Ausstellung in Fürstenfeldbruck:Dokumente einer gelungenen Integration

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Die überarbeitete Archäologie-Abteilung des Brucker Stadtmuseums zeigt, wie aus Menschen unterschiedlichster Herkunft der Stamm der Bayern wurde.

Peter Bierl

Mit Silber und Gold verzierte Schmuckstücke, Amulette und Riemenzungen gaben die Bajuwaren ihren Toten mit ins Grab, zumindest die, die es sich leisten konnten. Damit war irgendwann Schluss, weil die internationalen Handelsbeziehungen längst zusammengebrochen und die kleinen Vorräte an römischen Silbermünzen und Gold aufgebraucht waren. Die frühmittelalterlichen Bayern mussten mit dem auskommen, was sie selbst erwirtschafteten. Diese Tendenz lässt sich gut anhand der Funde im Landkreis Fürstenfeldbruck belegen, sagt Kreisheimatpfleger Toni Drexler. Er und Rolf Marquardt vom Arbeitskreis Vor- und Frühgeschichte des Historischen Vereins präsentierten neue Fundstücke aus Maisach, Mammendorf, Lindach und der Hasenheide, die künftig im Stadtmuseum zu sehen sind.

Der Erkenntnisstand der Wissenschaft wandelt sich, das gilt auch für die Archäologie des Landkreises. Entsprechend muss die ständige Abteilung für Vor- und Frühgeschichte im Stadtmuseum von Fürstenfeldbruck immer wieder überarbeitet werden. Beeindruckend sind die Riemenzungen und Schmuckstücke sowie eine Tonschüssel, die in Maisach gefunden wurden. Eine Zunge, Teil einer Wadenbandgarnitur, zeigt eine Runeninschrift, die leider nicht zu entziffern ist, weil ein Stück davon fehlt. "Es ist einer der ältesten Texte, die wir bisher im Landkreis gefunden haben", erklärt Drexler. Die Stücke wurden bereits vor 15Jahren ausgegraben, bearbeitet und restauriert und gehören der Gemeinde Maisach.

Eines der Schmuckstücke zeigt ein Flechtband-Muster, wie es die Kelten liebten und das sich heute noch in Irland findet, wie der Kreisheimatpfleger erzählt. Manches überdauert den Wandel der Zeiten und Moden. Um 750 trat jedoch ein grundlegender Wandel ein, den Drexler auch darauf zurückführt, dass die Christianisierung inzwischen die gesamte Bevölkerung erfasst hatte. Die Toten wurde nicht mehr abseits in Nekropolen bestattet, sondern möglichst nahe an der Kirche und die Pfarrer verboten die Grabbeigaben, zum Leidwesen der fleißigen Ausgräber um Marquardt und Drexler.

Die Christianisierung war Teil eines komplexen Prozesses durch den im Gebiet des späteren Landkreises wie ganz Südbayerns aus Menschen verschiedenster Herkunft nach der turbulenten Zeit der sogenannten Völkerwanderung der Stamm der Bayern wurde. "Eigentlich ein gelungenes Beispiel für Integration, wenn man bedenkt, dass diese Bajuwaren alle einen Migrationshintergrund hatten", sagt Drexler.

Verloren gingen mit dem Ende des römischen Reiches jedoch zivilisatorische Errungenschaften wie Badehäuser, handwerkliche Fähigkeiten wie die des Schreiners sowie ein internationaler Handel, der auch Lebensmittel wie Wein und Oliven in unsere Breiten brachte. Den erreichten Stand der Kultur illustrieren im Stadtmuseum die prächtige Replik einer römischen Minerva-Statue aus Hausen bei Hofhegnenberg, die kleine Terra-Sigillata-Scherbe aus der Hasenheide sowie die seltenen Fibeln aus dem ersten Jahrhundert. Daneben ist auch das Modell des großen hölzernen Gutshofes zu bewundern, dessen Reste die Archäologen erst im vergangenen Sommer in der Hasenheide ausgegraben haben.

Manche Stücke haben Marquardt, Drexler und ihre Mitarbeiter aufgrund neuer Erkenntnisse umdeklariert und an einer anderen Stelle platziert. Etwa den großen Mahlstein, ein Zentner schwer, der von Kelten aus der Latènezeit stammt, mindestens 100 Jahre vor den Römern, denen der Arbeitskreis das Stück bisher zugeschrieben hat. Ein Bauer aus Malching hat den Koloss 1946 beim Pflügen entdeckt und später dem Jexhof-Museum geschenkt, wo er jahrelang den Kindern zum Getreidemahlen diente. Dort ist jetzt eine Replik im Einsatz, der Fund ziert die Ausstellung.

Weil die Kelten keinen richtigen Abstand zwischen den Mahlsteinen fixierten, kauten die Menschen mit ihrem Brot allerlei Steinmehl. "Entsprechend abgeschliffen waren die Zähne", sagt Marquardt. Geändert werden mussten aufgrund neuerer Funde auch Texttafeln, etwa zur Sunderburg bei Schöngeising. Die Archäologen wissen inzwischen, dass es sich nicht nur um einen Handelsplatz der Bronzezeit handelt, sondern dort auch produziert wurde. Drexler würde gerne ein kleines Gussklümpchen in die Vitrine geben, um das zu belegen.

Die nächste Überarbeitung kommt bestimmt. Die Funde aus Gernlinden vom Herbst aus dem Neolithikum werden noch von Wissenschaftlern bearbeitet und teilweise restauriert, darunter die Reste eines Keramikofens. Dann muss der Historische Verein mit der Kommune verhandeln, die Eigentümerin ist. "Es hat keinen Sinn, wenn Einzelstücke in einem Rathaus stehen, ohne Bezüge herzustellen", sagt Drexler. Darum bemüht sich der Verein, alle Stücke im Stadtmuseum zu konzentrieren.

Wie die Menschen in der Bronzezeit arbeiteten, lässt sich anhand der Ösenringbarren sehen, die aus Mammendorf stammen. Bronze wurde in dieser Form aufbewahrt, transportiert und gehandelt. Die Stücke stammen aus einem Depot in der Erde. Ob sie aus religiösen Motiven vergraben wurden oder als Beute oder aus Angst vor Räubern, können die Stücke nicht verraten. "Darüber lässt sich trefflich streiten", sagt Marquardt, "im Zweifelsfall heißt es dann, das hatte sicher einen kultischen Zweck."

© SZ vom 16.06.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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