Anhand eigener Erfahrungen:Zeitmaschine des Ichs

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Nicht direkt, sondern nur durch einen Spiegel aus kleinen Fragmenten lassen sich die Sequenzen aus der Vergangenheit betrachten. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Ausstellung mit Videoinstallationen von Jovana Banjac und Ivan Paskalev

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Dunkel ist es hinter dem schwarzen Vorhang. So dunkel eben, wie Erinnerungen an längst Vergangenes oft sind. Doch je länger man an einen solchen Moment denkt, desto klarer wird er. Die Schatten werden kleiner, das Bild immer heller, deutlicher, klarer. Stück für Stück. Irgendwann kommen die Geräusche dazu. Gerüche. Am Ende sogar die Emotionen. Das ist es, was die beiden Künstler Jovana Banjac und Ivan Paskalev in ihrer aktuellen Ausstellung "In Between" im Haus 10 erzählen. Von Erinnerungen, Heimat, Kindheit, Auf-dem-Weg-Sein, Glück, Verwirrung, Wahrheit, Täuschung. Vom Individuum, das irgendwo in Raum und Zeit umher irrt.

Banjac, 1966 geborgen im damaligen Jugoslawien, und Paskalev, geboren 1980 in Bulgarien, sind jeweils mit Mitte 20 nach München gekommen. Kennengelernt haben sie sich im gemeinsamen Atelier der Münchner Plattform. Schnell war beiden klar, dass sie sich mit den gleichen Themen beschäftigen. Seitdem arbeiten sie als Duo "2PACK13" zusammen.

Die Ausstellung in Fürstenfeldbruck ist zugleich sehr persönlich und doch universell. Anhand eigener Erfahrungen schaffen sie Vorstellungsräume, die jeder Besucher mit eigenen Erinnerungen und Gedanken füllen kann. Gezeigt werden keine Bilder oder Skulpturen, Banjac und Paskalev haben vielmehr Stimmungsräume geschaffen, definiert durch Videoinstallationen. Hinter dem bereits erwähnten schwarzen Vorhang erwartet den Besucher ein Video, das die Reise der beiden von der Wahlheimat in die "alte Heimat" dokumentiert. Der Zuschauer begleitet den Filmenden auf einer Zugfahrt. In einer Sequenz fliegt draußen ein Flugzeug vorbei, es nicht erkennbar, ob es demnächst landet, ob es vielleicht gerade gestartet ist. Wohin also geht die doppelte Reise? Welche Landschaften sind es, die da an einem vorbei ziehen? Es ist eine Projektionsfläche im wahrsten Sinne des Wortes. Der Betrachter verfolgt das Video durch feine schwarze Tücher, in der Mitte ein Lichtpunkt, der sie zur Leinwand werden lässt. Unterwegs sein, ankommen, verlassen. Vergangenheit, immer wieder Gegenwart und für die meistens Menschen sicher auch Zukunft.

Mit dem Jetzt beschäftigen sich die Künstler im zweiten Raum. Fotos, wie wichtige, mal private, mal öffentliche Momente dokumentieren. Ebenfalls aus den Archiven der beiden Künstler und doch eben Projektionsfläche, weil es Momente sind, die jeder Betrachter in ähnlichen Konstellationen schon oft erlebt hat. Im letzten Raum geht es dann in die Vergangenheit. Warmes orangefarbenes Licht hüllt den Besucher schon auf dem Weg dorthin in Geborgenheit, lockt ihn an. In der Ecke ein kleiner Fernseher. Die Bilder darauf sind nicht direkt zu sehen, sondern durch eine Fläche aus kleinen, quadratischen Spiegeln. Wie viel von dem, an das man sich aus der Kindheit "erinnert", ist wirklich Erinnerung? Was Fiktion, was aus den Fragmenten der immer wiederkehrenden elterlichen Erzählungen konstruiert und als eigene Wahrnehmung gespeichert? Auch da sind es Objekte, kleine Eindrücke, aus denen ganze Geschichten entstehen. Die gelbe Badeente etwa. Natürlich ist die Gezeigte nicht die, die der Betrachter besessen hat. Und doch löst sie etwas in ihm aus, wird zur Zeitmaschine des Ichs. Eine Ausstellung, die berührt.

Ausstellung "In Between", Haus 10 im Kloster Fürstenfeld, Vernissage am Freitag, 5. April, von 19.30 Uhr an. Danach zu sehen bis zum 22. April jeweils freitags von 16 bis 18 Uhr und samstags und sonntags von 10 bis 18 Uhr. Außerdem am Ostermontag von 10 bis 18 Uhr

© SZ vom 04.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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