Gleich die erste S-Bahn, wie sollte es anders sein, macht den Veranstaltern der Eichenauer Kunstpause einen Strich durch die Rechnung. Geplant war, um 17.02 Uhr mit dem ersten Auftritt zu beginnen, passend zur Einfahrt der S-Bahn mit den Pendlern aus München. Die allerdings lässt sich Zeit und kommt gemächlich mit fünf Minuten Verspätung eingetrudelt. Dafür müssen die Ankommenden dann nicht lange warten, sondern werden direkt durch die zarten Stimmen der Kinder des Chores Kikeriki empfangen. Mit Klassikern der Gute-Laune-Kirchenmusik wie "Ins Wasser fällt ein Stein" und vollem Stimmeinsatz sorgen sie für eine gemütliche Willkommensatmosphäre.
Etwa 80 Besucher hören sich den Auftakt der "Kunstpause" im Rahmen der Kreiskulturtage am Eichenauer Bahnhof an. Die Idee des Fördervereins für kulturelle Bildung ist es, die Menschen, die nach einem langen Arbeitstag zurück in die Pendlerstadt Eichenau kommen, mit zwanzigminütigen Kulturhäppchen zu versorgen und gleichzeitig den sonst öden Betonvorplatz zu beleben. Dafür bieten sie noch am Mittwoch- und Donnerstagabend von 17 bis 20 Uhr ein buntes Kulturprogramm an. Ein echter Perspektivwechsel also.
Passend zum Umfeld betritt mit der folgenden S-Bahn Jürgen Schwilski die Bühne. Er zählt gleich mehrfach an diesem Abend Geschichten vom Pendler "Fuko", für den die Zugfahrten die einzig freien Momente im Leben sind, zwischen Leibeigenschaft im Büro und Verpflichtungen in der Familie. In einer Geschichte verarbeitet Fuko seine Erlebnisse mit betrunkenen und kotzenden Wiesnbesuchern, die sich aufführen, naja, wie es jeder eben selbst schon erlebt hat. Begleitet wird er von Pit Hörmann, der passende Lieder wie Wolfgang Ambros' "Verwahrlost aber frei" singt.
Zusammengehalten wird die Veranstaltung von Moderator Cornelis de Kemp, der mit seinem charmanten niederländischen Akzent die Künstler ankündigt und die Pendler begrüßt. "Wir sehen, es kommt eine neue S-Bahn mit Menschen, die den ganzen Tag gearbeitet haben. Das ist stressig. Deswegen machen wir das hier." Als er weiterreden will, wird er jedoch harsch unterbrochen. Das Keyboardsolo von "Buona Sera Signorina" ist gerade vorbei und der Sänger der "Golden Boys", die gerade auf der Bühne stehen, setzt beherzt zum Refrain an. De Kemp bleibt nichts über, als sich verdutzt zurückzuziehen und der Band wieder die Bühne zu überlassen, die in bester Hochzeitsband-Manier mit Geige, Keyboard, Tamburin und Stilecht mit schwarzen Hüten und weißen Hemden die Menge unterhält - mit Klassikern wie "Marina" und "Bel Ami". Für leichte Stimmungsdämpfer und Schockmomente beim Sänger sorgen lediglich immer wieder kurze, aber ohrenzerreißende Rückkopplungen.
Neben wenigen treuen Zuhörern, die mehr als eine S-Bahn auf den aufgestellten Bierbänken sitzen bleiben, verweilen doch immer wieder einige Pendler kurz, auch wenn sich die Besucherreihen von Bahn zu Bahn sichtlich lichten. Das ist insofern schade, weil die Highlights des ersten Tages erst noch kommen: Die Eichenauer Poetry-Slamerin Fee, die bereits Deutsche Meisterin wurde, und das Trio "Café Voyage" sind für den zweiten Teil des Abends angekündigt.
Große Kultur ist zumindest das, was in ersten Teil des Abends gezeigt wird, natürlich nicht. Aber um einen stressigen Arbeitstag bei einem Getränk und einem Snack ausklingen zu lassen, ist es eigentlich genau das richtige. So etwas an jedem Abend an jeder S-Bahn Station einzuführen, das wäre eigentlich eine gute, eine belebende Idee.
" Kunstpause" am Eichenauer Bahnhof: Mittwoch, 25. März: 17.04 Uhr Mixxit Impro-Theater, 17.24 Uhr Deutsch-Türkisches-Theater, 17.44 Uhr Poesiebriefkasten mit Musik, 18.04 Uhr Türkisch-Deutsches-Theater, 18.24 Uhr Didgeridoo mit Poesie, 18.44 Uhr, 19.04 Puchheimer Literatur 2015, 19.24 Uhr, Musikverein Eichenau, 19.44 Uhr Jugendkultur. Donnerstag, 26. März: 17.04 Uhr Keyboard Variationen, 17.24 Uhr Wetterradar Rock, 17.44 Uhr Trommelbande Eichenau, 18.04 Uhr Wetterradar Rock, 18.24 Uhr Trommelbande Eichenau, 18.44 Uhr Jazzgesang Julia Schröter, 19.04 Uhr Stimmband, 19.24 Uhr Jazzgesang Julia Schröter, 19.44 Uhr Chor-y-Feen.