Campo Limpo und Amnesty:Schweigen für bessere Welt

Lesezeit: 2 min

In Puchheim wird für Menschenrechte demonstriert

Von Peter Bierl, Puchheim

Frauen fliehen vor Zwangsheiraten und Folter, Journalisten werden wegen ihrer Veröffentlichungen eingesperrt, Kinder müssen in Textilfabriken schuften -regelmäßig berichtet Amnesty International, dass es weltweit um die Einhaltung der Menschenrechte schlecht bestellt ist, auch wenn fast alle Regierungen und Politiker Lippenbekenntnisse ablegen. Menschenrechte werden von Staaten, Gruppen und Einzelnen missachtet, oft gezielt und vorsätzlich. Die Gruppe Campo Limpo in Puchheim veranstaltet deshalb wie jedes Jahr einen Schweigekreis zum Tag der Menschenrechte am Samstag beim Mahnmal "Nord-Süd-Durchblick" am Bahnhof.

"Wir wollen damit immer wieder ein Signal aussenden, dass die Menschenrechte die Grundlage unserer Arbeit sind", erklärt Walter Ulbrich, der Vorsitzende des Vereins. Seit 1975 unterstützt Campo Limpo in Brasilien Kleinbauern, Landarbeiter, Landlose, Gewerkschafter, Slumbewohner und indianische Gruppen gegen staatliche Repression und wirtschaftliche Ausbeutung. Während in Brasilien damals eine Militärdiktatur herrschte, entstanden in Deutschland die Umwelt- und Frauenbewegung sowie eine Solidaritätsbewegung mit der Dritten Welt. In Puchheim griffen Aktivisten, einige davon aus dem kirchlichen Bereich, diese Themen auf und setzten sich mit globalen Zusammenhängen, Bewusstseinsbildung und persönlichen Lebensstilen auseinander. Seit damals betreiben die Mitglieder zu Hause Aufklärungsarbeit und fördern Projekte zur Selbsthilfe. Eine Lehrwerkstatt in São Paulo war das erste Projekt, im Lauf der Jahrzehnte hat Campo Limpo insgesamt 77 Projekte mit etwa 2,8 Millionen Euro unterstützt.

Die sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Rechte, die im UN-Sozialpakt von 1966 enthalten sind, stehen für Campo Limpo im Vordergrund. Diesen Pakt haben die UN-Mitgliedsstaaten ratifiziert, viele halten sich aber nicht daran, rügt Ulbrich. Diese Kritik geht auch an die deutsche Regierung. Campo Limpo hat sich in einer Petition an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gewandt. Die UN-Leitlinien seien zwar Teil der Koalitionsvereinbarungen von Union und SPD, erzählt Ulbrich. Statt jedoch verbindliche rechtliche Maßnahmen zu beschließen, begnüge sich die Regierung mit freiwilligen Selbstverpflichtungen von Unternehmen. Energischere Bestimmungen seien durch die Lobbyisten der Industrie "völlig aufgeweicht" worden, kritisiert er.

Ein Aspekt ist die Schuldenfrage. Campo Limpo dreht den Spieß um und fragt nach den Schulden, die reiche Staaten wie Deutschland anhäufen, in dem sie von kolonialer Ausbeutung und Abhängigkeit profitierten. Die Mitglieder verfassten eine Petition zur Entschuldung von Brasilien. Im Oktober 1992, pünktlich zum 500. Jahrestag der vermeintlichen Entdeckung Amerikas, dem Auftakt kolonialer Eroberung und Ausplünderung, wurde das Mahnmal eingeweiht, das der Künstler Franz Hämmerle geschaffen hat. Zwei Monate später fand der erste Schweigekreis statt. Seitdem gestalten Campo Limpo und Amnesty International diese Aktion zum Tag der Menschenrecht im jährlichen Turnus abwechselnd.

Schweigekreis, Bahnhof Puchheim, Samstag, 10. Dezember, 19 Uhr; zuvor thematischer Gottesdienst in der Kirche Sankt Josef, Beginn 18 Uhr.

© SZ vom 09.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: