Germering:"Nach Corona fangen wir wieder bei Null an"

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Menschen für ein Ehrenamt gewinnen will auch die Arbeiterwohlfahrt. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Vereine und soziale Einrichtungen haben in den vergangenen zwei Jahren viele Helfer verloren. Bei einer Ehrenamtsbörse in der Stadthalle werben sie um Freiwillige. Das Interesse bleibt überschaubar.

Von Adriana Wehrens, Germering

"Wir suchen Ehrenamtliche" stand auf den Papierbogen an jedem Stand im Amadeussaal der Stadthalle Germering. Das war nicht das einzige Mal an diesem Abend, dass man diesen Satz zu hören oder zu lesen bekam. Bei jeder sozialen Einrichtung der Stadt, die bei der Ehrenamtsbörse vertreten war und sich vorstellte, zeigte sich das gleiche Bild: Während der Corona-Pandemie waren aufgrund der Einschränkungen sämtliche ehrenamtlichen Helfer weggefallen. "Man kann schon sagen, dass wir nach Corona wieder von Null angefangen haben," bestätigte Gisela Kitzing, selbst Ehrenamtliche bei der Germeringer Insel. Seit der Aufhebung der Kontaktbeschränkungen ist die Hoffnung bei allen groß, wieder neue Helfer akquirieren zu können. "Man kann den aktuellen Zustand beklagen, man kann aber auch etwas dagegen unternehmen," verkündete Sophie Schuhmacher (Grüne), die Dritte Bürgermeisterin von Germering, bei ihrer Ansprache. Der erste Schritt solle mit der Ehrenamtsbörse getan werden, die von der Germeringer Insel veranstaltet wurde. Zwar war der Besucherandrang an diesem Abend überschaubar, trotzdem konnten einige neue Interessenten gewonnen werden, die sich in die bereit gelegten Listen eintrugen.

Besonders viel zu tun haben aktuell die Asylhelferkreise. Der Arbeitskreis Asyl und der Helferkreis Germering sind zuständig für die Gemeinschaftsunterkünfte am Starnberger Weg und in der Industriestraße. Daneben helfen sie bei der anschließenden Wohnungssuche und organisieren Deutschkurse sowie Hausaufgabenbetreuungen. "Ich freue mich, wenn ich ehemalige Bewohner treffe und sehe, was sie jetzt machen. Durch die Arbeit sind sogar Freundschaften entstanden", bilanzierte Siegfried Schomburg vom AK Asyl. Weiter wies Werner Clauss vom Helferkreis darauf hin, dass nicht nur Spenden, sondern vor allem der Faktor Zeit eine große Unterstützung darstelle: "Wenn Sie nur einmal in der Woche für eine Stunde kommen, wäre das schon eine Hilfe."

Der Ortsverein Germering der Arbeiterwohlfahrt (Awo) bietet ein breites Spektrum an Angeboten wie das Projekt "Wir helfen Schülern", welches eine Hausaufgabenbetreuung für Haupt- und Mittelschule beinhaltet. Im Awo Familiencafé können Familien das Mütter- und Familienzentrum besuchen. Darüber hinaus werden für den Kinderladen "Awolinchen" immer Mitarbeiter für den Verkauf gesucht.

Im Amadeussaal der Stadthalle werben die Organisationen um freiwillige Helfer. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Das Frauenhaus Germering, welches Frauen und Kinder aufnimmt, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, steht demnächst vor einem Umzug. Umso größer ist die Bemühung bei der Suche nach Unterstützung: "Wir suchen händeringend Interessierte, die Frauen und Kinder unterstützen." Weitere Angebote für Frauen und die ganze Familie bietet das Frauen- und Mütterzentrum (Frau Mütze). Ein neues Projekt vom Bündnis für Familie arbeitet aktuell an der Vermittlung von Leihgroßeltern. Demnach bestehe eine große Nachfrage, jedoch finden sich aktuell noch nicht genug Senioren, die diese Rolle einnehmen wollen.

Der Sozialdienst Germering, den es bereits seit über 50 Jahren gibt, verzeichnet aktuell etwa 200 ehrenamtliche Mitarbeiter, trotzdem sei dies noch nicht genug. Neben den Senioren- und Kinderangeboten suche man derzeit dringend nach Fahrern für die Senioren. Daneben gebe es offene Stellen als Babysitter und Familienpaten sowie in der Kinderbetreuung und als Seniorenbegleiter.

Mit schwerstkranken Menschen beschäftigt sich der Hospizverein. Er braucht Menschen, die als Ansprechpartner zur Verfügung stehen oder aber die Situation mit den Betroffenen und deren Angehörigen teilen. Besonders die Trauerbegleitung soll in Zukunft gestärkt werden. Des Weiteren waren auch Stände der Germeringer Insel und der Stadt Germering vertreten, die auf der einen Seite Senioren- und Kinderangebote bieten, auf der anderen Seite ein Coaching-Programm für Schüler, das bei Bewerbungen um Ausbildungsplätze hilft.

Interessierte Besucher fanden im Amadeussaal der Stadthalle eine große Bandbreite an Angeboten durch die vielen Vereine sowie interessante Gespräche und Beratungen vor. Einige von ihnen konnten sogleich überzeugt werden. Eine Besucherin, die sich bereits beim Frauen- und Mütterzentrum gemeldet hatte, kam später noch einmal zum Stand zurück, um mitzuteilen, dass sie eine Beschäftigung entdeckt habe, die besser auf sie zutreffe. Deshalb habe sie sich umentschieden. Jeder sollte das Richtige für sich finden - das ist ebenfalls wichtig bei der Beschäftigung im Ehrenamt. Immer wieder kam es auch zwischen den einzelnen Ständen zum Austausch. "Die Veranstaltung ist nicht nur für die Suche nach Ehrenamtlichen, sondern auch für die Kooperation untereinander hilfreich", stellte Annette Zaus von der Awo im Laufe der Veranstaltung fest. "Es gibt viele Schnittstellen zwischen den Vereinen, wo wir einander helfen können."

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