Gewissensfrage geworden", fasste Seidl seine Ansichten über die Erweiterungspläne von BMW zusammen. Zwar sähen die letzten Entwürfe einen neu zu bauenden Rundkurs auf einer Fläche von nur mehr 75 Hektar vor, doch auch das sei ihm zu viel. Seidl erinnerte den Gemeinderat aber auch daran, dass das Gremium seinerzeit einstimmig dafür gewesen sei, BMW eine Fläche von 130 Hektar für den sogenannten Handlingkurs zur Verfügung zu stellen.

In seinem Antrag dankte er BMW für die Standortentscheidung zugunsten des Fliegerhorstes, weil ohne die Ansiedlung des Fahrsicherheitszentrums ein Flugplatz für die allgemeine Luftfahrt nicht hätte verhindert werden können. "Deshalb bin ich uneingeschränkt der Meinung, dass wir die Nutzung der vorhandenen Anlagen und das Bestandsgelände in der bisherigen Form, jedoch mit einer Emissions-Optimierung zum Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger, weiterhin zulassen sollen", formuliert Seidl in seinem Antrag.

Seidl ist Mitunterzeichner des städtebaulichen Vertrags zwischen BMW, der Stadt Fürstenfeldbruck und der Gemeinde Maisach, der Grundlage für die weitere Entwicklung von BMW am Fliegerhorst sein sollte. Das von BMW errichtete Gebäude des Fahrsicherheitszentrums liegt in Fürstenfeldbruck, ein geplanter weiterer Neubau sollte als Lärmriegel dienen, wenn die Bundeswehr abgezogen ist und die Stadt dort Wohnungen bauen will. Der ehemalige Flugplatz samt Vorfeld hingegen liegt auf Maisacher Gemeindegebiet, also jene Flächen, auf denen jetzt BMW-Kunden bei Fahrten Sicherheitsunterweisungen bekommen. Seidl gesteht BMW den Betrieb dort weiter zu, wenn der Lärmschutz gewährleistet werde, alles andere aber "kann ich nicht mehr mittragen". Er wolle den "Bestand erhalten, aber den Wert des FFH-Gebietes schützen".

Volle Unterstützung bekam Seidl als erstes von Gottfried Obermair, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler. Auch er könne eine Erweiterung in die FFH-Fläche nicht mittragen, sagte Obermair. Er berichtete von Bürgern aus Gernlinden, die Angst vor einer "Hochgeschwindigkeitsstrecke" hätten, außerdem sei er "als Gemeinderat irritiert, aus der Presse von der Erweiterung ins FFH-Gebiet zu erfahren". Ebenso unklar sei ihm bislang gewesen, dass PFC-haltiger Löschschaum auf dem Flugplatz verwendet worden sei. Obermair forderte deshalb einen umfassenden Sachstandsbericht, um über die weitere Entwicklung auf dem Fliegerhorstgelände beraten zu können. "Wo stehen wir, was können wir machen?", waren seine Fragen.

Dass der Gemeinderat bislang stets über die Verhandlungen mit BMW in Kenntnis gesetzt und auch über den städtebaulichen Vertrag informiert worden sei, betonte Seidl nachdrücklich und bot an, jedes Protokoll mit Teilnehmerliste und Entscheidung dazu vorzulegen. Der Bürgermeister verwahrte sich gegen Vorwürfe, vor allem vom Bund Naturschutz, alles sei nichtöffentlich behandelt worden. Er kritisierte darüberhinaus die Bezeichnung "Rennstrecke" durch die Naturschützer, weil sie damit Unruhe ausgelöst hätten.

Seidl zeigte sich enttäuscht darüber, dass es nicht gelungen sei, BMW zu einer Investitionszusage zu bewegen, um über das Fahrsicherheitszentrum hinaus Arbeits- und Ausbildungsplätze zu schaffen. Namhafte Vertreter der BMW AG hätten gesagt, "dass BMW niemals eine Forschungs- bzw. Produktionsstätte dort ansiedeln würde, wo ein Kundentraining stattfindet", so Seidl in seinem Antrag. Sollte also nur das Fahrertraining bleiben, sehe er "langfristig keinen ausreichenden wirtschaftlichen Nutzen für die Gemeinde Maisach und die Region entstehen".

Bürgermeister und Gemeinderat geht es anscheinend in erster Linie um den ökologischen Schaden, den eine Erweiterung der BMW-Teststrecke verursachen könnte. Er sei während des Baus der Südumfahrung oft auf dem Gelände gewesen, berichtete Seidl dem Gemeinderat, und habe dort den Wert erkannt, den die schützenswerten Flächen für die weitere Entwicklung von Maisach hätten.

Welche Konsequenzen BMW zieht, ist noch nicht bekannt. Eine Sprecherin sagte: "Aktuell werden wir alle Optionen prüfen und die Folgen dieser Entscheidung in Maisach bewerten. Bislang hat BMW noch keine konkrete Planung vorgelegt."

© SZ vom 05.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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