Eichenau:Augenzwinkernde Poesie

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Die Eichenauer Band Café Voyage stellt ihr zweites Album vor

Von Florian J. Haamann, Eichenau

Musik wie ein verregneter Herbstnachmittag, den man mit einem schaumigen Cappuccino in seinem Lieblingscafé verbringt, tagträumend den Blick aus dem beschlagenden Fenster gerichtet. Der süßlichwarme Duft eines frischen Kirschkuchens, der einen melancholisch schwelgen lässt. So in etwa klingt das neue Album "Milch & Honig", der Eichenauer Band "Café Voyage". Wie schon im Debütalbum "Das wollen wir mal sehen", spazieren Frontmann Günter Renner, Maria Friedrich und Klemens Jackisch darin mit großer Leichtigkeit zwischen eingängig-jazziger Weltmusik und klassischem Chanson.

Es ist ein gewisser Weltschmerz, der den Hörer durch die 16 Titel trägt, aber keiner von der verzagten Sorte, eher einer, der das Unschöne benennt, um dann hoffnungsfroh aus ihm herauszutreten. "Soll ich lachen oder heulen, soll ich bleiben oder gehen / kann das Leben nicht recht fassen, und versuch nicht zu verstehen!/ [...]sind die besten Jahre schon gezählt/ oder fangen sie/ fangen sie grad an?", heißt es etwa in "Lachen oder Heulen", in dem sich das "Ich" der rationalen Konsumwelt ("Ich lass' mich nicht regieren von euren Zahlen") durch Sinnlichkeit entzieht ("der Duft von frischem Brot vertreibt mir Sorgen").

Dass die Schwere nie überhand nimmt, dafür sorgt Renner, der die meisten Texte der Band schreibt, mit wohldosierter Ironie an den richtigen Stellen. "Und sitz' ich mal am Fenster, schau' hinaus entspannt/ da übt ein Nachbar Geige/ Musik tut manchmal weh!", heißt es etwa in "Auch wenn nicht alles gut ist", oder "Ob der Uno-Ausschuss tagt/ der Nachbar dich nicht doch verklagt/ dein Deo viel zu schnell versagt/ du weißt es nicht, das hält auf Trab!" in "Nix genaues woaß ma net", das aus der Feder von Klemens Jackisch stammt.

Eigentlich sollte "Milch und Honig" bereits im vergangenen Jahr erscheinen, doch pandemiebedingt musste die Fertigstellung immer wieder verschoben werden. "Manche der neuen Texte sind sehr persönlich. Es geht um Leid, Verunsicherung. Wenn ich Texte schreibe, bin ich von dem beeinflusst, was aktuell um mich herum passiert. Deswegen schreibe ich gerade eher so etwas gesellschaftliches, als ein Liebeslied", hat Renner vor einigen Monaten im Gespräch über die neuen Songs erzählt.

Dennoch findet sich auch auf "Milch und Honig" mit "Alles was ich jetzt brauch'" auch ein klassisches Liebeslied. "Manchmal fühl' ich mich wie'n Fisch an Land/ der im Trock'nen zappelt/ und du bist wie ne Welle/ bringst mich zurück ins Meer", singt Renner da zu Beginn, begleitet von Cello und einem sanften Schlagzeugrhythmus. "Vergiss' meinen Blues, wenn du mir bist / alles was ich jetzt brauche ist /dass ich dich nah bei mir spür'". Im absoluten Kontrast dazu steht "Hungryman", das sich nahtlos in die bayerische Liedermacherkultur eines Konstantin Wecker einreiht. " I loss mi kutschieren in am Luxusschlitten/Und sog 'I bin oana vom Voik!" stellt sich der "Hungryman vor, "I hob meine Freind an de richtigen Stell'n/ Bin wichtig, wichtig, wichtig!".

Und so ist "Milch und Honig" eine gelungene Mischung aus Poesie und Tiefgang, Augenzwinkern und Alltäglichkeiten, präsentiert über eingängige Melodien und bewegende Rhythmen.

"Milch und Honig", von Café Voyage, erschienen bei "Smart&Nett", erhältlich als Download bei allen gängigen Musikportalen und zu finden bei den gängigen Streamingdiensten

© SZ vom 05.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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