Deutschunterricht:Flüchtlingsbildung an einem Ort

Lesezeit: 3 min

Die Berufsintegrationsklassen für junge Asylbewerber sind aus Platzmangel auf verschiedene Stellen im Landkreis verteilt. Im nächsten Schuljahr sollen sie wieder nach Fürstenfeldbruck zurückgeholt werden

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Zu gering für den Schulunterricht sind die Kenntnisse in Lesen und Schreiben, über die die Flüchtlinge verfügen, die die erste Alphabetisierungsklasse besuchen. (Foto: Johannes Simon)

Junge Asylbewerber fit für den Arbeitsmarkt in Deutschland zu machen, ist nicht leicht. Zwar wurden in Bayern flächendeckend eigene Klassen für junge Flüchtlinge im Alter zwischen 16 und 21 Jahren an den Berufsschulen eingerichtet, doch das zweijährige Ausbildungsprogramm gilt als ehrgeizig. "Die Mehrheit von ihnen aber braucht eigentlich länger", sagte Berufsschulleiterin Andrea Reuß einmal. Um die Organisation des Unterrichts zu erleichtern, sollen die Flüchtlingsklassen von Herbst an alle an der Berufsschule Fürstenfeldbruck unterrichtet werden.

Derzeit gibt es im Landkreis acht sogenannte Berufsintegrationsklassen (BIK) für 127 junge Migranten, darüberhinaus wurde Mitte Oktober eine Sprachintensivklasse (Alpha-Klasse) eingeführt, in die Schüler aufgenommen wurden, die erst einmal alphabetisiert werden müssen, um überhaupt in das BIK-Programm aufgenommen werden zu können. Im vergangenen Juni beendeten 40 Schüler das zweijährige BIK-Programm, zwölf von ihnen versuchten sich am Qualifizierenden Schulabschluss, zehn bestanden ihn. Zwei gingen anschließend auf die Realschule. Immerhin zwei Drittel der 40 Schüler fanden einen Ausbildungsplatz, ein halbes Dutzend musste diese aber wieder abbrechen, weil ihr Asylverfahren mit einem negativen Bescheid endete.

Die Berufsschule ist für die Organisation des Schulbetriebs für junge Asylbewerber zuständig, was sich aber als schwierig erweist, weil derzeit einige Klassen an Standorte in Germering und Olching ausgelagert sind. Vom Schuljahr 2018/19 an sollen die Klassen deshalb aus den Außenstellen zurückgeholt werden und alle in dem dreistöckigen Container unterkommen, der derzeit nahe dem Stockmeierweg steht und der Berufsschule derzeit als Interimslösung während der Bauarbeiten dient.

Die Berufsschule wird in zwei großen Bauabschnitten abgerissen und neu errichtet. Der Klassenzimmercontainer, der eigentlich mit dem Bezug des ersten Neubauteils im nächsten Herbst abgebaut werden sollte, soll deshalb stehen bleiben, um ein Geschoss reduziert werden und die Flüchtlingsklassen aufnehmen. "Es gibt keine sinnvolle Alternative zur Unterbringung der Flüchtlingsbeschulung im Container an der Berufsschule", heißt es in einer schriftlichen Zusammenfassung der Kreisverwaltung. Als Alternative war auch eine Unterbringung in der alten Landwirtschaftsschule geprüft worden, doch dort wäre ein Umbau nötig. Zudem reicht die Fläche nach Ansicht der Verwaltung nicht für elf Klassenräume aus. Berufschulleiterin Reuß äußerte kürzlich den Wunsch, dass sie den Container gerne behalten würde, denn mit den Fahrten zu den Außenstellen "verbringen wir zu viel Zeit auf der Straße". Über den Verbleib des Containers, der gegenüber der Wittelsbacher Halle steht, entscheidet die Stadt Fürstenfeldbruck.

Mit dem nächsten Schuljahr sollen dann die Flüchtlingsklassen aus den Containern am Max-Born-Gymnasium Germering und am Gymnasium Olching nach Fürstenfeldbruck umziehen. Derzeit gibt es acht Berufsintegrationsklassen, vier als sogenannte Vorklassen im ersten Jahr und vier im zweiten Jahr. Sie dienen zunächst dem Spracherwerb und dann der Berufsvorbereitung. Nach den beiden Jahren sollen die Schüler ausbildungsreif sein, das Programm gilt als ehrgeizig. Die einzelnen Klassen bestehen aus 14 bis 19 Schülern. Den Unterricht halten Berufsschullehrkräfte und Lehrkräfte eines Kooperationspartners der Schule ab, die für den Unterricht in Deutsch als Zweitsprache ausgebildet sind. Zudem wurde Mitte Oktober - ebenfalls am Gymnasium Olching - eine Sprachintensivklasse eingerichtet zur Alphabetisierung von zwölf Schülern, die nicht lesen oder schreiben können, zumindest nicht in lateinischer Schrift.

Eine Prognose darüber, wie viele Flüchtlinge in Zukunft unterrichtet werden müssten, sei wegen der "nicht absehbaren Flüchtlingszahlen nicht möglich", heißt es aus dem Landratsamt. Man geht allerdings davon aus, den Klassenzimmercontainer am Stockmeierweg noch etwa fünf bis zehn Jahre zu benötigen. 250 000 Euro muss der Landkreis an Miete und Bewirtschaftungskosten dafür aufbringen.

Auch an der Erstaufnahmeeinrichtung am Fliegerhorst, wo derzeit knapp 50 berufsschulpflichtige Asylbewerber untergebracht sind, wird seit Februar Sprachunterricht angeboten, den allerdings in der Regel nur etwa zehn bis 15 Schüler besuchen. Es ist ein freiwilliges Angebot. Kreisschulreferent Christian Stangl (Grüne) fragte deshalb jüngst in einer Sitzung des zuständigen Kreiskulturausschusses nach den Gründen für das geringe Interesse. "Das kann ich nicht beantworten", antwortete Schulreferatsleiter Günter Sigl. Es sei schon immer so gewesen, dass der Anteil derer, die den Unterricht am Fliegerhorst besuchen, gering ist. Schon im vergangenen März hatte er dem selben Ausschuss von einem "wegen der vielen Wechsel komplizierten Beschulungsmodell" und von "schwankenden Zahlen" berichtet. Die Bewohner dort seien zumeist nicht lange vor Ort, deshalb sei ihre Motivation wohl nicht gerade hoch. Landratsstellvertreterin Martina Drechsler (CSU) ergänzte, dass es einer anderen Aussage zufolge den jungen Asylbewerbern dort jetzt "zu dunkel und zu kalt" sei und sie "zu dieser Jahreszeit nicht so früh aufstehen könnten".

© SZ vom 03.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: