Bauprojekt:Urbanes Quartier nimmt Gestalt an

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Jury kürt aussichtsreichsten Entwurf für die Bebauung des früheren Stadtwerkegeländes in Fürstenfeldbruck. Rund um Aumühle und Schlachthof ist eine Mischung aus Wohnen, Gewerbe und Kreativwirtschaft geplant

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Neben der zivilen Umgestaltung des Fliegerhorsts gibt es in der Kreisstadt ein weiteres Bauprojekt von außergewöhnlicher Dimension: Durch die Verlagerung der Stadtwerke an den westlichen Stadtrand und die ebenfalls geplante Verlegung des Bauhofs auf ein Grundstück neben der Feuerwehr kann rund um den denkmalgeschützten Bestand - Alter Schlachthof und die Altbauten an der Aumühle - auf 5500 Quadratmetern ein neues Viertel in zentraler Lage entstehen. Am Freitag wurde in der Jahnhalle der nach Meinung einer Jury aussichtsreichste Entwurf detailliert vorgestellt.

Im Zuge eines städtebaulichen Wettbewerbs hatten zehn Büros Modelle erarbeitet. Sie zeigen, wie es südlich der Amper einmal aussehen könnte. Die letzte Entscheidung wird der Stadtrat voraussichtlich um den Oktober herum treffen. Mit der Fertigstellung des gesamten Bauprojekts ist sicherlich nicht vor dem Jahr 2030 zu rechen. Mit dem ersten Bauabschnitt südlich der Aumühle kann aber möglicherweise bereits in zwei bis vier Jahren begonnen werden, während andere Häuser für eine Zwischennutzung geöffnet werden. Der Stadtrat wünscht sich in dieser 1-A-Lage ein verkehrsberuhigtes, urbanes Quartier für Kleingewerbe aus den Bereichen Kreativwirtschaft, Kunst, Kultur und Gastronomie sowie Wohnen und Naherholung. Es geht um den großen Bereich südlich der Schöngeisinger Straße, der im Südosten vom Stadtpark und der Bullachstraße begrenzt wird. Der Bereich des begleitenden Ideenwettbewerbs reicht sogar bis zum Leonhardsplatz, der für Radfahrer und Fußgänger attraktiver angebunden werden könnte.

Die dunklen Häuser des Holzmodells sind die geplanten Neubauten. (Foto: Günther Reger)

Auf dem südlichen Teil der Fläche wird die Igewo voraussichtlich etwa 44 Mietwohnungen errichten können, einen Teil davon im geförderten Wohnungsbau. Die Wohnbaugesellschaft hatte sich Grundstücke per Flächentausch gesichert - im Gegenzug erhielten die Stadtwerke das Areal für den Neubau an der Cerveteristraße. Den Teil westlich und nördlich der Stadtbibliothek hat die Stadt von den Stadtwerken erworben. Dort könnten weitere 44 Wohnungen nebst Gewerbeflächen entstehen. So sieht es der Entwurf von Janna Hohn und Josh Yates vom Büro Jott Architecture and Urbanism sowie "Stern Landschaften" aus Köln vor, für den sich die mit Politikern und Experten besetzte Jury unter Vorsitz des Stadtplaners Mark Michaeli von der Technischen Hochschule München am Donnerstagabend nach zehnstündiger Sitzung entschieden hat. Hohn reiste für die Vorstellung am Freitagvormittag noch kurzentschlossen an, um ihren Entwurf persönlich vorzustellen.

Architektin Janna Hohn aus Frankfurt stellt ihren Entwurf vor, für den sich die Jury entschieden hat. (Foto: Günther Reger)

Oberbürgermeister Erich Raff (CSU) sieht in dem Konzept einen Meilenstein nach dreieinhalb Jahre währender Vorbereitung für eine Neugestaltung des ehemaligen Stadtwerkegeländes. An dem Wettbewerb haben Büros aus ganz Deutschland teilgenommen. Dies belege den Stellenwert des Projekts. So sieht das auch Michaeli. "Das ist eine Chance für Fürstenfeldbruck, einen richtig großen Schritt nach vorne zu machen."

Architektin Janna Hohn hat das Areal in zwei "Hubs" unterteilt, die durch den Amperarm getrennt werden. Westlich, auf dem Gelände von Lände und Schlachthof, dominiert eine Mischung aus Wohnen und Kreativwirtschaft. Per Brücke verbunden ist es mit dem Bereich rund um die Aumühle, der als Bildungs- und Innovationshub, ebenfalls mit Wohnnutzung, konzipiert ist. Als Standard gilt eine viergeschossige Bebauung, als "Gegenpol" und damit quasi als "kleiner Bruder" des Aumühlenturms soll westlich des Amperarms ein sechsgeschossiges Gebäude entstehen. Ob neben der neuen Brücke die sogenannte Seufzerbrücke erhalten bleibt, ist offen. Ziel ist es, eine kleinteilige Verbindung von Landschaft, Wasser sowie denkmalgeschütztem Altbestand und Neubauten zu schaffen. Es sollen Freiräume nebst Zugang zum Wasser bleiben, mit Orten der Begegnung wie kleinen Cafés. Mit Hilfe mehrerer Tiefgaragen soll das Quartier weitgehend autofrei bleiben. Nördlich der Aumühle sollen ein Spielplatz angelegt sowie ein Pavillon errichtet werden.

Offen ist noch, ob die Interessengemeinschaft Aumühlenpark zum Zuge kommt, die sich für ein Grundstück nahe dem ehemaligen Taubenhaus interessiert. Mit einer Bauherrengemeinschaft und einer Baugenossenschaft will sie unter eigener Federführung Eigentums- und Mietwohnungen errichten. Im Stadtrat besteht bislang weitgehend Konsens, alternative Wohnformen zu fördern und Grundstücke vornehmlich in Erbpacht zu vergeben, um einheimischen Bürgern zu bezahlbarem Wohnraum zu verhelfen. Alternativ denkbar wäre für die Interessengemeinschaft auch ein städtisches Grundstück am Niederbronnerweg. Oberbürgermeister Erich Raff und Mark Michaeli machten am Freitag klar, dass Hohns Konzept durchaus Raum lassen würde für solche Konzepte.

© SZ vom 01.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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