Eichenau:Die Asylpolitik als Wahlkampf-Aufreger

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Eichenaus CSU-Bürgermeisterkandidat lehnt Teilnahme an Podiumsdiskussion ab. Für einen Mitbewerber ist diese Absage eine Frechheit

Von Gerhard Eisenkolb, Eichenau

Ist die Betreuung und Unterbringung von Asylbewerbern ein passendes Thema für eine Podiumsdiskussion zur Bürgermeisterwahl in Eichenau oder nicht? Für den CSU-Kandidaten Dirk Flechsig handelt es sich wegen der Zuständigkeiten primär um ein landes- und bundespolitisches Thema, weshalb er an diesem Sonntag, 5. Juni, nicht dabei sein wird, wenn von 17.30 Uhr an der Asylhelferkreis im Kardinal-Döpfner-Saal Flechsigs Mitbewerber Martin Eberl (SPD), Peter Münster (FDP) und Claus Guttenthaler (FW) dazu befragen wird, was sie unter Integration verstehen und was die Gemeinde für hier lebende Flüchtlinge tun kann.

Gemeinderat Guttenthaler, der noch im Januar der CSU-Fraktion angehörte, bezeichnet es als "Frechheit", wie sich Flechsig auf Zuständigkeiten zurückziehe, um zu sagen, beim Thema Wohnungen für Asylbewerber sei die Gemeinde nicht verpflichtet, sich zu kümmern. Der FW-Kandidat räumt ein, dass die Kommune zwar rein rechtlich nicht zuständig sein möge, aber moralisch stehe sie sehr wohl in der Pflicht. Schließlich seien die 150 Flüchtlinge, die zurzeit in der Gartenstadt leben, auch Eichenauer.

Als Eichenaus Asylhelferkreis über eine Unterkunft informierte, war das Interesse groß. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Damit geht es laut Guttenthaler beim Umgang mit Flüchtlingen letztlich um Sorgen und Wünsche von Eichenauern, die ernst zu nehmen seien. Hart geht der FW-Politiker mit seiner ehemaligen Partei ins Gericht. "Das ist die Arroganz in der Flüchtlingspolitik", kritisiert er Flechsig und die CSU-Linie. Wegen dieser Arroganz sei er ausgetreten, als die CSU die Diskussion über Obergrenzen anstieß und das "grundgesetzwidrige Ansinnen" ansprach, straffällige Asylbewerber ohne Gerichtsverfahren auszuweisen.

Die Position von Hans Sautmann, dem Sprecher des Asylhelferkreises Eichenau, ist moderater. Sie liegt in der Mitte zwischen der von Guttenthaler und Flechsig. Für Sautmann, der kürzlich bei der Aktion "SZ im Dialog" die Flüchtlingsarbeit der Eichenauer thematisierte, betrifft ein Teil des Asylthemas durchaus kommunale Aufgaben. So verweist er darauf, dass in Eichenau lebende Asylbewerber mit der Anerkennung zu Eichenauer Bürgern werden. Wegen dieser lokalen Bezüge führte Sautmann mehrere Gespräche mit Bürgermeister Hubert Jung (CSU).

Dem Asyl-Podium bleibt CSU-Bürgermeisterkandidat Dirk Flechsig aber fern. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Laut Sautmann wird am Sonntag angesprochen, was die Kandidaten unter Integration verstehen, welche Möglichkeiten sie sehen, den Kontakt zu eingesessenen Eichenauern zu aktivieren, um Ängste abzubauen. Diskutieren soll die Runde über die Unterstützung der Asylhelfer durch die Gemeinde, die Integration durch Arbeit, die Wohnraumbeschaffung und die Frage, wo in Eichenau Flüchtlinge wohnen sollen, wenn deren Zustrom ansteige.

Mit der Weigerung mitzudiskutieren, will der CSU-Bewerber verhindern, "sich in eine solche Ecke stellen zu lassen", wie es Guttenthaler tut. Auch mit Obergrenzen, wie sie der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer forderte, will sich der Kandidat nicht im Wahlkampf in einer öffentlichen Diskussion auseinandersetzen. Das habe mit Eichenau nichts zu tun. Der CSU-Kandidat verweist stattdessen darauf, bisher jedem geholfen zu haben - und auf sein soziales Engagement als Vorsitzender der Nachbarschaftshilfe.

Flechsig bezeichnet es als Selbstverständlichkeit, vom Krieg bedrohten Menschen zu helfen. Zudem könne sich Deutschland das leisten. Er nimmt aber auch die CSU in Schutz. In seiner Partei habe niemand gesagt, Aylbewerber sollten schlecht behandelt werden. Im Gegensatz zu Kriegsflüchtlingen sollen allerdings Wirtschaftsflüchtlinge zurückgeschickt werden, auch wenn er jeden verstehe, der hierher komme und auf ein besseres Leben hoffe. Wirtschaftsflüchtlingen ist laut Flechsig klar zu sagen: "Wir brauchen dich nicht, wir können dich nicht aufnehmen." Seine Absage für den Sonntag begründet Flechsig auch damit, dass zwei Podiumsdiskussionen der Kandidaten genügen sollten sowie mit Terminproblemen. Zudem will er mit dem Vorstand des Asylhelferkreises intern besprechen, wie Flüchtlingen zu helfen ist. Da es sich um Einzelfälle handle, gehe das die Öffentlichkeit nichts an. Bei Problemen helfe der CSU-Kandidat direkt.

Auch für den FDP-Kandidaten Peter Münster ist Asyl kein ideales kommunalpolitisches Thema. Trotzdem will er sich einer Grundsatzdiskussion dazu nicht generell verweigern und er würde an dem Abend auch bundespolitische Fragen beantworten. SPD-Bewerber Martin Eberl teilt ebenfalls die Meinung, die Gemeinde sei nicht für alles zuständig. Am Sonntag geht es für Eberl vor allem darum, klar zu sagen, was man in Eichenau konkret tun wolle. Und der SPD-Politiker verweist darauf, dass ohne die Asylhelfer vieles in der Gemeinde nicht so gut gelaufen wäre. Dieses Engagement sei "unglaublich wichtig". Eines lehnt Eberl ab. Die Gemeinde soll keine Kosten übernehmen, die andere tragen müssen.

© SZ vom 04.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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