Anzeige wegen Betrugsverdacht:Grauzone Haustürgeschäfte

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Eine Puchheimerin unterschreibt einem Vertreter einen Fernsehvertrag und schöpft später Verdacht

Von Lena von Holt, Stefan Salger, Puchheim

Buchstäblich an der Haustür lassen sich einige Geschäfte abwickeln, etwa Zeitschriftenabos oder Spenden für Hilfsorganisationen. Das kann praktisch sein, birgt aber auch Gefahren. Manchmal wird gerade älteren Menschen etwas aufgeschwatzt, manchmal kann es aber auch schlicht zu Missverständnissen kommen. Wie es im Fall der 73 Jahre alten Helga Amelung aus Puchheim war, lässt sich nicht genau feststellen. Wollte sie der Germeringer Mitarbeiter eines Kabelanbieters, der am vergangenen Freitag vor ihrer Tür stand, über den Tisch ziehen oder war alles ein großes Missverständnis?

Sie habe jedenfalls zunächst keinen Grund gehabt, dem Vertreter zu misstrauen, der ihr den Abschluss eines neuen Fernsehvertrags schmackhaft machen wollte. Er hatte passende Unterlagen dabei, und "er sah seriös aus". Der Mann habe ihr gesagt, sie könne von März an nur noch drei Fernsehprogramme empfangen, wenn sie nicht einen speziellen HD-Decoder für 110 Euro im Jahr kaufe - inklusive Installationskosten. Amelung unterschrieb also. Ihr Sohn schöpfte dann aber Verdacht. War seine Mutter einem Betrüger aufgesessen? Helga Amelung erstattete Anzeige bei der Polizei.

Vor allem Senioren werden in der Tat immer wieder Opfer von Betrügern - an der Haustür werden sie von diesen geschickt und wortgewandt überrumpelt. Das bestätigt auch Karlheinz Pangerl, Leiter der Polizeiinspektion Gröbenzell. In der Vergangenheit habe es wiederholt Vorfälle gegeben, bei denen auch dubiose Telefonverträge verkauft worden seien.

Eine Nachfrage bei dem Unternehmen ergibt freilich ein differenzierteres Bild. Bei dem Mitarbeiter handele es sich um einen "seriösen und autorisierten Vertreter", betont ein Sprecher. Im zurückliegenden Halbjahr habe dieser 500 Verträge abgeschlossen, für die er jeweils eine Provision erhalten hat. Lediglich zwei davon seien reklamiert worden - einer davon durch Helga Amelung. Auch der Mitarbeiter wehrt sich vehement gegen den Betrugsvorwurf. Er habe ein ausführliches Gespräch geführt, die Kundin über die Vorzüge der digitalen Technik aufgeklärt und sie darauf hingewiesen, dass voraussichtlich von 2018 an analoge Sender nach und nach abgeschaltet werden. Zwar gebe es in anderen Bundesländern bereits Programme, die schon jetzt nicht mehr analog empfangen werden können. In Bayern gibt es aber bislang keine Einschränkungen. Das Unternehmen hat dem Mitarbeiter nun nach eigenen Angaben untersagt, die Empfehlung der Digitaltechnik weiterhin mit der bevorstehenden Abschaltung der Analogtechnik zu begründen. Ihm sei ein Verweis erteilt worden, heißt es.

Polizeichef Karlheinz Pangerl rät Senioren grundsätzlich, erst gar keinen Fremden in die Wohnung zu lassen und sich zu einer schnellen Unterschrift überreden zu lassen. Er empfiehlt, einen Termin auszumachen, zu dem man Vertrauenspersonen, zum Beispiel die eigenen Kinder, hinzuzieht. "Wenn er wirklich was im Schilde führt, kommt er dann nicht wieder", erklärt Pangerl.

Wichtig zu wissen ist aber auch, dass nicht jeder an der Haustür abgeschlossene Vertrag bindend ist. Ob die zugrunde liegende Geschäftsordnung rechtlich wasserdicht ist, darüber können im Zweifelsfall Juristen oder auch die Verbraucherzentrale Auskunft erteilen. In jedem Fall hat man bei Haustürgeschäften zudem das Recht, Verträge innerhalb von zwei Wochen schriftlich zu kündigen. In diesem Fall sollte man aber auf jeden Fall eine Kündigungsbestätigung verlangen oder die Kündigung per Einschreiben schicken.

© SZ vom 26.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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