Dritte Runde:Gegenprogramm zur Wasserglas-Lesung

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Um den veränderten Ansprüchen der Gesellschaft gerecht zu werden, hat die Puchheimer Buchhändlerin Nicola Bräunling ein besonderes Format entwickelt. Der Erfolg zeigt, dass sie damit den Nerv der Besucher getroffen hat

Von Florian J. Haamann, Puchheim

Eine Schreinerei, eine Handvoll guter Autoren, Hot Dogs und Bier. Mit diesem ebenso simplen wie erfolgreichen Konzept geht die Puchheimer Lesebühne nun in die dritte Runde. Auch dieses Mal sind wieder namhafte Künstler dabei: Die in der Szene bekannten Autoren Jaromir Konecny aus München und Volker Keidel aus Puchheim, die beide schon mehrere Bücher veröffentlich haben. Zu ihnen gesellen sich Yannik Sellmann, der schon mehrere Poetry-Slams gewinnen konnte, und Marianne Lindner-Köhler, ebenfalls aus Puchheim, die erst mit Mitte Dreißig auf die Bühne gefunden, seitdem aber einen rasanten Aufstieg erlebt hat.

Warum Formate wie Poetry-Slams und Lesebühnen gerade in den vergangenen Jahren so erfolgreich geworden sind, darüber kann Organisatorin und Buchhändlerin Nicola Bräunling nur spekulieren. "Ich glaube, das liegt daran, dass es kurze, schnelle und trotzdem anspruchsvolle Veranstaltungen sind. Quasi eine Art Gegenpart zur Schenkelklopfer-Comedy, der manch einer vielleicht etwas überdrüssig ist." Beeindruckt sei sie davon, wie viele junge Menschen bei solchen Veranstaltungen im Publikum sitzen. "Das liegt wahrscheinlich daran, dass es eine Möglichkeit ist, ihre Themen außerhalb des Internets an die Öffentlichkeit zu bringen. Wobei das eher bei den Slams der Fall ist. Bei den Lesebühnen ist der Altersschnitt etwas höher, aber trotzdem sind viele junge Besucher da", sagt Bräunling.

Besondere Formate und ungewöhnliche Orte hätten die klassische Wasserglas-Lesung, wie die Buchhändlerin die Veranstaltungen nennt, bei denen der Autor an einem Tisch sitzend vorliest, neben sich ein Glas Wasser, längst abgelöst. "Die Gesellschaft will mehr Action haben. Alles muss etwas Besonderes sein, lebendiger, immer in Bewegung. Dadurch ist die Konzentrationsspanne nicht mehr so wie früher", sagt Bräunling. "Das ist natürlich ein Thema, das mich immer wieder beschäftigt. Oft hat man gute Autoren, aber es funktioniert nicht so, wie man es sich gedacht hat. Ob wohl es in meiner Buchhandlung ja auch schön ist und es eine besondere Atmosphäre gibt."

Wegen der großen Nachfrage bei der Puchheimer Lesebühne gebe es immer Überlegungen, in eine größere Location zu wechseln. "Aber ich glaube, dann ist der Witz weg. Das Zusammenspiel Schreinerei und Lesung ist einfach etwas, was bei uns zusammenpasst". Dafür nehmen es die Besucher sogar in Kauf, den ganzen Abend zu stehen oder auf einer staubigen Treppe zu sitzen.

Für die künstlerische Leitung ist Volker Keidel verantwortlich. Er ist nicht nur Autor, sondern auch Buchhändler und Organisator bei Slams und Lesebühnen in München, und das seit vielen Jahren. Dadurch ist er natürlich bestens vernetzt - wovon man in Puchheim profitiert. "Er hat einfach ein Händchen dafür, die gute Künstler zu uns zu holen", sagt Bräunling. Mittlerweile sei die Puchheimer Bühne sogar so etabliert, dass die Künstler und Künstlerinnen schon davon gehört haben und gerne kommen.

Besonders freut sich Nicola Bräunling auf den Auftritt von Marianne Lindner-Köhler. "Bei ihr habe ich den ganzen Weg verfolgen können. Sie ist Kundin bei mir und hat lange überlegt, ob sie veröffentlichen soll oder nicht". Vor drei Jahren habe sich die heute 38-Jährige dann erstmals auf eine Bühne getraut. Seitdem wird sie zu immer größeren Veranstaltungen eingeladen.

Dritte Puchheimer Lesebühne, Freitag, 12. April, 20 Uhr, in der Schreinerei Jund. Beginn 19.30 Uhr. Der Eintritt kostet zwölf Euro inklusive Hotdogs und Bier. Es gibt noch wenige Restkarten an der Abendkasse.

© SZ vom 11.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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