Anklage wegen Kindsmordes:Babyleiche in der Plastiktüte

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Eine 24 Jahre alte Frau aus Mittelstetten im Kreis Fürstenfeldbruck kommt mit schweren Blutungen in die Klinik. Die Ärzte erkennen, dass sie ein Kind geboren hat. Doch von dem Baby fehlt jede Spur. Bis die Polizei das Zimmer der jungen Frau durchsucht.

Die junge Mutter aus Mittelstetten, die im September ihr Neugeborenes getötet haben soll, muss sich wegen Mordes vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt die Frau, die ihre Schwangerschaft verheimlicht hatte, das Kind aus niederen Beweggründen umgebracht zu haben. Dem Obduktionsergebnis zufolge wurde der Säugling erstickt. Der Prozess beginnt Ende Juni vor dem Landgericht München II und ist auf drei Tage angesetzt.

Die damals 24-Jährige war Anfang September von ihren offenbar ahnungslosen Eltern mit starken Blutungen in die Kreisklinik Fürstenfeldbruck gebracht worden. Dort war den Medizinern schnell klar, dass die Beschwerden nur von einer Geburt kommen können. Doch von einem Neugeborenen fehlte jede Spur. Das Klinikpersonal informierte deshalb die Polizei.

Die Beamten machten schließlich im Zimmer der jungen Frau, die noch bei ihren Eltern lebt und bereits ein Kind hat, den schrecklichen Fund: Die Leiche eines männlichen Babys lag, in eine Plastiktüte eingewickelt, in einem Schrank. Bereits die erste Obduktion ergab, dass der Säugling bei der Geburt wenige Stunden zuvor noch am Leben war. Die junge Mutter hingegen behauptete bei einer ersten Vernehmung, das Kind sei bereits tot zur Welt gekommen.

Seit die Mittelstettenerin aus der Kreisklinik entlassen wurde, sitzt sie in Untersuchungshaft und wartet auf den Prozessbeginn. Da das Verdrängen einer Schwangerschaft die Frage aufwirft, in welcher seelischen Verfassung sich die junge Frau zur mutmaßlichen Tatzeit befand, wurde ein psychiatrisches Gutachten zu ihrer Schuldfähigkeit erstellt. Wie Oberstaatsanwältin Andrea Titz von der zuständigen Staatsanwaltschaft München II gegenüber der SZ erklärte, ergab die Untersuchung keinen Hinweis auf eine eingeschränkte Schuldfähigkeit. Sollte das Gericht die junge Frau schuldig sprechen, könnte sie zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt werden.

Die Staatsanwaltschaft hat Titz zufolge 23 Zeugen benannt, die sie während des Prozesses vernehmen will. Neben Ermittlungsbeamten seien es vor allen Dingen Menschen aus dem persönlichen Umfeld der Tatverdächtigen. Von denen erhoffe man sich Antworten auf die Frage, warum und wie die Schwangerschaft so lange verheimlicht werden konnte. Titz, die selbst wiederholt mit vertuschten Schwangerschaften - nicht immer in Verbindung mit Tötungsdelikten - zu tun hatte, fragt sich jedes Mal aufs Neue, "wie das möglich ist". alin

© SZ vom 13.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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