Brucker Stadtrat:"Noch nicht erledigt"

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Auf einer Liste sind 181 Anträge zu finden, die auf Bearbeitung oder Umsetzung warten. Sie reicht zurück ins Jahr 2014

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Im Bermuda-Dreieck sollen immer wieder Schiffe und Flugzeuge auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Weil Mitglieder des Brucker Stadtrats nicht wollen, dass ihre Anträge deren Schicksal teilen, haben sie vor einem Jahr beschlossen, sich jeden Herbst eine Liste mit den noch nicht erledigten Anträgen vorlegen zu lassen.

Anträge zu stellen gehört zu den Kernkompetenzen eines kommunalen Gremiums. Da kann es um den Bau eines Kindergartens gehen, die Sanierung einer Straße oder die Einführung eines Radverleihsystems. In der Regel nimmt die Verwaltung zu einem Antrag Stellung und gibt dann die Empfehlung, ihn anzunehmen oder abzulehnen. In den zurückliegenden Jahren haben sich die Klagen im Stadtrat gehäuft, dass viele eigentlich geplante Investitionsprojekte nicht vorankommen. Auch deshalb ist ein Blick auf die Anträge, die "noch nicht behandelt" wurden oder bei denen "der gefasste Beschluss noch nicht umgesetzt ist", interessant. Wer an Verzögerungen schuld ist, lässt sich gleichwohl nicht so pauschal sagen. Es kann die überlastete Verwaltung sein. Zu Verzögerungen können aber auch Stadträte beitragen, die als besonders diskussions- und antragsfreudig gelten (CSU, SPD und BBV nennen hier gerne Alexa Zierl, ÖDP). Manchmal landen Anträge aber auch zwangsläufig auf der langen Bank - etwa dann, wenn es um die spätere Ausgestaltung von Projekten geht, die noch gar nicht fertig geplant respektive gebaut wurden, wie im Fall der künftigen Grundschule West.

Stadträte sowie die Fachbeiräte genießen Antragsrecht. Erstmals behandelt werden sollten eingereichte Anträge laut Geschäftsordnung innerhalb von vier Monaten. Das ist manchmal graue Theorie: Die nun vorgelegte Liste enthält 181 Posten. Sie beginnt mit einem Antrag von Axel Lämmle, der 2017 den Stadtrat verlassen hat. Am 7. Mai 2014 hatte er beantragt, die Umwidmung der Bundesstraße 2 im Stadtgebiet zu prüfen. Es gibt zwar einen ersten positiven Stadtratsbeschluss. Weil die Sache aber vor allem von überörtlichen Behörden entschieden wird und noch nicht endgültig geklärt ist, prangt hinter dem Posten in roten Lettern: "Noch nicht erledigt." Die Liste endet mit Antrag Nummer 181 und dem gleichen Vermerk. Mirko Pötzsch hat ihn am 25. September 2019 bei der Stadt eingereicht. Mit der gewünschten Einführung von Anzeigentafeln an Bahnhöfen werde sich der Fachausschuss wohl im Februar 2020 beschäftigen, so der Hinweis der Verwaltung.

Oberbürgermeister Erich Raff (CSU) weist in der Debatte darauf hin, dass man getrost 60 Anträge aus der Liste streichen könnte. Gleichwohl sind sich Politiker wie Andreas Lohde (CSU) weitgehend einig, dass es unbefriedigend ist, wenn so viele Anträge so lange verschoben werden. Karin Geißler (Grüne) wird deutlicher. Teils gebe es einstimmige Beschlüsse und trotzdem gingen viele Sachen nicht voran - "das ist ja der Wahnsinn". Philipp Heimerl (SPD) klagt, der Gestaltungswille des Stadtrats werde ausgebremst. Und sein Fraktionskollege Walter Schwarz empfindet es sogar als "Unverschämtheit", dass ein vor einem Jahr gestellter Antrag, die Nutzungsmöglichkeiten der Fliegerhorst-Sportstätten zu prüfen, offenbar ignoriert worden sei. Es geht noch besser: Mirko Pötzsch (SPD) ruft einen Antrag von 2009 in Erinnerung. Anke Bille hatte damals den Bau eines Spielplatzes am Stadtpark beantragt. Bille schied 2014 aus dem Stadtrat aus. Pötzsch leuchtet mitten hinein ins Bermudadreieck: Es gebe weitere 40 noch unbehandelte Anträge aus der Amtsperiode 2008 bis 2014.

Auch ohne Antrag wird beschlossen, die Liste auszulichten und noch möglichst viel abzuarbeiten bis zur Wahl im März.

© SZ vom 28.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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