Ausstellung:Ergänzende Gegenspieler

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Im Haus 10 sind Arbeiten der beiden Kunstpreisträger des Landkreises zu sehen. Herbert Nauderer zeigt düstere Welten in Fotografien und Zeichnungen, Daniel Huss präsentiert Figuren, die Leichtigkeit, Freude und Ironie ausstrahlen

Von Johannes Simon, Fürstenfeldbruck

Unter großem Publikumszuspruch wurde am Freitagabend im Haus 10 eine Ausstellung mit Arbeiten des Kunstpreisträgers des Landkreises Herbert Nauderers sowie des Förderpreisträgers Daniel Huss eröffnet. Der routinierten Bildwelt des mittlerweile arrivierten Nauderers stehen die frischen, durchaus auch frech zu nennenden Schöpfungen des so genannten Nachwuchs-Künstlers Huss gegenüber. Die Schau besticht durch ein hohes Maß an Professionalität und durch Qualität, die weder in sich ein Gefälle aufweist, noch in irgendeine Form der Provinzialität verhaftet wäre.

Vielleicht ist es doch so ein gewisses Grauen, das sich einschleicht, wenn man Herbert Nauderer's (geboren 1958) grandiosem Fotozyklus "Mausmannsland" begegnet. Zwei Assoziationen stellen sich ein: Zum einen Art Spiegelmanns Comic-Klassiker "Maus", der die Geschichte des Holocausts in eine mehr oder minder fiktive Welt von Mäusen und Ratten verlegt. Zum anderen das "Bucklige Männlein", bekannt als Volkslied aus "Des Knaben Wunderhorn". Das bucklige oder böse Männlein ist in Herbert Nauderers Werk "Mausmann", eine Figur von durchaus menschlicher Gestalt, deren Kopf und Gesicht allerdings durch eine augenlose, durchgängig schwarze Mickey-Maus-Maske anonymisiert und dadurch zur Figur des Grauen umgedeutet wird. Perfid erscheint es, ähnlich wie beim Phänomen der so genannten Grusel-Clowns, das gerade das verlockend Sympathisch-kindliche in Böses, Unheimliches umschlägt.

"Mausmann" erscheint überall, in den Kanälen Venedigs ebenso wie in langen, albtraumhaften Korridoren. Er erscheint in verschiedenen Größen, mal verschwindet er ganz. Doch immer und überall verbreitet er, als Metapher für eine zweite, schwer kontrollierbare Welt dahinter, Angst und Schrecken. Gerade dadurch erlebt der Betrachter die Kunst Herbert Nauderers als äußerst suggestiv. Die Ästhetik seiner Fotografie ist dem Schwarz-Weiß-Film der Zwanzigerjahre nachempfunden. Selbst in seinen Zeichnungen - Nauderer wird gelegentlich als einer der besten zeitgenössischen Zeichner Deutschlands apostrophiert - und Kollagen bleibt "Mausmann" in surrealen Szenen präsent. Die Welt Nauderers ist eine narrative. Er erzählt Geschichten von Träumen und Albträumen, Bilder und Zeichnungen erscheinen wie Story-Boards eines klaustrophobischen Endlos-Loops.

Der als Förderpreis-Träger deutlich jüngere Daniel Huss ergänzt mit vorwiegend dreidimensionalen Arbeiten das Werk Nauderers aufs Beste. Das heißt, die beiden Künstler passen zusammen, stehen sich aber trotzdem schon fast diametral gegenüber. Daniel Huss' Arbeiten erscheinen grundsätzlich weit positiver gestimmt, fröhlicher, bunter. Das fällt schon im Eingangsbereich auf, wo eine raumbeherrschende Figur steht, die der Form nach ein längliches Keramik-Ei sein könnte, gleichzeitig aber eine Mischung aus einem Pinguin und "Casper, the friendly ghost" darstellt. So genau weiß man das nicht bei Daniel Huss, der seinen Betrachtern durchaus Assoziationsarbeit zumutet. Beziehungsweise anders herum: Assoziationen stellen sich bei Huss schnell ein, Materialwahl, Farbe, Gestaltung führen schnell in eine bestimmte Richtung.

Schwer wird es allerdings, wenn man versucht, die Assoziationen zu deuten. Dann muss man nochmals hinschauen und nochmals. Die Frage stellt sich, was sehe ich überhaupt und was teilt mir das Gesehene mit. Eine schwarze Wolke zum Beispiel, als reliefartiges Wand-Tableau aus einer schwarzen Styropor-Mauer herausgeschnitten. Geradezu genial einfach, wirksam - Schwere und Leichte! Huss' Spezialität ist der Material-Mix. Edles Material, wie geformtes Glas, begegnet Styropor oder anderen Dämmstoffen aus dem Baumarkt. Das bannt die Gefahr der Ästhetisierung. Huss' Arbeiten sind nicht in einem materiellen Sinne, aber sie atmen eine gleichsam innere Schönheit aus, die mit Leichtigkeit, Freude und mit einer unaufdringlichen Ironie einhergeht.

Die Ausstellung dauert noch bis zum 27. November und ist freitags von 16 bis 18 Uhr sowie samstags und sonntags von jeweils 10 bis 18 Uhr in der Kulturwerkstatt Haus 10 (Fürstenfeld 10 b, Fürstenfeldbruck) zu sehen.

© SZ vom 12.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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