Äußerungen haben Nachspiel:Anzeige wegen Nazivergleich

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Der Gröbenzeller Gemeinderat hat das Verhalten eines Mitglieds missbilligt, das die Anwendung der 3-G-Regel mit der Ausgrenzung der Juden im NS-Staat verglich. Nun muss UWG-Kommunalpolitiker Claus Donath mit Ermittlungen rechnen

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell

Der Nazivergleich bei einer Kontrolle der 3-G-Regel unter den Teilnehmern einer Sitzung von Gemeinderäten in Gröbenzell beschäftigt inzwischen die Staatsanwaltschaft. Der Grund: Detlef Arzt, Mitglied der Gröbenzeller Grünen, hat Anzeige erstattet. Wie berichtet, setzte Gemeinderat Claus Donath (UWG) die Aufforderung, vor Sitzungsbeginn nachzuweisen, ob er geimpft, genesen oder getestet ist, mit dem Umgang der Nationalsozialisten mit den Juden gleich. Eine solche Aussage kann als Verharmlosung der Judenverfolgung durch die Nazis und des Holocaust beurteilt werden. In der Sitzung am vergangenen Donnerstag missbilligte der Gemeinderat einstimmig diese Bemerkung. Allerdings ohne den Namen des Urhebers zu nennen, was mit Rücksicht auf den Ruf der Gemeinde und den des Gemeinderats begründet wurde.

So konnte es am vergangenen Donnerstag zu der ungewöhnlichen Situation kommen, dass der Urheber der Äußerung bei der Diskussion über den Vorfall zwar mitten im Gremium saß, aber die stellvertretende Vorsitzende seiner UWG-Fraktion eine knappe Entschuldigung vortragen ließ und dann bei der Abstimmung sein eigenes Verhalten verurteilte, ohne selbst Stellung zu nehmen. Der Gemeinderat ließ ihm das durchgehen, ohne zu prüfen, ob Donath als Beteiligter von der Beratung hätte ausgeschlossen werden müssen. Zweiter Bürgermeister und Sitzungsleiter Martin Runge (Grüne) begründete diese Rücksicht damit, dass sowieso jeder wusste, von wem der "unakzeptable Spruch" stamme. Zudem sei es kein Gewinn für die Gemeinde, einen solchen Vorfall hochzuspielen. So etwas falle nur auf den gesamten Gemeinderat zurück.

Dritter Bürgermeister Gregor von Uckermann (SPD), der Anfang Dezember Rathauschef Martin Schäfer (UWG) vertrat, hatte in dieser Funktion den Nazivergleich auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung gesetzt und die Kommunalaufsicht um eine Stellungnahme gebeten. Nun begründet er sein Verschweigen des Namens mit dem Spagat zwischen öffentlichem Interesse und Persönlichkeitsschutz. Uckermann wollte, wie er sagt, eine Grenzüberschreitung thematisieren und sei dabei in die Zwickmühle zwischen der eigenen politischen Bewertung und seinem Amt als Dritter Bürgermeister geraten. Immerhin habe der Urheber der kritisierten Äußerung Einsicht gezeigt.

Auch Zweiter Bürgermeister Runge, der die Kontrollen nach den 3-G-Regeln angeordnet hatte, ist mit dem Ergebnis zufrieden. Stimme ein Donath gegen sein eigenes Verhalten, sei das kein Schaden. Zudem seien rote Linien aufgezeigt worden. Der Grüne verschweigt nicht, dass er wegen des Erlasses der 3-G-Anordnung für Sitzungen bedrängt wurde, aber auch Zustimmung erfahren habe. CSU-Gemeinderat Anton Kammerl erklärte auf SZ-Anfrage, der Juden- und Nazivergleich sei zwar ein Skandal. Aber seine Fraktion nehme die Entschuldigung der UWG an.

Rathausmitarbeiterinnen haben ihr Gespräch mit Donath und dessen Nazivergleich bei dessen Kontrolle im Wortlaut protokolliert. Wortwörtlich sei von ihm gesagt worden, "dass wir vor 80 Jahren ja die (gelben) Sterne kontrolliert hätten". Der Hinweis auf die Verfolgung der Juden und Jüdinnen sei eindeutig zu verstehen gewesen. Ob Donath von Sternen oder von gelben Sternen sprach, die die Nazis kontrollierten, weiß die Verfasserin nicht mehr.

Landrat Thomas Karmasin (CSU) nennt es absurd, "Sicherheitsvorkehrungen in einer Pandemie mit Methoden der Nationalsozialisten zu vergleichen". Angesichts der mit erheblichen Belastungen aller Verwaltungsmitarbeitenden verbundenen Bemühungen um den Gesundheitsschutz der Bevölkerung sollte sich der Urheber schämen, erklärt er auf SZ-Anfrage. Das Vorgehen sei angemessen und aus politischer Sicht geboten. Die Entscheidung des Gemeinderates, das Verhalten Donaths zu missbilligen, nennt die Kommunalaufsicht in ihrer Stellungnahme im Sinne des "Setzens eines Zeichens" als zielführend. Unklar sei, ob die Missbilligung im Zuge der Ahndung eines Pflichtverstoßes nach der Gemeindeordnung erfolgen oder ob nur allgemein ein Verhalten kritisieren werden sollte. Eine schriftliche Entschuldigung von Gemeinderat Donath hält die Kommunalaufsicht für geboten. Zudem sei eine eindeutige Positionierung der UWG-Fraktion zu dem Vorfall wünschenswert. Letzteres fordert auch SPD-Gemeinderat Peter Falk.

Ob die Aussagen strafrechtlich relevant sind und den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllen, das sieht die Kommunalaufsicht skeptisch. Laut dem Gröbenzeller Detlef Arzt ist das Landratsamt für solche Fragen nicht der richtige Ansprechpartner. Die Beantwortung dieser Frage erhofft sich der Gröbenzeller Grüne von der Staatsanwaltschaft, bei der er Anzeige erstattet hat. Claus Donath war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

© SZ vom 22.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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