Andreas Magg:"Wird ein Konsens gefunden, gewinnen alle Seiten"

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Der neue politische Stil in Olching: Bürgermeister Magg (SPD) erläutert im SZ-Interview, warum Gemeinderäte weniger streiten und besser zusammenarbeiten.

Mit dem Einzug von Bürgermeister Andreas Magg (SPD) ins Olchinger Rathaus hat sich der politische Stil in der Gemeinde geändert. Fraktionen, die sich jahrelang wie Katz und Maus befeindet haben, arbeiten plötzlich zusammen. Es wird weniger gestritten und bei wechselnden Mehrheiten kooperiert. Silke Lode und Gerhard Eisenkolb sprachen mit dem 31 Jahre alten Magg über den neuen konstruktiven Umgang.

Bürgermeister Andreas Magg: Er sieht sein Amt als ständigen Lernprozess. (Foto: Johannes Simon)

SZ: Gibt es einen neuen politischen Stil in Olching, seitdem Sie Bürgermeister sind?

Magg: Ob es insgesamt einen neuen politischen Stil gibt, weiß ich nicht, aber die Zusammenarbeit im Gemeinderat ist derzeit sehr angenehm und konstruktiv. Das ist seit der Kommunalwahl besser geworden.

Warum wird im Gemeinderat jetzt weniger gestritten?

Magg: Es wird nach wie vor viel diskutiert, das gehört einfach dazu. Aber ich glaube, dass das persönliche Miteinander besser ist und die Spitzen und Schärfen etwas herausgenommen sind.

SZ: Uns fällt auf, dass Sie in Sitzungen sehr auf Konsens bedacht sind und öfter spontan einlenken.

Magg: Als Bürgermeister hat man zwei Arten, das Amt zu führen: Man kann auf Konfrontation gehen und alle eigenen Punkte mit Macht durchsetzen oder man kann versuchen, alle Ideen und Kritiken einzubinden. Ich habe meine Aufgabe immer eher so gesehen. Wenn ein Konsens gefunden wird, haben alle Seiten gewonnen.

SZ: Wie würden Sie Ihren persönlichen politischen Stil charakterisieren?

Magg: Das müssen andere machen. Ich bin nicht darauf bedacht, Konfrontationslinien zu verhärten, sondern gemeinsam an Zielen zu arbeiten. Da muss man gelegentlich auch seine eigene Position überdenken, das sehe ich nicht als Schwäche, sondern halte es für sehr wichtig. Deshalb habe ich auch beim Amtsantritt den Parteivorsitz niedergelegt. Das passt nicht, der Bürgermeister soll für alle da sein.

SZ: Werden Sie dafür von der SPD kritisiert? Bei der Wahl zwischen Eon/Stadtwerke FFB und den Stadtwerken Schwäbisch Hall als Partner für die EVO wurden sie von Ihrer Fraktion überstimmt.

Magg: Auch das muss in einer Demokratie erlaubt sein. Ich war sechs Jahre Fraktionsvorsitzender und habe erlebt, dass der Parteipolitiker manchmal andere Dinge für richtig hält als der Bürgermeister, der sich auch Gedanken über die Umsetzung machen muss. Da halten die Fraktion und ich auch mal zwei verschiedene Richtungen für die bessere. Wichtig ist nur, danach gemeinsam den Weg A oder B konsequent zu gehen.

SZ: Aus welchen Gründen waren Sie bei der EVO für die Brucker Stadtwerke?

Magg: Man hätte über Eon auch die Kunden gehabt, das wäre ein Vorteil gewesen. Aber es läuft jetzt prima mit der EVO. Allerdings verhält sich Eon nicht mehr ganz fair. Wir haben erhebliche Probleme, wenn etwa ausgefallene Lampen oder angefahrene Masten ersetzt werden müssen.

SZ: Die SPD stand in Olching bislang nicht im Verdacht, die Gemeindepolitik zu prägen. Wie hat sich Ihre Partei geändert?

Magg: Seit ich 2001 den Vorsitz übernommen habe, habe ich versucht, dass wir die Ideen einbringen, mit denen Olching vorankommt. Im Wahlkampf 2008 hat sich das bestätigt, da konnten wir die Zahl der Mandate verdoppeln. Im Ort werden wir wieder wahrgenommen.

SZ: Profitiert die SPD davon, dass CSU und FWO sich aneinander aufgerieben und gestritten haben und die Leute dieses Stils überdrüssig sind?

Magg: Dies zu bewerten steht mir nicht an. Wir haben die richtigen Themen benannt und sind dafür gewählt worden. Die SPD war in Olching über lange Jahre die stärkste Kraft. Aus der anschließenden Flaute haben wir uns aus eigener Kraft gut erholt.

SZ: Welche Themen brachten der SPD wieder Stimmen?

Magg: Wir haben gesagt, dass wir die Gestaltung der Ortsmitte vorantreiben und die Attraktivität steigern wollen. Das Rekommunalisieren war eine andere wichtige Forderung.

SZ: Einen Positionswechsel vollzog die SPD bei der Südwestumgehung.

Magg: Das kann man so nicht sagen. Es gab mal einen Vorsitzenden, der hatte eine andere Meinung, weil er direkt an der Trasse gewohnt hat. In der SPD gab es früher zwei Lager, aber seit es das Bürgerbegehren im Jahr 2000 gab, ist unsere Linie eindeutig und wird auch so bleiben.

SZ: Der Hauptschulneubau sollte schon lange vorankommen. Was halten Sie jetzt, wo die Bauphase schon fast begonnen hat, von der Idee der Freien Wähler, das Gebäude umzuwidmen und eine Wirtschaftsschule daraus zu machen?

Magg: Wir müssen die Leitung der Hauptschule mit ins Boot nehmen. Die Schule muss uns klipp und klar sagen, welches Konzept sie sich vorstellen kann. Wir haben dem Architekten abverlangt, dass er flexibel ist. Eine komplette Wirtschaftsschule können wir allerdings nicht integrieren. Aber wir hätten die Möglichkeit, vier weitere Klassen unterzubringen plus den Sportplatz, auf den wir gegebenenfalls verzichten müssten. Ursprünglich war das für eine Kooperationsschule gedacht, aber die ist leider an ein paar Stimmen im Kreistag gescheitert.

SZ: Ist die Entscheidung über das Schützenheim auf dem Schulgelände schon gefallen?

Magg: Nein. Wir warten die Kosten ab und brauchen verlässliche Zahlen von den Planern. Dann werden wir alles zusammen betrachten und die Entscheidung treffen.

SZ: Sie bleiben also dabei, die Entscheidung an Zahlen festzumachen, auch wenn das halbe Schwaigfeld und die Lehrerverbände die Hände über dem Kopf zusammenschlagen.

Magg: Wie ich schon sagte: Wir müssen die Kostenfrage noch klären, dann kann man eine seriöse Gesamtdiskussion führen. Aber ich habe mehrmals sowohl mit der Schulleitung als auch mit dem Elternbeirat der Hauptschule gesprochen. Die haben unisono erklärt: Wenn das eine separate Sache ist mit eigenem Zugang, sehen sie keine Probleme. Das sind die Nutzer, das ist ein wichtiger Punkt.

SZ: Die SPD stimmt mit der CSU und arbeitet konstruktiv mit ihr zusammen - das wäre früher nicht denkbar gewesen.

Magg: Die SPD arbeitet mit denen zusammen, die ein Thema so sehen wie wir. Das ist mal die CSU, das sind mal die Freien Wähler mit den Grünen. Es gab auch schon Entscheidungen, da haben die Freien Wähler mit der CSU gegen die SPD gestimmt. Vielleicht hätte man früher im Gemeinderat eher gesagt, die Idee kommt von da oder dort - egal wie gut sie ist - da können wir nicht mitstimmen. Aber jetzt ist mehr Offenheit da, guten Vorschlägen wird gefolgt.

SZ: Sie suchen sich also ihre wechselnden Mehrheiten und es funktioniert.

Magg: Ich will die Themen durchzusetzen, die für Olching wichtig sind. Mal mit dem, mal mit dem, meistens sogar mit allen.

SZ: Sie gelten als politischer Zögling des Puchheimer Bürgermeisters Herbert Kränzlein. Stimmt das?

Magg: Das sehe ich nicht so. Ich habe mich mit 16 Jahren entschieden, in die SPD zu gehen. Mit Puchheim hat es sich damals ergeben, weil ich nach der Universität auf Berufssuche war und das Kommunale in meiner Arbeit unterbringen wollte. Ich habe Stadtgeografie studiert und war Gemeinderat in Olching. Dass sich der Personalausschuss in Puchheim für mich entschieden hat, war schön und ich konnte in diesen knapp drei Jahren einiges lernen. Aber als Zögling sehe ich mich sicher nicht (Anmerkung der Redaktion: Magg war als Wirtschaftsförderer für Kränzlein im Puchheimer Rathaus).

SZ: Warum sind Sie damals gerade in die SPD eingetreten?

Magg: Berührung mit der Kommunalpolitik hatte ich über die Feuerwehr. Ich war viel bei Sitzungen, das hat mich interessiert und ich wollte auch mitreden. Für die SPD habe ich mich entschieden, weil mein Elternhaus der SPD näher als anderen Gruppierungen steht und mich damals der junge Vorsitzende direkt angesprochen hat.

SZ: Sind Sie ein konservativer Genosse?

Magg: Ja, das würde ich so sehen.

SZ: Sind Sie vor zwei Jahren als Feuerwehrmann ins Rathaus eingezogen, um einen politischen Brand zu löschen?

Magg: Nein, die Voraussetzungen waren damals mit dem Tod von Franz Huber mehr als dramatisch. Vielleicht hat die SPD einen Feuerwehrmann gebraucht, um nach diesem schlimmen Ereignis mit ganz kurzem Vorlauf überhaupt jemanden ins Rennen schicken zu können.

SZ: Was ist Ihnen in Ihrer Amtszeit besonders gut gelungen, was ging daneben?

Magg: Wir konnten einige Themen abwickeln und Weichen stellen, bei denen wir in den letzten Jahren nicht so vorangekommen sind. In den letzten zwei Jahren ist in Olching viel bewegt worden.

SZ: Welche Themen meinen Sie?

Magg: Große Themen sind der Nöscherplatz und die Südwestumgehung, die wir zu einem Planfeststellungsverfahren bringen konnten. Wir weisen zwei Gewerbegebiete aus, um den Wirtschaftsstandort Olching zu stärken und haben die Stadterhebung vorangebracht.

SZ: Und schief gegangen ist nichts?

Magg: Man kann das nicht an einem Punkt festmachen, dieses Amt ist ein ständiger Lernprozess und es passieren natürlich auch Fehler. Es gibt Dinge, da sagt man danach, das hätte man anders anpacken müssen. Das Kinderhaus war in der Anfangsphase so etwas. Das ist anfangs schlichtweg schief gelaufen.

SZ: Konnten Sie in der Verwaltung ein neues Mitarbeitergefühl erzeugen?

Magg: Als ich die Leitung des Rathauses übernommen habe, gab es eine gewisse Unzufriedenheit mit einer unfertigen Reform. Die Verwaltung war von einem wahnsinnigen Personalkarussell bei Bürgermeistern und Geschäftsleitern geprägt, es gab ständig Veränderungen und Unruhe. Ich hatte versucht, die Dinge ruhig anzugehen, nicht sofort wieder Änderungen einzuführen. Ich wollte mir die Verwaltung ansehen, die Leute persönlich kennenlernen und habe dann schrittweise an den Punkten etwas geändert, wo ich meinte, dass es nötig ist.

SZ: Was für ein Feedback haben Sie von den Olchingern?

Magg: Ich habe das Gefühl, überall sehr freundlich empfangen zu werden. Wer nicht mit mir zufrieden ist, sagt es mir natürlich eher nicht ins Gesicht. Ein Kritikpunkt, der mir zugetragen wird, ist, dass es schwierig ist, kurzfristig einen Termin bei mir zu bekommen. Das wird sich verbessern, aber ich möchte auch Verantwortung bei den Mitarbeitern im Rathaus fördern. Wenn ein Problem aufkommt, kann das auch mal ein Amtsleiter klären.

SZ: Hat das Amt Sie verändert?

Magg: Das Gefühl habe ich nicht. Aber ich kann den Ort nicht mehr so befreit betrachten wie früher, weil ich sofort sehe: Hier müsste man etwas tun, da müsste man ran.

SZ: Aber abends mal ein Bier trinken in Olching, das geht noch?

Magg: Ja, sehr gut. Es ist auch sehr angenehm mit den Olchingern - ich werde nicht sofort mit allen Problemchen überschüttet, aber man kommt auch ins Gespräch.

SZ: Vergeht Ihnen angesichts der Finanzlage die Freude an der Politik?

Magg: Freude an der Politik verliere ich nicht. Aber die Kommunen haben viele Aufgaben zu erledigen, und es werden eher mehr. Ich habe das Gefühl, unser massives finanzielles Problem ist in der Bundespolitik noch nicht angekommen.

SZ: Woran könnten die Olchinger die Finanznot bald spüren?

Magg: Als erstes kommt der Straßen-, dann der Gebäudeunterhalt. An den Steuern und Gebühren haben wir schon drehen müssen, im Zweifel müssen wir auch wichtige Projekte auf Eis legen. Das Projekt Hauptschule und Sporthalle werden wir mit Zähnen und Klauen verteidigen.

© SZ vom 19.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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