Bessere Förderung:Anlaufstelle für Schüler mit Problemen

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An den meisten Schulen im Landkreis gibt es Sozialpädagogen. An den Realschulen sind sie nun länger präsent. Denn immer mehr Jugendliche brauchen Hilfe auch außerhalb des Unterrichts

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Jeder achte Realschüler im Landkreis hat schon einmal die Beratung der Sozialarbeiterin an der Schule in Anspruch genommen. Weil der Bedarf so groß ist, erhalten alle vier Realschulen künftig mehr sozialpädagogische Unterstützung. Die Arbeitszeit der dort tätigen Sozialarbeiterinnen wird von bislang 19,5 auf bis zu 25 Wochenstunden ausgeweitet. Der Jugendhilfeausschuss des Kreistags sprach sich einstimmig dafür aus.

Der Beratungsbedarf steigt. Seit fünf Jahren sind an den Realschulen in Fürstenfeldbruck, Maisach, Puchheim und Unterpfaffenhofen sozialpädagogische Fachkräfte tätig. Von den insgesamt mehr als 3800 Realschülerinnen und -schülern ließen sich im Vorjahr 472 beraten, das sind 12,5 Prozent. Die Problemlagen sind vielfältig: Die Sozialarbeiter berichten von pubertären Problemen, häuslicher Gewalt, Schulangst bis hin zu Schulverweigerungen, Verhaltensauffälligkeiten, Unterrichtsstörungen, familiären Problemen, Konflikten unter den Schülern, Leistungsdruck und daraus resultierenden psychosomatischen Beschwerden, emotionalen Vernachlässigungen sowie in zunehmendem Maße von psychischen Auffälligkeiten bei Schülern und Eltern, die sich in Depressionen, Ritzen und Suizidgedanken äußern. Es sind "Problemlagen, die quer durch die Gesellschaft gehen", sagt Nadine Karl, stellvertretende Leiterin des Kreisjugendamtes, der SZ. Es gebe grundsätzlich einen Anstieg bei psychischen Auffälligkeiten - bei Erwachsenen, aber auch im Jugendalter.

Es seien immer wieder Einzelfälle darunter, "die sehr erschüttern", weiß auch Christoph Breuer, Leiter der Realschule in Unterpfaffenhofen. Er begrüße die Aufstockung der Stundenzahl sehr, denn die Sozialpädagogen seien "gut beschäftigt", sagt er. Sie seien als Ansprechpartner und Vertrauenspersonen wichtig, denn die betroffenen Kinder und Jugendlichen brauchten oft sofort jemanden, der sie "auch mal in den Arm nehmen kann". Lehrer könnten das neben dem Unterricht nicht leisten.

Die meisten Beratungen an den Realschulen nehmen Schüler zwischen elf und 15 Jahren in Anspruch. Viele Kinder und Jugendliche suchen von sich aus den Kontakt zu den Fachkräften, Hinweise auf Problemlagen kommen aber auch von den Lehrkräften. Karl zufolge wenden sich auch immer mehr Eltern von sich aus an die Sozialpädagogen und dabei nicht nur solche, deren Kinder bereits in der Beratung sind. Schulleitungen als auch Kreisjugendamt halten die Ausweitung des Beratungsangebots deshalb für dringend notwendig. Dadurch könnten die Gespräche auch zeitnaher durchgeführt und die Prävention ausgebaut werden, heißt es in den Informationsunterlagen, die die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses, die die zusätzlichen Stunden genehmigen mussten, ausgereicht bekamen.

Der Wert von Jugendsozialarbeit an Schulen ist unter Fachleuten längst unstrittig. Was in den Siebzigerjahren als Hilfeleistung an sogenannten "Brennpunktschulen" begann, ist inzwischen in allen Schulformen etabliert. Sie wird gerne "mit einer Art der Erziehungsberatung direkt an der Schule" verglichen, heißt es aus dem Jugendamt. Die sozialpädagogische Unterstützung an den Realschulen und Gymnasien im Landkreis ging auf eine freiwillige Initiative des Landkreises zurück, denn Fördermittel vom Freistaat Bayern gab es bislang nur für Mittel-, Grund- und Förderschulen über das Programm "Jugendsozialarbeit an Schulen" (Jas). Schulleiter Breuer möchte den Landkreis deshalb ausdrücklich loben: "Dass es das gibt, ist keine Selbstverständlichkeit". Jeder Euro, der in die Prävention gesteckt werde, "zahlt sich um ein Zigfaches aus", sagt Breuer.

Künftig können aber auch die bislang freiwilligen Projekte an den Realschulen in das Jas-Programm aufgenommen werden. Das entlastet den Landkreis, der im vergangenen Jahr 950 000 Euro für die sozialpädagogische Unterstützung an den Schulen ausgegeben hat. Künftig wird sich der Freistaat mit 50 Prozent an den Personalkosten beteiligen. Bislang übernahm er nur 30 Prozent, und das auch nur bei den Grund-, Mittel- und Förderschulen. Seit Juli hat auch die Fach- und Berufsoberschule (FOS/BOS) in Fürstenfeldbruck eine sozialpädagogische Fachkraft.

Mittlerweile gibt es sozialpädagogische Unterstützung an beinahe allen Schulen im Landkreis: an den beiden Förderzentren, der FOS/BOS, an neun von elf Mittelschulen sowie an sieben Grundschulen. Nun folgen die Grundschulen im Maisacher Ortsteil Gernlinden und im Olchinger Stadtteil Graßlfing. Voraussetzung ist bislang, dass die Grundschulen für die Einrichtung eines Sozialarbeiters über 20 Prozent an Schülern mit Migrationshintergrund verfügen müssen. In Gernlinden und Graßlfing liegt der Anteil bei jeweils 21 Prozent.

© SZ vom 18.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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