In Zeiten, in denen es Handy-Apps braucht, die virtuelle Fantasietiere in Parks und Fußgängerzonen verstecken, um Menschen raus in die Natur zu bringen, erscheint die Arbeit von Anke Simon als Herkules-Aufgabe. Mit Naturerlebnisführungen versucht die Pädagogin und Försterin, jungen Menschen ein in unserer Gesellschaft zunehmend fehlendes Bewusstsein für Umwelt zu vermitteln.
Bereits vor vielen Jahren seien "viele Forststellen abgebaut worden", erinnert sich Simon. Deshalb hat die gebürtige Badin sich nach ihrem Studium der Forstwissenschaften in Freiburg zur Waldpädagogin ausbilden lassen. Als "Umweltbildnerin" macht sie sich seitdem mit Schulklassen, Kindergartengruppen und behinderten Menschen gemeinsam auf die Suche nach Bibern, Fledermäusen und Pflanzenarten. Seit elf Jahren leitet sie die Kindergruppe des Bundes für Naturschutz in Eichenau. "Das ist etwas ganz Besonderes", schwärmt Simon. Vor allem in einer Zeit, in der Kinder den Namen von jedem Fußballspieler auswendig kennen, aber nicht einen einzigen von einem Baum. "Die Kinder kommen freiwillig - an einem Samstagmorgen um 10 Uhr". Selbst wenn es regnet, zieht es die Kinder raus in die Natur. Manchmal bringen sie ihre eigenen Ideen mit, wollen zum Beispiel lernen, wie der Specht lebt. "Dann gehen wir einfach los in den Wald und suchen." Beim Spielen und Basteln werden die Kinder selbst aktiv. Manchmal springt auch ein Mitbringsel für Zu Hause heraus: Hollerzucker, Kräutersalz, Wildkräuteressig - die Umweltpädagogin beherrscht auch die kulinarische Seite des Waldes.
Seit Kurzem ist die 50-Jährige Pucherin dabei, eine Jugendgruppe für den gesamten Landkreis zu gründen. "Wir brauchen aus dieser Generation dringend Menschen, die uns beim Naturschutz helfen", mahnt Simon - dabei, "den letzten Rest der Natur zu bewahren". Genau wie ihre Schützlinge hatte auch Simon schon früh einen Zugang zur Natur. Ihr Vater war Förster: "Ich bin im Wald aufgewachsen, hab' Schwammerl und Heidelbeeren gesammelt. Unser Haus musste mit Holz geheizt werden, da kam man also nicht drum herum, in den Wald zu gehen."
Simon ist auch einmal in der Woche in der Grundschule Puchheim Süd, wo sie Kinder in Umweltbewusstsein schult. Außerdem bietet sie für das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ein Bewegungs- und Ernährungsprogramm für junge Eltern an. Es sei wichtig, dass man die Mütter mit ins Boot holt, denn oft hätten sie die Erfahrung, die sie eigentlich ihren Kindern mitgeben sollten, selbst nicht. Die Arbeit als Umweltpädagogin bringe nicht viel Geld, weil sie nur als Honorarkraft angestellt ist und die Touren bei schlechtem Wetter auf eigene Kosten absagen muss. "Allein davon kann man nicht leben. ", so Simon. Trotzdem macht sie ihre Arbeit gern. Noch heute kann Simon über eine Kröte staunen, die sie im Wald findet. "Es gibt nichts Ekliges in der Natur. Alles sind Geschöpfe Gottes."
Die Pädagogin will den Kindern mitgeben, dass man sich auch ohne Pokemons bewegen kann. "Ich habe die Hoffnung, dass ich in den Kindern eine Saat lege, dass sie später ihre Stimme erheben." Auch wenn Umfragen ergeben, dass sich viele junge Menschen für Umweltthemen interessieren, scheitert es oft an der Umsetzung im Alltag: Kaum einer kaufe biologisch, verzichte auf den Flug in den Urlaub oder kaufe seine Schokolade fair gehandelt. Um umweltbewusste Menschen hervorzubringen, müssten vor allem Schulen mehr Maßnahmen ergreifen. "Es gibt Kunstbildung, Religionsbildung, aber immer noch keine Umweltbildung", wundert sie sich. Simons Eindruck: Kritische Menschen hervorzubringen, sei gar nicht gewollt. Das wären ja genau die Menschen, die sich später der neuen Umgehungsstraße oder dem Gewerbegebiet in den Weg stellen. Konsum und Fortschritt würden auf diese Weise der Umwelt im Wege stehen.
Freitag: Naturerlebnisführung mit Waldpädagogin Anke Simon an diesem 5. August, Treffpunkt um 9.30 Uhr auf dem Parkplatz an der Emmeringer Leite in Eichenau; geeignet für Kinder von zwei bis sieben Jahren; diese machen sich auf die Suche nach der Kinderbuchfigur "Grüffeloh".