Brucker Stadtradeln:Hercules im Gelben Trikot

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Ein nach einem griechischen Helden benanntes Zweierteam legt beim Brucker Stadtradeln die größte Distanz zurück- jedenfalls relativ

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Alles ist irgendwie relativ, das weiß man spätestens seit Albert Einstein. Der Beweis für die These? Nehmen wir die Schüler und Lehrer des Graf-Rasso-Gymnasiums. Die haben gemeinsam bei der zehnten Auflage des Stadtradelns in Fürstenfeldbruck nicht weniger als 12 551 Kilometer zurückgelegt. Eine ordentlich Strecke. Würde man sich immer in südöstlicher Richtung halten und könnte auf direkter Luftlinie auch übers Wasser radeln, dann käme man in Kupang an, der Provinzhauptstadt der indonesischen Insel Timor.

Das Ehepaar Weigelt ist in den drei Wochen Stadtradeln in Addition 2076 Kilometer gefahren - das würde auf der Luftlinie "nur" etwa bis ins marokkanische Fez reichen. Dass sie in der Kategorie "Kilometer pro Teilnehmer" dennoch auf Rang eins landeten, führt wiederum zu Einstein. Denn sie waren als Duo unterwegs, während das Radeln bei den Gymnasiasten und Lehrern ein Breitensport war - ihr Team zählte 833 aktive Teilnehmer, die sich mit vereinten Kräften den Preis für die größte Gesamtdistanz sicherten.

Mit Hilfe der Elektrounterstützung zieht Evi Weigelt ihrem Mann an Steigungen regelmäßig davon, in der Ebene aber sind sie gleichauf. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Im Lichtspielhaus gibt es am Dienstag aus den Händen von Oberbürgermeister Erich Raff und der Fahrradbeauftragten Claudia Gessner Preise für die jeweils drei Erstplatzierten der Kategorien. Bei den Mannschaften landete hinter dem Gymnasium (500 Euro Wertscheck, der für eine Berufsschule in Togo eingesetzt werden soll) mit 12 515 Kilometern das 50 Teilnehmer zählende Biking Team der Firma Schleifring und mit 12 063 Kilometern das Offene Team mit 31 Aktiven. Und hinter den Weigelts aufs Stockerl steigen dürfen in der Kategorie "Kilometer pro Teilnehmer" Michael Mehnert und Markus Seibert vom Team "Lackaffen", die jeweils 859 Kilometern gefahren sind. Auf Platz drei kamen Evelyn und Jürgen Blüml aus Neulindach mit je 854 Kilometern.

Ziemlich souverän sind also Evi und Hubert Weigelt im Feld der insgesamt 1200 Radfahrer ihrem Triumph entgegengeradelt. Siege sind die 63-Jährige und ihr vier Jahre älterer Mann gewöhnt, schließlich haben sie ihren Titel verteidigt: Bereits im vergangenen Jahr waren sie Spitzenreiter. 1006 Kilometer waren sie da geradelt, allerdings dauerte das Stadtradeln nur zwei Wochen und fand im Herbst statt, weshalb das Wetter oft nicht mitspielte. Damals firmierte das sehr mobile Ehepaar als Team "Habicht". In diesem Jahr tauften sie sich "Hercules". Der muskelbepackte griechische Held wurde bekanntlich für seine fern der Heimat bestandenen Abenteuer in den Olymp aufgenommen.

Die Weigelts sind auch jenseits des Stadtradelns viel mit Muskelkraft unterwegs, weil das Spaß macht, fit hält und man auf landschaftlich reizvollen Wegen jenseits großer Straßen und Staus unterwegs sein kann. Rund um den Gardasee in Oberitalien sind sie häufig im bergigen Terrain auf Achse, gern auch mal mehr als 500 Kilometer pro Woche. Den Wettbewerb nutzten sie, um noch öfters als sonst den Sohn in Haar zu besuchen oder für Visiten des Ammersees und Starnberger Sees. Schnell kommen bei solchen Tagestouren hundert Kilometer zusammen. In guter Erinnerung hat Hubert Weigelt noch eine Steigung nahe dem Wörthsee. "Da geht es drei Kilometer bergauf", das koste schon Kraft. Seine Frau hängt ihn an solchen Stellen mit ihrem Mountainbike dank "Elektro-Turbo" zwar ab, bergab und in der Ebene holt Hubert Weigelt aber dann immer schnell wieder auf.

Im Lichtspielhaus wird nach der Siegerehrung der Film "So weit" gezeigt, eine Doku über den Musiker Till Seifert, der spontan 1400 Kilometer von Flensburg zur Zugspitze radelt, mit einem Eingang-Fixie, dessen Kette schon mal mit Olivenöl geschmiert wird. Seifert wird am Dienstag live ins Lichtspielhaus zugeschaltet, beantwortet Fragen des Publikums und beteuert, Fürstenfeldbruck nächstes Mal nicht mehr links liegen zu lassen.

Ob so eine Tour ein Projekt für die Weigelts wäre? Im Prinzip schon, sagt Hubert Weigelt. Auch wenn man natürlich kein Wohnmobil als Begleitfahrzeug hätte und sein Gepäck selbst transportieren müsste - aber so eine Strecke als Untrainierter und bei jedem Wetter mit einem Rad ohne Gangschaltung zu schaffen, das sei schon eine tolle Leistung. Die Weigelts haben eine andere Herausforderung im Blick: Von Salzburg ins italienische Grado, 350 Kilometer, die freilich über Bergpässe führen, "das würden wir gerne nächstes Jahr packen".

Auf den Olymp, wo sich Hercules und die griechischen Götter eingerichtet haben, könnten Evi und Hubert Weigelt von manchem Alpengipfel glatt herabschauen. Das griechische Gebirgsmassiv ist 2918 Meter hoch. Der Hohe Dachstein in Österreich hat mit 2995 Metern aber - auch relativ gesehen - die Nase vorn. Höchste Zeit also für einen noch ambitionierteren Teamnamen bei der elften Auflage des Stadtradelns. "Hercules"könnte mit "Nike" getoppt werden. Die Zeus-Tochter ist die Göttin des Sieges und der Sportlichkeit.

© SZ vom 25.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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