Der Politiker:Termine dürfen Spaß machen

Lesezeit: 2 min

Seine Vormittage verbringt Reinhold Bocklet regelmäßig am Schreibtisch seines Büros als Landtagsvizepräsident im Maximilianeum. (Foto: Privat)

Reinhold Bocklet, 74, hat noch so viele Verpflichtungen wie in seiner Zeit als Minister

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell

Im Alter von 74 Jahren steht der Gröbenzeller Reinhold Bocklet als CSU-Abgeordneter und Landtagsvizepräsident noch voll im Arbeitsleben. Dass er damit "ein bisschen ein Exot" ist, wie er lächelnd anmerkt, weiß er durchaus. Schließlich ist er inzwischen der einzige und letzte Werktätige seiner Abiturklasse. Während bei seinen ehemaligen Mitschülern Krankheiten und Wehwehchen inzwischen eine größere Rolle spielen, gelten für Bocklets Leben noch andere Prioritäten. Was er als positiv empfindet.

Dazu kommt noch etwas. Ein Berufspolitiker zu sein, sei, wie er beteuert, nicht vergleichbar mit einem Angestelltenverhältnis, in dem täglich in einer bestimmten Stundenzahl ein von einem Chef vorgegebenes Arbeitspensum zu erledigen ist. "Man ist als Politiker selbständiger Unternehmer, man ist Herr seiner selbst, trotz aller Verpflichtungen", beschreibt der ehemalige bayerische Landwirtschaftsminister den Unterschied zu einem normalen Arbeitsverhältnis. Genau das ist der Grund, weshalb er seine Tätigkeit nicht etwa als "Fron" empfindet, sondern als etwas, was ihm Spaß macht und selbst nach 38 Jahren immer noch interessant ist.

Der Spaßfaktor ist groß und wichtig. So war der 74-Jährige, dessen politische Karriere 1979 mit dem Einzug ins Europaparlament begonnen hatte, erst einige Tage vor dem SZ-Gespräch von einer Reise aus Kopenhagen zurückgekehrt. Dort nahm er an einer Vorstandssitzung der Europäischen Volkspartei teil. Der Gröbenzeller war 14 Jahre lang Europaparlamentarier. Seit dieser Zeit gehört er vielen internationalen Gremien an. Da es keinen bayerischen Außenminister gibt, darf sich Bocklet, der viel im Ausland unterwegs ist, gelegentlich zumindest so fühlen, als sei er der Außenminister. Zehn Jahre lang übte er, der Ritter der Ehrenlegion der Französischen Republik ist, ein Ministeramt in Bayern aus, zuerst zuständig für Europa, dann für die Landwirtschaft. Eines hat sich danach nicht geändert. Er kommt, wie in seiner Ministerzeit auch, immer noch auf bis zu 20 Termine pro Woche. Zu diesen gehört die Teilnahme an der 120-Jahrfeier der Gaststätte Haderecker ebenso wie die Begleitung einer Delegation von Abgeordneten aus den USA, die in München sowohl den BMW- als auch den Siemenschef treffen. "Die Termine dürfen schön sei", merkt er fast schon genießerisch an. Von Dienstag bis Freitag verbringt der Abgeordnete zudem regelmäßig die Vormittage im Landtag in seinem Büro als Erster Vizepräsident. Dort läuft vieles über seinen Schreibtisch, unter anderem jede zweite Petition und jede zweite Anfrage von Abgeordneten an die Staatsregierung.

"Mich für die Leute einzusetzen, ist mein Lebensinhalt", beteuert der 74-Jährige. Das mache er gern und freue sich, wenn er Erfolg habe. Zu seinem Selbstverständnis gehört es, die Arbeit "gut und kompetent" zu machen. Im Vergleich zu früher hat sich durchaus einiges geändert. So gab der CSU-Politiker vor zwei Jahren seine Zulassung als Rechtsanwalt zurück. Bis dahin war noch als Berater tätig. Und er studiert nicht mehr wie früher in langen Nächten Akten und Unterlagen. Kommt er nach Hause, denkt der Gröbenzeller inzwischen öfter mal, er sollte mehr Zeit in seinem schönen Garten verbringen. Mit dem Älterwerden verbindet der Politiker die Erfahrung, die Dinge mehr aus der Distanz zu sehen. Wobei sich die Freude am Machen nicht geändert habe.

Nur auf Arbeit will sich Bocklet nicht reduzieren lassen. Schließlich geht er gerne in Konzerte und zum Wandern. Als er kürzlich in Kopenhagen war, nahm er sich Zeit für einen Besuch des dänischen Nationalmuseums. Nach dem Abschied vom Landtag will Bocklet bei Städtereisen nachholen, was bei den Aufenthalten als Politiker viel zu kurz kam: bei Sightseeing die Orte zu erkunden - sowie Sandstrände zu genießen. Und er hat sich vorgenommen, mehr zu schreiben. Keine literarischen Werke, sondern Beiträge und Aufsätze zu politischen Themen, was er schon jetzt bisweilen tut.

© SZ vom 29.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: