Anbau wie in der Steinzeit:Feuer auf dem Acker

Lesezeit: 3 min

Mitglieder des Historischen Vereins präparieren ein Feld. Sie wollen versuchen, Getreide so anzubauen, wie es vor Jahrtausenden gemacht worden ist. (Foto: Johannes Simon)

Mitglieder des Historischen Vereins haben sich vorgenommen, Bier wie vor Jahrtausenden zu brauen. Zuerst bereiten sie nun die Brandrodung eines Feldes in Moorenweis vor, auf dem alte Getreidesorten wachsen sollen

Von Manfred Amann, Moorenweis

War es möglich, dass die Menschen der Mittelsteinzeit, die zumindest zeitweise am Rande des Haspelmoors sesshaft waren, schon Bier brauen konnten? Dieser Frage geht die Gruppe "Steinzeitbier" des Historischen Vereins für Fürstenfeldbruck und den Landkreis auf Anregung von Mitglied Ulrich Bähr in einem Projekt der experimentellen Archäologie nach. Und weil man zum Bierbrauen nun Mal Getreide braucht, wollen die mittlerweile zehn Steinzeitforscher herausfinden, auf welche Weise die Menschen damals Ackerbau betrieben, um gute Erträge zu erzielen.

Eine alte "Ackerbaumethode", die im Wanderfeldbau mit Brandrodung spätestens ab der Jungsteinzeit angewendet wurde und bis ins Mittelalter Bedeutung hatte, war das Abbrennen einer Feuerwalze. Das hat die Gruppe Steinzeitbier nun auch vor, um ein kleines Feld östlich von Brandenberg, einem Ortsteil von Moorenweis, für den Anbau von alten Getreidesorten vorzubereiten. Wenn bis dahin die Erlaubnis vorliegt und die Witterung mitspielt, soll die Feuerwalze an diesem Samstag entfacht werden. Auf einer Fläche von eineinhalb Ar (150 Quadratmeter), die brach liegt und mit Gras, Kräutern und niederen Sträuchern bewachsen ist, soll die Feuerwalze alles Gestrüpp niederbrennen. Gleichzeitig wird mit der zurückbleibenden Asche der Boden gedüngt. Später werden dann, möglichst mit geeigneten, pflugähnlichen Astgabeln Rillen gezogen und alte Getreidesorten angesät. Als solche nennt Rudolf Ende Emmer, Dinkel, Einkorn, Johannis- und Waldstaudenroggen. Diese Getreidesorten gab es bereits im Mesolithikum.

"Es ist sicher ein ambitioniertes Vorhaben", sagt Fritz Aneder, der für den Historischen Verein die archäologische Abteilung des Museums betreut. Die engagierte Gruppe, die Verstärkung brauchen kann, werde im Herbst Ergebnisse präsentieren, prophezeit Aneder, denn aus Erfahrungen von anderen Experimentiergruppen wisse man, dass diese Ackerbaumethode ansehnliche Erträge hervorbringen kann. Das Getreide soll gemälzt werden, um möglichst ohne Zusatz von Hilfsmitteln daraus Bier zu brauen. Das Brauen selbst hat die Gruppe schon erfolgreich geübt.

Bevor früher eine Feuerwalze entfacht wurde, ließ man Niederwald heranwachsen. Dieser wurde niedrig gehalten, indem man die Bäume in Brusthöhe kappte und Äste herausschnitt, erklärt Bähr zur Ackerbaumethode. Außerdem habe man darin das Vieh weiden lassen. Alle paar Jahre schnitt man das Gehölz dann um und ließ es über den Sommer trocknen. Im Herbst (bei Wintergetreide) oder im zeitigen Frühjahr (bei Sommergetreide) habe man die Äste auf einem Acker in einer langen, meist ackerbreiten Rolle aufgeschichtet. Diese sei dann angezündet worden und ganz langsam über den Acker gezogen worden.

Die Gruppe Steinzeitbier will das nun nachmachen und hat an mehreren Seiten der Fläche eine kniehohe "Ästewurst" aufgeschichtet, um auf Wind aus allen Windrichtungen vorbereitet zu sein. Rund um den Acker wurden mit Spaten Grassoden ausgehoben und daneben mit der Grasnarbe nach unten abgelegt. So entstand aus Brandschutzgründen eine rund einen halben Meter breite Schutzfläche als "nicht brennbare Abgrenzung". "Selbstverständlich halten wir auch Löschwasser bereit", so Bähr. Überdies wurden noch Äste aus einem nahen Wald in einem ausreichenden Abstand links und rechts der Fläche abgelegt, mit denen man die Feuerwalze bei Bedarf zusätzlich "füttern" kann, wenn diese mit in der Rolle hängenden Ästen über die Fläche gezogen wird.

Anreiz für das Vorhaben ist laut Bähr die Unwissenheit darüber, was ausschlaggebend dafür war, dass die nach dem Abklingen der jüngsten Eiszeit einsickernden Gruppen von Jägern und Sammlern allmählich sesshaft wurden. War es der Rückgang der Wildbestände, der die Menschen in der Mittelsteinzeit zwang, neben der Jagd und dem Sammeln von Beeren, Pilzen und Pflanzen Anbau von Getreide zu betreiben?

Der deutsche Evolutionsbiologe Josef Helmut Reichholf glaubt das nicht. In seinem Buch "Am Anfang war das Bier" vertritt er die Ansicht, dass der Anbau von Getreide zuerst der Herstellung eines bierähnlichen Getränks diente und nicht dem Backen von Brot. Das ist seinen Forschungen nach erst etwa 1000 Jahre nach dem ersten Getreideanbau geschehen. Wurde Getreide also zuerst zum Brauen verwendet? Diese Idee hat den Schöngeisinger Hobbyarchäologen Bähr fasziniert, auch deswegen, weil bei einer Torfschichtanalyse im Haspelmoor Weizenpollen aus der Zeit um 6000 vor Christus gefunden worden sind.

Am 4. April spricht Professor Josef H. Reichholf auf Einladung des Historischen Vereins im Brucker Veranstaltungsforum darüber, wie die Menschen auf den Ackerbau kamen. Beginn 19 Uhr.

© SZ vom 30.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: