Bilderwelten:Kunstsammlung für die Nachwelt

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Im Eichenauer Rathaus werdendie Gemälde von heimischen Künstlernbewahrt und ausgestellt

Von Florian J. Haamann, Eichenau

Immer, wenn in Eichenau eine Kunstausstellung stattfindet, sind auch Bürgermeister Peter Münster und Kulturreferentin Céline Lauer dort unterwegs. Nicht nur aus privatem Interesse oder weil einer von ihnen die Eröffnungsrede spricht. Sondern vielmehr, weil die beiden Ausschau halten nach möglichen Neuerwerbungen für die Kunstsammlung der Gemeinde. Dabei suchen sie nach künstlerisch wertvollen Werken, die Bezug zu Eichenau haben, oder deren Künstler von dort stammen und die in einer Sammlung vereint für nachfolgende Generationen bewahrt werden sollten. Ein mittlerer vierstelliger Betrag stehe dafür jährlich zur Verfügung, erzählt Münster in seinem Bürgermeisterbüro, dessen Wände denen in einer kleinen Galerie gleichen.

Die angekauften Bilder und Grafiken befinden sich nicht in einem Depot, sondern sind im Rathaus ausgestellt und für alle Besucher zu sehen. (Foto: Johannes Simon)

Links neben seinem Schreibtisch hängt ein Gemälde von Ben Jakov, besser bekannt als der 2016 verstorbene Holocaustüberlebende und antifaschistische Widerstandskämpfer Max Mannheimer. Es ist ein Bild auf dessen Besitz Münster stolz ist und mit dem er sich intensiv beschäftigt. "Ich schaue es mir tatsächlich immer wieder an. Erst kürzlich habe ich mit dem Eichenauer Künstler Roland über Technik und Farbführung gesprochen", sagt er. Hinter Münsters Arbeitsplatz hängen Drucke des neben Helmer wohl bedeutendsten Eichenauer Künstlers: Josef Dering. Bekannt vor allem für seine christlichen Motive, überrascht die Thematik der Drucke umso mehr. In der Dering-typischen Technik, reduzierte Linienführung, geometrische Formen, viel schwarz und weiß im Kontrast, mit kräftigen Farben, sind darauf jeweils mehrere Akte zu sehen.

Die Sammlung umfasst 100 Kunstwerke. (Foto: Johannes Simon)

Und dann hängt da in Münsters Büro noch ein Ölgemälde von Jorgos Busianis. Der hatte in den Zwanzigerjahren längere Zeit in Eichenau gelebt, war Mitglied der Münchner Sezession, seine Werke sind heute in der Nationalgalerie in Athen zu sehen. Das Ölgemälde zeigt möglicherweise den ersten Leiter der Eichenauer Schule, ganz genau könne man das aber nicht mehr sagen, erzählt Münster. Auch habe er die Bilder nicht selbst ausgewählt, sie hingen bereits unter seinem Vorgänger Hubert Jung dort. Nur ein Selbstporträt des Eichenauer Künstlers Helmut Sacher habe er noch ergänzt, es hängt neben dem Busianis.

Der Betrag, der Münster und Lauer jährlich für den Ankauf von Werken zur Verfügung steht, ist freilich überschaubar. Und doch haben es die beiden in den vergangenen Jahren geschafft, die kommunale Sammlung stetig auszubauen. Knapp 100 Werke umfasst sie aktuell, im Vergleich zu anderen Kommunen sei das zwar nicht besonders viel, so Münster, aber man habe auch erst relativ spät angefangen. Konkret habe die Kommune vor etwa dreißig Jahren dann vor allem nach der Schließung der Eichenauer Artothek Ende der Neunzigerjahre mit dem systematischen Ankauf begonnen. Zuvor seien nur vereinzelt Bilder angeschafft worden. Die Artothek war an die Bücherei angeschlossen, Bürger konnten dort jeweils für drei Monate ein Bild aus dem Bestand ausleihen. Einige Jahre habe das gut funktioniert, so Münster, dann habe das Interesse nachgelassen. Das habe wohl auch daran gelegen, dass der Bestand damals nicht stark genug gewachsen sei.

Die kommunale Kunstsammlung der Gemeinde Eichenau umfasst natürlich viele Stile - von gegenständlich bis abstrakt. (Foto: Johannes Simon)

Ein Teil der Bilder wurde verkauft, auch Münster habe damals privat einige erworben. Der Rest wurde zum Grundstock der kommunalen Sammlung. Besonders ist in Eichenau, dass die Bilder nicht in irgend einem Depot stehen und verstauben, sondern zum größten Teil der Öffentlichkeit zugänglich sind. So hängen überall im Rathaus sehenswerte Gemälde, vor allem von Eichenauer Künstlern, neben den bereits genannten unter anderem von Michael Lutz, Joachim Oberländer, Ingrid Redlich-Pfund und Brigitte Storch. Andere sind in der Friesenhalle und anderen kommunalen Gebäude zu sehen. "Die Leute können gerne hier ins Rathaus kommen und sich die Bilder anschauen" sagt Münster. Er halte nichts davon, Kunst im Archive zu stecken, man müsse sie der Öffentlichkeit präsentieren und damit bestenfalls zu kontroversen Diskussionen anregen.

Auch er und Lauer diskutieren regelmäßig darüber, welche Kunstwerke sie ankaufen wollen. "Wir sind nimmer immer zu 100 Prozent einer Meinung, ich bin da eher abstrakter unterwegs, aber wir finden immer eine gemeinsame Linie", so Münster. Erleichtert wir das dadurch, dass sie sich auf einen Katalog von objektiven Kriterien geeignet haben, nach denen sie vorgehen. Dazu gehören der Bezug des Künstlers oder des Werks zum Gemeinde, die Qualität und die Frage, ob das Werk in Form und Technik für den Maler typisch ist. "Und innerhalb dieser Kriterien entscheiden wir dann natürlich nach der finanziellen Lage. Wenn wir zwei ähnlich gute Werke haben, entscheiden wir uns eher für das günstigere", sagt Münster. Immer wieder gebe es auch Schenkungen von Künstlern und manchmal sogar von Privatpersonen.

Eine lebendige Kunst- und Kulturszene hält Münster nicht für einen Luxus, sondern für essenziell. "Kultur ist für mich ein Standortfaktor, der Attraktivität schafft für Menschen, die sich persönlich weiterentwickeln können wollen. Und das sind die Menschen, die es braucht, damit eine Gesellschaft und auch die Wirtschaft weiterleben können", sagt er. Deshalb wolle er der Kunst weiterhin einen großen Stellenwert einräumen. Dazu beitragen soll auch die neu gegründete Kommission "Kunst am Bau". Da in den kommenden Jahren etwa mehrere Um- und Neubauten anstehen, werde es auch künftig genug Fragen geben, über die dann diskutiert und gestritten werden kann.

© SZ vom 31.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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