Corona-Immunisierung:Impfbereite Mediziner

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Man hätte sich mehr Zeit lassen sollen: Der Radiologe Andreas Forster ist Sprecher des ärztlichen Kreisverbands. (Foto: Carmen Voxbrunner)

In den nächsten Wochen soll deutlich mehr Vakzin geliefert werden. Große Hoffnungen ruhen deshalb auch im Landkreis auf den Hausärzten. Die würden schon mitmachen, warnen aber vor bürokratischen Hürden

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Die meisten Ärzte im Landkreis sind bereit, sich an der Impfkampagne zu beteiligen und das Vakzin gegen Sars-CoV-2 in ihren Praxen zu verabreichen. Das sagt Andreas Forster, Sprecher des Ärztlichen Kreisverbandes. Der Radiologe mahnt die erforderliche Anpassung der gesetzlichen Richtlinien an und warnt vor allem vor zu viel Bürokratie.

Insgesamt etwa 120 Arztpraxen gibt es im Landkreis. Knapp 70 davon dürften Hausarztpraxen sein, die als besonders geeignet gelten, weil sie engen und regelmäßigen Kontakt zu ihren Patienten haben. Grundsätzlich seien aber wohl fast alle Ärzte bereit und in der Lage zu impfen, so Forster. Auch für ihn wäre das wie eine Tetanusimpfung: kein Problem. Große Hoffnungen ruhen auf den niedergelassenen Medizinern, weil in den kommenden Wochen mit einem deutlichen Anstieg der Impfstofflieferungen gerechnet wird. Dann reicht die Kapazität des einzigen Impfzentrums im Landkreis nicht mehr - im Westen der Kreisstadt können täglich bis zu 620 Spritzen verabreicht werden - nebst obligatorischer Vor- und Nachsorge (Information und anschließende Beobachtung). Hinzu kommt eine überschaubare Zahl durch mobile Impfteams.

Das zusätzliche Engagement der Ärzte wäre nach Forsters Überzeugung "ein großer Schritt weiter" - will die Bundesregierung doch jedem Impfwilligen bis Anfang Herbst ein Angebot machen. Im Landkreis gibt es Statistiken des Landesamts zufolge etwa 185 000 Personen, die älter als 16 Jahre sind und entsprechend für eine Immunisierung als geeignet gelten. In Anbetracht der Tatsache, dass die meisten Impfstoffe im Abstand einiger Wochen zweimal verabreicht werden sollten, ist klar, dass im Landkreis deutlich mehr als tausend Menschen pro Tag versorgt werden müssen. Das Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung hat eine Rechnung aufgemacht, der zufolge bis Ende Juli die erwachsene Bevölkerung in Deutschland geimpft werden könnte. Die Ärzte mit ihren Praxen brächten alles mit, um auf diesem Weg schnell Erfolge zu erzielen. 50 000 der bundesweit rund 75 000 Arztpraxen könnten täglich jeweils 20 Impfstoffdosen verabreichen.

Ohne die vorhandenen Kapazitäten in den Praxen wird es also kaum funktionieren. Vorbehalte gibt es bei den Medizinern, weil sie wissen, dass es mit einer Spritze nicht getan ist, sondern das organisatorische Drumherum zeitraubend sein dürfte.

So müssten sie sich ins landesweit verwendete Computerprogramm einarbeiten. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat das Problem offenbar erkannt und versucht, Bedenken bei Haus-, Fach-, Betriebs- und Schulärzten zu dämpfen. Er will die "starre Impfbürokratie und die extrem aufwendigen Dokumentationspflichten" eindämmen. Wie das passieren soll, ist freilich offen.

An diesem Dienstag sind im Landratsamt Gespräche mit der Regierungspräsidentin Maria Els anberaumt, in denen es um Möglichkeiten geht, die Impfkapazitäten deutlich auszubauen. Dann wird es auch um Mammendorf als Standort für eine mögliche Dependance oder Popup-Impfzentren gehen. Sollte auch das "Hausärztemodell" zur Sprache kommen, könnte sich ein Blick nach Unterschleißheim lohnen. Dort hat unter Aufsicht des Gesundheitsamts bereits ein Testlauf in sechs Hausarztpraxen begonnen. Einer der Beteiligten ist Friedrich Kiener, der stellvertretende Versorgungsarzt, der zudem ärztlicher Direktor am Unterschleißheimer Impfzentrum ist und deshalb beide Varianten kennt. Jede Woche zähle, sagt der 59-Jährige, der seit 29 Jahren eine Praxis führt. Kieners Ansicht nach muss die Auswahl der zu Impfenden weiter automatisch über die zentrale Software Bayimco laufen. Denn Ärzte dürften nicht auf das System zugreifen, weil sie sonst Daten von fremden Patienten einsehen könnten. Das heißt: Es muss jemand vom Impfzentrum dafür Sorge tragen, dass aus dem Patientenpool der Ärzte Personen nach Priorisierung in Bayimco eingepflegt werden, damit das Programm die Berechtigten ausspuckt. Ähnlich äußerte sich am Freitag bei einem Besuch von CSU auch Matthias Skrzypczak, der ärztliche Leiter des Impfzentrums in Fürstenfeldbruck.

22 Impfdosen wurden Kieners Praxis in Unterschleißheim am Freitag zugewiesen. "Wir wollen beweisen, dass es geht", sagt er. Soll aus solchen Tests Routine werden, dann muss es freilich eine stabile gesetzliche Basis geben. Und die Praxen müssen für die Zusatzaufgabe auch honoriert werden, sagt der Fürstenfeldbrucker Ärztesprecher Andreas Forster. Wenn das geklärt ist und auch Impfstoff sowie die wünschenswerte Impfbereitschaft bei den Menschen vorhanden sei, "dann könnten wir sofort mit der Vergabe von Terminen beginnen", sagt Forster.

© SZ vom 09.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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