Eichenau:Expansion nach allen Seiten

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Die Fraktionen im Gemeinderat wollen das Gemeindegebiet ausdehnen, neues Bauland ausweisen und zusätzliche Gewerbeflächen schaffen. Der ersten öffentlichen Diskussion folgen Besprechungen hinter verschlossenen Türen

Von Erich C. Setzwein, Eichenau

Noch sind es nur vage Vorstellungen aus den politischen Fraktionen im Gemeinderat. Sollten sie konkret umgesetzt werden, wird Eichenau ein anderer Ort. Denn die Anträge, die in der Sitzung des Gemeinderates am Dienstagabend vorgelegt wurden, zielen auf eine deutliche Vergrößerung der Wohn- und Gewerbegebiete ab. Den Antragstellern aus dem konservativen Lager von CSU und Freien Wählern scheint durchaus bewusst zu sein, wie sich ihre Gemeinde in den kommenden Jahrzehnten entwickeln soll. SPD und Grünen bleibt momentan nur die Rolle der Mahner und Kritiker der beantragten Großprojekte. Entschieden worden ist am Dienstagabend nur, dass die Pläne für ein großes Gewerbegebiet im Norden, wie es sich die CSU vorstellt, ein ebenso großes Wohngebiet nördlich der S-Bahn, das sich unter anderem Bürgermeister Peter Münster (FDP) wünscht, sowie eine großzügige Baulandausweisung im Süden nach Vorstellung von Sebastian Niedermeier (FWE) im März kommenden Jahres hinter verschlossenen Türen besprochen werden sollen.

Der schon im Bürgermeisterwahlkampf stark zu spürende Gestaltungswille der Kommunalpolitiker kommt in den ersten Wochen nach Münsters Amtsantritt bereits voll zur Geltung. Die von Bürgermeister Peter Münster angestoßene Diskussion über die Erweiterung des Gemeindegebietes nach Norden auf Emmeringer Flur bedeutet für CSU und Freie Wähler, dass dort ein komplett neuer Ortsteil entstehen werde. Bevor auch nur ein Quadratmeter des Staatsgrundes, der von der Technischen Universität für agrarwissenschaftliche Versuche genutzt wird, erworben ist, spricht Rike Schiele von den Grünen bereits von einem "zweiten Eichenau". CSU-Fraktionssprecher Dirk Flechsig hält die Gemeinde im Jahr 2016 noch nicht für bereit, im Norden zu planen, die CSU wolle dort keine Wohnbebauung.

Dafür aber können sich Flechsig und Gewerbereferent Peter Zeiler (CSU) gut vorstellen, dass das Gewerbegebiet nördlich der S-Bahn jetzt bald entsteht, und das nicht in der geplanten Größe und mit den einmal vereinbarten Zielen. Denn festgelegt wurde, dass auf den zur Verfügung stehenden etwa 30 000 Quadratmetern nur Gewerbe aus dem tertiären Bereich angesiedelt werden sollte. Also nur Dienstleistungsfirmen. Da aber offenbar Firmen auch aus anderen Wirtschaftsbereichen in Eichenau expandieren wollen und Interesse an Gewerbeflächen bekunden, wie der Bürgermeister bestätigte, sieht sich die CSU in ihrer Haltung bestätigt, diesen Firmen die gewünschten Erweiterungsmöglichkeiten in einem neuen Gewerbegebiet anzubieten.

Da Richtung Puchheim noch Flächen auf Eichenauer Flur zur Verfügung stehen, ist es der Plan der CSU, das Gewerbegebiet auf 80 000 Quadratmeter zu vergrößern. Das würde nach Meinung von Flechsig auch das Problem lösen, die Altlasten zu sanieren, die zumindest in einem Teil des Grundstücks vergraben sind. Denn dort, nahe dem Kreisverkehr der Staatsstraße, könnten kellerlose Gebäude entstehen, während Richtung Puchheim auf sauberem Grund auch Industriegebäude mit Tiefgarage oder Keller gebaut werden könnten. Auch diese Grundstücke gehören noch dem Land Bayern. Um sie zu bekommen, soll die Gemeinde laut Zeiler mit dem Flächenbedarf für einheimische Firmen argumentieren.

Die CSU wirbt für ihr Projekt mit der Aussicht auf dringend benötigte Gewerbesteuern und einem Platz, auf dem für die Eichenauer Autofahrer eine Tankstelle mit Waschanlage geschaffen werden soll. Die gibt es seit der Schließung der Tankstelle im südlichen Gemeindegebiet nicht mehr, ein Ersatz ist auch derzeit nicht in Sicht. Allein in der Vorstellungskraft von Sebastian Niedermeier und seiner FWE-Fraktion existiert bislang neues Bauland im Süden der Gemeinde. Südlich der Pfefferminzstraße hat die Gemeinde vor Jahren und noch zu Mark-Preisen Grundstücke gekauft, die nach heutiger Umrechnung etwa 920 000 Euro gekostet haben. Seither haben sich die Grundstückspreise enorm nach oben entwickelt, und Niedermeier möchte nun nicht nur die 18 000 Quadratmeter große Fläche zu Geld machen, sondern dort Bauland auf insgesamt 40 000 Quadratmeter schaffen. Dazu hat er eine Änderung des Flächennutzungsplanes genau für dieses Gebiet beantragt.

Mitten im Überschwemmungsgebiet und jenem Gelände, in dem einmal eine Umgehungsstraße gebaut werden sollte, kann auch die CSU vor ihrem geistigen Auge ein Wohngebiet entstehen lassen. "Aber nicht auf 40 000 Quadratmeter, wie für einen Bebauungsplan, sondern g'scheit", wie Finanzreferent Hans Hösch sagte. Auch die SPD zeigt sich nicht abgeneigt, und Martin Eberl hat auch schon Ideen, mit den Mitteln der sozialgerechten Bodennutzung bis zu einem Drittel der Wertsteigerung für die Gemeinde abzugreifen. Das Geld also für den Bau von Straßen, Kindergärten und Schulen zu verwenden, die durch den Zuzug von Neubürgern nötig würden. Thomas Barenthin (Grüne) ist der Meinung, den Grund billig an Wohnungsbaugenossenschaften abzugeben. Er bevorzugt, wenig Gewinn zu machen und dafür günstigen Wohnraum zu schaffen.

Wo noch Autos fahren, wäre Platz für ein neues Gewerbegebiet. Die CSU aber fordert, "größer zu denken", und will sogar die Straße verlegen falls, dass die S-Bahn vierspurig ausgebaut werden sollte. (Foto: Johannes Simon)

Scharfe Kritik von Sebastian Niedermeier musste schließlich Bauamtsleiter Andreas Troltsch einstecken, als er aus rein fachlicher Sicht die sich in Rage redenden Baulandbefürworter darauf hinwies, dass auf dem von Niedermeier propagiertem Neubauland ein Bauverbot liege. Das hängt mit der Überschwemmungsgefahr durch den Starzelbach zusammen. Jetzt schon den Flächennutzungsplan zu ändern, hält Troltsch für "absolut zu früh". Schließlich könnte vorher geprüft werden, ob nicht die Nachverdichtung in bestehenden Wohngebieten eine Alternative wäre. Außerdem lenkte er den Blick auf andere Ortsrandlagen. Niedermeier warf Troltsch vor, zu blockieren und selbst keine Vorschläge zu machen: "Von Ihnen kommt ja nichts."

Alle Einfälle, Ideen, Visionen und Pläne sollen in einer Klausur des Gemeinderates vom 17. bis 19. März besprochen werden. Moderiert werden soll die Veranstaltung von Vertretern des Regionalen Planungsverbandes.

© SZ vom 10.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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