Amtsgericht:Teurer Weihnachtsurlaub

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23 Jahre alter Soldat wird wegen Fahnenflucht von der Bundeswehr entlassen und muss 2350 Euro Strafe zahlen

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Weil er die weite Fahrt von Niedersachsen in den Landkreis Fürstenfeldbruck für zwei Tage Dienst nicht auf sich nehmen wollte, hat ein Anwärter der Offizierschule der Luftwaffe in Fürstenfeldbruck drei Tage vor Heilig Abend seinen Dienst nicht angetreten. Die eigenmächtige Abwesenheit kam den jungen Mann teuer zu stehen: Er wurde von der Bundeswehr fristlos entlassen. Darüber hinaus hat ihn nun auch noch das Amtsgericht in Fürstenfeldbruck zu 2350 Euro Geldstrafe verurteilt.

Der aus Niedersachsen stammende junge Mann macht im Gerichtssaal gar keine Anstalten, sich aus seinem Vergehen herauszureden. Er gibt von vorneherein zu, erst am 8. Januar 2018 im Fliegerhorst in Fürstenfeldbruck seinen Dienst angetreten zu haben, obwohl er am 21. Dezember 2017 hätte dort sein müssen. Seine Vorgesetzte habe ihn sogar extra noch darauf hingewiesen, dass er bereits einen Tag vor seinem tatsächlichen Dienstbeginn am 22. Dezember in der Kaserne erscheinen müsse. Allerdings hat der Angeklagte eine Entschuldigung parat. "Ich war stark angeschlagen aufgrund der Trennung meiner Eltern", beteuert der Angeklagte, der vor seinem Dienst in Fürstenfeldbruck bereits als Obergefreiter in einer Kaserne in Germersheim in Rheinland-Pfalz war.

"Er war zu der Zeit tatsächlich in der Psychotherapie", ergänzt sein Anwalt und verweist auf ein Attest über eine zweimonatige Behandlung. Diese endete aber Anfang November, wie der Vorsitzende Richter Johann Steigmayer anmerkt. Überhaupt sei es kaum zu glauben, dass einen jungen Mann Anfang zwanzig die Trennung seiner Eltern dermaßen aus der Bahn werfe. Als er noch einmal nachhakt, weshalb der Angeklagte damals nicht rechtzeitig zum Dienst erschienen war, erklärt dieser: "Ich habe mich nicht dazu in der Lage gefühlt, körperlich und geistig." "Dann geht man zum Arzt und lässt sich krankschreiben", erwidert der Richter.

Die Vorgesetzte kann sich im Detail nicht mehr erinnern, wie das Gespräch zwischen ihr und dem Angeklagten damals verlief. Als ihr der Richter aber ihre Aufzeichnungen aus den Akten vorliest, bestätigt sie deren Richtigkeit. Demnach hatte der Obergefreite am 19. und 20. Dezember Erholungsurlaub, den er bei seinen Eltern in Niedersachsen verbrachte. Im Vorfeld, so ihre Aufzeichnungen, hatte sie ihn noch einmal auf den frühzeitigen Dienstantritt hingewiesen. "Ich habe ausdrücklich darauf hingewiesen", hatte sie notiert, und: "Er war sichtlich verärgert", denn der damals 21-Jährige hatte geplant, über Weihnachten ebenfalls Urlaub zu nehmen. Den musste er allerdings in der Kaserne vor Ort persönlich beantragen. Und deshalb hätte er für zwei Tage von Niedersachsen nach Bayern reisen müssen, wie die ehemalige Vorgesetzte des Angeklagten ausführt.

Einer Einstellung des Verfahrens mit Auflage, wie sie der Verteidiger anstrebt, stimmt die Staatsanwältin nicht zu. Sie beantragt eine sechsmonatige Bewährungsstrafe für den bislang unbescholtenen jungen Mann. Der Verteidiger zielt darauf ab, dass sein Mandant, dessen Wunsch es war, die Offizierschule zu besuchen, wegen der psychischen Belastungen zu Hause "ein episodenhaftes Versagen" an den Tag gelegt habe. Seiner Bitte "um eine milde Strafe, die keine Vorstrafe darstellt" entspricht der Richter mit einer Geldstrafe über 90 Tagessätze zu je 25 Euro für den angehenden Chemikanten.

© SZ vom 09.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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