Diskussionsabend:Glaube und Geld

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Reden über die Kirchensteuer (von links): Markus Reif, Michael Benz und Josef Steindlmüller (Foto: Carmen Voxbrunner)

Pfarrverband Esting-Olching debattiert über Kirchensteuer

Von Kristina Kobl, Olching

Immer mehr Menschen treten aus der katholischen Kirche aus. Die Gründe dafür sind verschieden: Die einen glauben nicht mehr an Gott, die anderen vertrauen der Institution Kirche nicht mehr, die nächsten wollen keine Kirchensteuer bezahlen. Der Pfarrverband Esting-Olching wollte nun der Problematik nachgehen und lud am Dienstag zwei Experten der Erzdiözese München zu einem Diskussionsabend ein. Es ging um die Motive für die Kirchensteuer, die Folgen eines Austritts - und die Frage, wofür die Kirche die Steuern eigentlich ausgibt.

"Wer aus der Kirche austritt, zählt statistisch nicht mehr als Katholik", sagt Michael Benz, Leiter der Abteilung Kirchenrecht im Erzbischöflichen Ordinariat München. Nach kirchlichem Verständnis hingegen ist jemand, der getauft ist, für immer katholisch und kann selbst dann nicht völlig aus der Kirche ausgeschlossen werden, wenn er austritt. Der Staat ist da weniger gnädig. Er nimmt an: Wer austritt, will nicht mehr zur Kirche gehören. Besinnungskatholiken, die dennoch gläubig sind, gibt es im staatlichen Verständnis nicht.

Ein Austritt hat Benz zufolge einige Konsequenzen: Man bekommt keine kirchlichen Sakramente mehr, darf keine kirchlichen Ämter und Funktionen ausüben und hat kein Wahlrecht in der Kirche. Krankensalbung gibt es nur bei Todesgefahr. Eine kirchliche Beerdigung wird nur dann gewährt, wenn der Verstorbene im Laufe seines Lebens Reue über den Austritt gezeigt hat. Man könne außerdem nicht von jemandem erwarten, der selbst nicht katholisch ist, dass er ein Kind als Taufpate auf seinem Glaubensweg begleite, sagt Benz. Stattdessen gibt es das Prinzip des Taufzeugen: Dadurch kann zumindest jemand bezeugen, dass ein Kind getauft wurde, sagt Benz. "Wie bei einem Verkehrsunfall - da braucht man auch Zeugen."

Die genannten Folgen kann man nach dem offiziellen Austritt beim Standesamt in einem Brief nachlesen. Darin steht auch die Einladung zu einem persönlichen Gespräch, bei dem man die Möglichkeit bekommt, den Austritt noch einmal zu hinterfragen. Die wird jedoch selten angenommen, sagt Pfarradministrator Josef Steindlmüller.

Die etwa 40 Zuhörer im Pfarrheim beteiligten sich rege an der Debatte: Das Thema bewegt alle. Kritisiert wurde vor allem die staatliche Sichtweise. Kann man denn nicht aus finanziellen Gründen austreten und trotzdem gläubig sein? Die meisten Austretenden sind zwischen 20 und 30 Jahre alt - und fangen gerade an, Geld zu verdienen. Geld, das nicht jeder für die Kirche ausgeben möchte. "Wenn man an die Kirche glaubt, kann man auch daran glauben, dass sie bestimmte Aufgaben hat, die Geld kosten", sagt Markus Reif, Leiter der Erzbischöflichen Finanzkammer München. Die Kirchensteuer macht etwa 70 Prozent der Ertragsquellen der Kirche aus. Der Rest setzt sich aus staatlichen Zuschüssen und Erträgen aus Finanzanlagen zusammen. Der Großteil der Kirchensteuer deckt Personalkosten: Unter anderem müssen Priester, Referenten und Erzieher katholischer Einrichtungen bezahlt werden. Zusätzlich werden Stiftungen und kirchliche Vereinigungen mit der Kirchensteuer bezuschusst. Ein Anteil fließt auch in die Instandhaltung der Gebäude. Das kommt nicht nur den Katholiken zugute, sondern allen Bürgern: Viele Leute wollen zwar mit der Kirche als Glaubensgemeinschaft nichts zu tun haben, freuen sich aber trotzdem über die schöne Kirche im Dorf.

Doch was ist, wenn gläubige Katholiken die Institution Kirche anzweifeln? Glaube heißt Auftrag zur Gemeinschaft, wie Reif erklärt: Man solidarisiere sich mit einer Gruppe. "Glaube ist zwar etwas sehr Persönliches, aber nichts Privates." Benz vergleicht die Glaubensgemeinschaft mit einer Familie: Wenn man sich von ihr abwendet, müsse man auch mit den Konsequenzen leben. Besser also, man akzeptiere sie mit all ihren Fehlern. Der Kaplan der Gemeinde warnt: Wenn immer mehr Leute austreten, kann die Kirche bald nicht mehr so viel fördern.

Trotz aller Kritik bleibt an diesem Abend also der allgemeine Konsens: Wer zur Gemeinschaft gehören will, muss zahlen. Denn katholisch sein kann man nicht allein.

© SZ vom 31.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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