Eichenau:Wenn die Helfer Hilfe brauchen

Lesezeit: 3 min

Nach außen ist die Feuerwehr Eichenau eine erprobte Truppe. Doch der innere Zusammenhalt drohte wegen der zunehmenden Belastung auseinanderzubrechen. In Klausur auf einer Berghütte begann der Neuanfang

Von Erich C. Setzwein, Eichenau

Ein Feuerwehrgerätehaus für siebeneinhalb Millionen Euro, beste Ausrüstung und bei Einsätzen ein großes Ansehen. Das ist die Fassade, hinter der sich bei der Feuerwehr Eichenau seit anderthalb Jahren ein teilweise schmerzlicher Erneuerungsprozess abspielt. Dabei scheinen weniger persönliche Interessen oder Animositäten dahinter zu stecken als eine zunehmende Belastung dieses Ehrenamtes. Dass sich die Aktiven nicht mehr selbst zu helfen wussten, dass sie einen Coach engagierten, um sich neu zu motivieren, damit halten der neue Kommandant Christian Weber und sein Stellvertreter Markus Handelshauser nicht hinterm Berg. Sie gehen ganz offen mit dem Thema um.

"Die Kameradschaft war in Gefahr", sagt Markus Handelshauser über die Entwicklung, die sich in den vergangenen Jahren schleichend vollzog. Neue Technik, neue Vorschriften, die vielen Einsätze - das alles habe den Zusammenhalt geschwächt. "Im vergangenen Jahr hatten wir 8000 Einsatzstunden", sagt Christian Weber, und Handelshauser bestätigt: "Da war die Belastungsgrenze bei einigen erreicht."

Hinter den nüchternen Zahlen verbergen sich schwierige, aber auch scheinbar einfache Einsätze für die 78 aktiven Eichenauer Feuerwehrleute, die Handelshauser als "zum Teil Hausmeisteraufgaben" bezeichnet. Bei einer Wohnungsöffnung durch die Polizei beispielsweise komme nicht mehr der Schlüsseldienst, das erledige die Feuerwehr. Ebenso, wenn es darum gehe, eine nach einem Unfall oder Einbruch kaputte Schaufensterscheibe über Nacht zu verschließen. Der Frust kann aber auch daher kommen, dass für scheinbar einfache Tätigkeiten, die seit Jahrzehnten problemlos ausgeführt wurden, wie etwa für das Schneiden von sturmzerzausten Bäumen vom Korb der Drehleiter aus, nun neue Nachweise gefordert werden. Drei Tage Ausbildung müssten dafür angesetzt werden, nur weil die Berufsgenossenschaft dies verlange. Und weil es nun ein paar mehr Elektroautos auf den Straßen gibt und die ein paar gefährliche Eigenschaften bei einem Unfall haben könnten, wird auch dafür die Ausbildung angepasst. "Es ist eine steigende Anforderung an die Kompetenz der Feuerwehrleute."

Doch wenn ein Feuerwehrmann einen Ausbildungsplatz an der Feuerwehrschule haben möchte, um zum Beispiel Zugführer zu werden, kann er lange darauf warten. Bei Handelshauser hat es acht Jahre gedauert, bis er in der Geretsrieder Schule dran war.

Kreisbrandrat Hubert Stefan sieht darin ein Zeichen, wie es um das Ehrenamt im Löschwesen bestellt ist: "Es wird immer schwieriger", sagt Stefan und spricht ein weiteres Frust auslösendes Thema: "Die Lohnfortzahlung ist gesetzlich geregelt, wenn Feuerwehrleute vom Arbeitsplatz weg in den Einsatz gehen, aber in der Praxis lässt sich das nicht immer umsetzen." Selbständige müssten Umsatzeinbußen einkalkulieren, ergänzt Handelshauser. Er selbst hat eine Firma für Brandschutz, Kommandant Christian Weber ist Angestellter der Gemeinde Eichenau und arbeitet beim Bauhof.

Weber ist im Juli vergangenen Jahres zum Kommandanten gewählt worden, obwohl er dafür noch nicht die erforderlichen Qualifikationen hatte. Der Kreisbrandrat hatte die Wahl nur unter der Auflage genehmigt, dass Weber die Kurse belegt. Den Gruppenführer-Lehrgang hat der 37 Jahren alte Energieelektroniker schon absolviert, der wichtige viertägige Kurs "Leiter einer Feuerwehr" steht noch an.

Die Wahl von Weber auf einer außerordentlichen Versammlung im vergangenen Jahr war nötig geworden, weil Kommandant Achim Schweigstetter hauptamtlicher Gerätewart im Feuerwehrhaus wurde und in dieser Position Konflikte mit dem Ehrenamt des Kommandanten sah. Webers Wahl 2015 und die seines Stellvertreters heuer waren zwar nach außen sichtbare Zeichen, die Erneuerung des Teamgeists aber spielte sich im Verborgenen ab. Die Eichenauer Feuerwehrleute trafen sich auf einer Berghütte, nahmen dabei professionelle Hilfe in Anspruch und wollten zusammen mit einem Coach herausfinden, woran es lag, dass die Stimmung sich verschlechtert hatte und der Zusammenhalt geschwunden war. Es folgte ein zweites Zusammentreffen. "Das alles war intern, da ist nichts nach außen gedrungen", sagt Hubert Stefan. Der Kreisbrandrat merkt an: "Das ist auch nicht an uns herangetragen worden, da mischen wir uns nicht ein."

Weber und Handelshauser haben nichts zu verbergen, sie reden ganz offen über die Phase, in der es ihrer Feuerwehrmannschaft nicht gut ging. Auf die Einsätze habe sich dieser Prozess des Wiederzusammenraufens, so Weber, nicht ausgewirkt. "Da kann sich jeder auf jeden verlassen, das muss so sein."

© SZ vom 06.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: