Ausstellung in Fürstenfeldbruck:Kreativ ohne Rahmen

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Die Brucker Freizeitmaler feiern mit einer großen Ausstellung in der Sparkasse ihr 40-jähriges Bestehen. Das Charakteristische ihrer Werkschau ist die Vielfalt im Stil

Von Christian Hufnagel, Fürstenfeldbruck

Rita Plafka ist das beste Beispiel für all das, was die Brucker Freizeitmaler ausmacht. "Bei uns finden Sie vom Huhn bis zum super modernen Bild alles", sagt die Vorsitzende etwa über den Stil der Gruppe, der eben kein expliziter ist, sondern der größte Vielfalt abdeckt. Und ihre drei Beiträge in der Jubiläumsausstellung zum 40-jährigen Bestehen der Vereinigung zentrieren gewissermaßen den Charakter des Gesamten: Diese führen vom Realismus hin zur Abstraktion: vom Athletenkörper, an dem jeder Muskel ausformuliert ist, während er eine popartige knallrote Wand emporsteigt und dem Titel "Farbklettern" wunderbar Ausdruck verleiht, hin zur reinen Wirkungskraft von Farbe und Form, wenn im "Spiegelbild" Linien und Flächen in Blau- und Violetttönen ein organisches Muster bilden, das durch eine Reihe quadratischer Spiegelstücke akzentuiert und kontrastiert wird.

Sie arbeite sehr gerne "formdominant", probiere sich aber auch im Abstrakten, sagt die Vorsitzende über sich selbst. Ein künstlerisches Credo, das sich über die gesamte Ausstellung im ersten Stock der Sparkassen in der Fürstenfeldbrucker Hauptstraße legen lässt. Denn das Spektrum der Werkschau reicht vom gegenständlichen und figürlichen Abbilden der sichtbaren Wirklichkeit bis hin zu deren Auflösung hinein in die grenzenlosen Weiten der interpretatorisch reichhaltigen Ausdruckskraft, wenn Form und Farbe eine autarke Wechselbeziehung eingehen. Also begegnet der Besucher der stimmungsvollen Ölmalerei von Inge Wölfinger, die die naturalistische Landschaft durchaus ins Symbolische treibt, wenn Allee, Feld und dörfliche Ansicht auf dem Hügel zwischen gewittrigem Untergang und sonnendurchflutetem Aufbruch liegen und der Titel "Wo Dunkelheit, da auch Licht" sich als deskriptiver Kommentar einfügt. Expressiver die Ölbilder von Eva Kessler, der in "Lost Women" ein wunderbar rätselhaft archaisch anmutendes Doppelporträt zweier Afrikanerinnen gelungen ist. Ins weichgezeichnete Fotorealistische führt das Airbrushbild "Po-esie", dessen Titel nicht zu viel verspricht: Auf einem weiblichen Rückenakt ruht auf dem assoziierten Körperteil ein oranger Schmetterling und verleiht der Erotik einen poetisches Anstrich.

"Farbklettern" nennt sich dieses Werk von Rita Plafka. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Und schließlich löst sich beim Rundgang die Figürlichkeit komplett auf. Valentin Zoltan Nagys "Farbenkampf" ist so ein von aller Gegenständlichkeit befreites Artefakt, das mit zerfließender leuchtender Farbtusche als Grundlage und collagierten horizontalen und vertikalen schnurgeraden Linien eine eigenen Fantasiekosmos kreiert. Ein anderes Werk ist die sehr reife und souverän erscheinende Abstraktionsmalerei von Rita Rieger-Blum, die in ihren Bildern "Trondheim" und "Ausblick" nicht viel mehr benötigt als sich an den Rändern ausfließende geometrische mattfarbige Formen.

In der Gesamtheit mündet die Jubiläumsausstellung sicherlich in der Feststellung, mit der die Vorsitzende die Mitglieder kennzeichnet: Jeder habe seinen eigenen Stil. Zudem: "Uns verbindet das gemeinsame Interesse an der Kreativität und der Liebe zur Farbe." Und alle haben einen ähnlichen Werde- und Zugang zur Kunst wie Plafka. Sie gehen oder gingen einem Brotberuf nach und fanden irgendwann zum Malen: Die Eichenauerin mag auch in ihrer Biografie beispielhaft sein: Als Elektroingenieurin sei erst einmal Künstlerisch gar nichts gegangen, erzählt sie. Als dann die Kinder gekommen seien, drei insgesamt, und sie deshalb zu Hause geblieben sei, habe sie mit dem Malen angefangen. Heute könnte die 69-Jährige ohne die Kunst nicht sein: "Ich brauche das einfach. Wenn der Pinsel weg ist, stimmt etwas nicht", beschreibt sie ihre Leidenschaft.

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(Foto: Carmen Voxbrunner)

Plafka beim Aufhängen.

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(Foto: Carmen Voxbrunner)

Eine Landschaft von Inge Wölfinger.

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(Foto: Carmen Voxbrunner)

"Ausblick" von Rita Rieger-Blum.

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(Foto: Carmen Voxbrunner)

"Po-esie" von Johann Nauder.

Und diese teilt sie mit derzeit 18 anderen Mitgliedern. Einmal im Monat treffen sich die Brucker Freizeitmaler. Dieser regelmäßige Stammtisch dient zum Austausch. Gemeinsame künstlerische Projekte seien eher selten, sagt die Vorsitzende. Dafür aber zwei Ausstellungen im Jahr, eine davon thematisch. Und alle zwei Jahre ist man in der Sparkasse zu Gast. Dazu gibt es die Dauerausstellung im Brucker Rathaus, einmal im Jahr werden dort die Bilder ausgewechselt: "Es ist schön, einen festen Platz zu haben, auf den man Interessenten zu jeder Zeit verweisen kann", würdigt Plafka die Stadt. Über Anerkennung kann sie sich nicht beklagen. Sorgen bereitet ihr etwas anderes: die Überalterung. Die meisten seien in Rente und schon sehr lange dabei. Plafka selbst gehört der Gruppierung seit 1995 an, als einziges Gründungsmitglied ist noch Ernst Kögl mit dabei. Es gebe zwar natürlich Jüngere, die auch kreativ seien, sagt die Vorsitzende, "aber jüngere Malbegeisterte haben oft nicht die Zeit für regelmäßige Zusammenkünfte oder den Mut, mit ihren guten Arbeiten an die Öffentlichkeit zu gehen".

Doch die Brucker Freizeitmaler können guter Hoffnung auf Nachwuchs sein. In diesem Sommer hätten sie einen Versuchsballon gestartet, blickt Plafka auf eine Veranstaltung im Gartenland Würstle zurück, die nicht nur wegen einer Ausstellung mit 24 Teilnehmern sehr positiv verlaufen sei. Über drei neue Mitglieder konnte sich die Vorsitzende freuen, was sie optimistisch in die Zukunft blicken lässt und ihr Gewissheit verleiht: "Die 40-Jahr-Feier ist noch lange nicht die letzte gemeinsame Ausstellung."

40 Jahre Brucker Freizeitmaler, Sparkasse Fürstenfeldbruck, Hauptstraße, von Freitag, 30. August, an bis Freitag, 13. September; Finissage und Jubiläumsfeier am Donnerstag, 12. September, 19 Uhr.

© SZ vom 29.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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