Empörung bei Musikschulen:Grafing verbreitet falsche Zahlen

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Wie viel Geld geben Gemeinden für die Musikschulen aus? Diese Frage hat die Stadt Grafing in einer Statistik zusammengefasst - die auch noch fehlerhaft ist.

T. Rienth

Unter Bayerns Musikschulen herrscht Aufregung: Die Stadt Grafing hat eine Umfrage in zahlreichen Rathäusern über deren Ausgaben für die musikalische Bildung gestartet und die Ergebnisse im Internet veröffentlicht. Die Musikschulen fühlen sich dadurch bloß gestellt und fürchten um ihre Zuschüsse. Ihr Landesverband beklagt die "sehr fehlerhafte Auswertung".

Schnuppertag in der Grafinger Musikschule (Archivfoto): Die Musikschulen fühlen sich von der Stadt Grafing bloßgestellt. (Foto: Renate Schmidt)

Insgesamt 63 Städte und Gemeinden antworteten auf die Anfrage aus dem Grafinger Rathaus. Sie lieferten Informationen über Zuschüsse und Raumnutzung und schlüsselten die kommunalen Zahlungen nach Teilnehmern und Einwohnern auf. Ein Mitarbeiter der Grafinger Stadtverwaltung fügte die Auskünfte in einer Tabelle zusammen und schickte sie nach Informationen der SZ an den Bayerischen Städtetag. Außerdem waren die Ergebnisse auf der Homepage der Stadt abrufbar.

Der Ärger darüber ist bei den Musikschulen groß. "Jede Gemeinde schaut jetzt sofort, ob sie eher viel oder wenig zahlt", beklagt sich Grafings Musikschulleiter Peter Pfaff und warnt: Kommunen, die weit oben auf der Liste steht, dürften versucht sein, ihre Ausgaben zu senken - schließlich hätten sie mit der Grafinger Tabelle eine Begründung "schwarz auf weiß". Dabei sei die Tabelle falsch.

Das bestätigt der Verband Bayerischer Sing- und Musikschulen (VBSM). Dessen Vorsitzender Wolfgang Greth sagt: "Die Tabelle weist so gravierende Mängel in Erfassung und Auswertung von Daten auf, dass wir von einer Verwendung dringend abraten." Die Grafinger Ergebnisse seien zwangsläufig "unrichtig" und daher "sowohl für Vergleiche als auch für Durchschnittsrechnungen ungeeignet".

Verfälscht würden die Ergebnisse vor allem dadurch, dass sich unter den ausgewerteten Gemeinden auch Einzelorte aus größeren Trägergemeinschaften befinden oder gar Orte, die überhaupt keine Musikschulen unterhalten. Zudem weisen die Grafinger Zahlen laut Musikschulverband Recherche- und Methodenfehler auf: "Die Höhe der aufgeführten kommunalen Zuschüsse entspricht teilweise nicht dem angegebenen Ort oder den angegebenen Schülerzahlen, da sie mit den Werten größerer Einheiten wie zum Beispiel Kreismusikschulen vermischt worden sind."

Verwunderung beim Musikschulverband

Teilweise sei sogar der Wert Null in die Auswertung eingeflossen - wohl als Platzhalter, weil manche Gemeinde nicht überall Angaben machte. Außerdem unterscheide die Erhebung nicht zwischen der Anzahl der Schüler und den eigentlich kostenverursachenden Fachbelegungen, etwa wenn ein Schüler mehrere Unterrichtsangebote wahrnimmt. Allein dies verursacht laut Verband Abweichungen von bis zu 30 Prozent.

Grafings Schulleiter Pfaff ist ein Rätsel, warum sich die Stadt nicht gleich an den Verband Bayerischer Sing- und Musikschulen gewandt hat. Der habe genau für solche Fälle eine "höchstverlässliche Datenbank" und ein standardisiertes Berichtsbogenverfahren, das tatsächliche Vergleiche ermögliche - kostenlos. "Diese Aufschlüsselung hält sogar dem Rechnungshof stand", sagt Pfaff.

Warum Grafing auf eigene Faust die Statistik erstellt hat, ist noch unklar. Zweite Bürgermeisterin Susanne Linhart (CSU), die Rathauschef Rudolf Heiler (FW) zurzeit vertritt, sagte am Montag der SZ, sie habe den Auftrag zur Erstellung der Liste nicht erteilt. "Und soweit ich weiß, auch nicht Herr Heiler." Den zuständigen Mitarbeiter nimmt Linhart in Schutz. Der habe "auf keinen Fall in böser Absicht gehandelt" und sogar darum gebeten, "sich zu melden, wenn irgendwelche Fehler auffallen". Mittlerweile ist die Liste auch von der Internetseite der Stadt genommen.

Musikschulleiter Pfaff ist trotzdem empört. "Es hat uns sehr getroffen, wie mit dieser Tabelle regelrechte Stimmung gegen uns gemacht wird." Die falschen Zahlen seien ein "weiterer Baustein in einer langen Serie von zermürbenden Vorfällen". Schon länger werde in Grafing versucht, "einen Keil zwischen die Musikschule und die Vereine zu treiben."

© SZ vom 05.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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